Das deutsch- russische Unternehmen Ekoniwa-APK von Stefan Dürr, Marktführer bei der Milchproduktion in Russland, will den Agrarkomplex Mosmedynagroprom im Gebiet Kaluga kaufen. Der Landwirtschaftsbetrieb war vor etwa zehn Jahren vom ehemaligen Moskauer Bürgermeister Jurij Luschkow gegründet worden und gehört heute dem regionalen Wirtschaftsministerium.
Nach Informationen der russischen Anti-Monopolbehörde (FAS) will die Dürr-Holding 99,9 Przent der Aktien des russischen Milchproduzenten kaufen. Diesem Unternehmen gehören 12.000 Hektar und über 7.000 Milchkühe – im Kalugaer Gebiet.
Wie der Landwirtschaftsminister der Region, Leonid Gromow, gegenüber rbc erklärte, sei man daran interessiert, im Zuge des Privatisierungsprogramms Mosmedynagroprom in „zuverlässige Hände zu geben, die in der Lage seien, dem Betrieb ein zweites Leben einzuhauchen“. Vor allem müssten die Produktionskapazitäten grundlegend erneuert werden. Die Holding Ekoniwa-APK habe bereits bewiesen, dass sie das könne. Immerhin produziert ein Unternehmen von Dürr im Gebiet Kaluga täglich 210 Tonnen Milch.
Natürlich müsse demnächst noch eine offizielle Auktion zum Verkauf des Aktienpaketes von Mosmedynagroprom stattfinden, „aber wir sind überzeugt, dass Ekoniwa die Anteile zu einem für alle annehmbaren Preis kauft“, verkündete der Minister.
Seit seiner Gründung im Jahre 2000 hatte die Moskauer Stadtverwaltung als Eigentümer rund 4,5 Mrd. Rubel in den Landwirtschaftsbetrieb gepumpt. Zudem entstand in der Stadt Medyn die Verarbeitungsanlage Schulverpflegung, die Schulen in Moskau und im Moskauer Gebiet mit Milchprodukten versorgte. Auf den Feldern der Großfarm wurde auch Mais nach einer von Luschkow patentierten Methode angebaut.
Nach dem Rücktritt des ehemaligen Moskauer Bürgermeisters wurde Mosmedynagroprom auf die Privatisierungsliste für die Jahre 2011 – 2013 gesetzt und mit fünf Milliarden Rubel ausgepreist. Weil sich aber bis zum Ende des Programms kein Interessent fand, wurde der Agrarkomplex schließlich zum Schnäppchenpreis von 1,995 Mrd. Rubel angeboten.
Nun hat sich der Stefan Dürr zum Kauf der Großfarm entschlossen und erweitert damit sein Imperium. Seine Unternehmen mit mehr als 4000 Mitarbeitern in verschiedenen Regionen der Russischen Föderation produzierten 2016 rund 1,2 Millionen Tonnen Milch und verfügen über etwa 230.000 Hektar Land
Dürr war im Jahre 1989 als Student der Agrarwissenschaft als Praktikant erstmals nach Russland gekommen und hatte sich in den folgenden Jahren intensiv mit den Strukturen der russischen Landwirtschaft befasst. So wirkte er an der Entwicklung der im Jahre 1993 in Kraft getretenen organisierten Neuordnung der russischen Landwirtschaft mit, die vor allem die Privatisierung der Kolchos-Flächen vorsah. Später arbeitete er in Russland als Repräsentant eines Landmaschinenherstellers und 2003 kaufte er das erste Land im Gebiet Woronesh, kurz darauf die ersten 1.100 Rinder. Heute zählt der Odenwalder zu den größten und einflussreichsten Unternehmern in der Branche.
Als der Westen auch den Export von Milchprodukten in die Sanktionen einschloss, wandte er sich gegen diese Strafmaßnahmen, erkannte aber zugleich die Chance für die russische Landwirtschaft. Von der nun drastisch steigenden Nachfrage nach Milch aus einheimischer Produktion profitierte auch er und zugleich bestärkte er Präsident Putin in seinen Gegensanktionen in diesem Bereich. Vor drei Jahren nahm Stefan Dürr vom russischen Staatschef die Einbürgerungsurkunde entgegen.
Mit dem Kauf des Unternehmens im Kalugaer Gebiet will der russische Milchkönig dem Ziel ein Stück näherkommen, den Bedarf an Milch in Russland aus einheimischer Produktion zu decken.
[Hartmut Hübner/russland.NEWS]
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