Im November 2008 verursachte der deutsche Lehrer Benjamin Thomas H. in Moskau einen Unfall, bei dem zwei junge Studenten starben.
Aufgrund seines Diplomatenstatus konnte er schnell genug Russland verlassen und wurde in Deutschland zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung, einer Geldbuße von 5.000 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt.
Nutzer der Internetplattform Youtube thematisierten den Fall, zeigten ein Foto des Lehrers, nannten seinen damaligen Namen und eine frühere Adresse. Der Lehrer hatte sich daraufhin auf sein Persönlichkeitsrecht berufen und die Löschung gefordert.
Deutscher Diplomat überfährt zwei Studenten in Moskau Teil 1 von 3
Das Gericht entschied, das öffentliche Interesse an dem Fall habe Vorrang. Die Resozialisierung des Klägers sei nicht gefährdet, weil nur ältere Fotografien verwendet worden seien und der Lehrer seinen Namen geändert habe, so „Die Welt“
Unfall führte zu Erstaunen im russischen Außenministerium
Im November 2009 titelte RIA Novosti „Moskau will Gerechtigkeit in der Strafsache Hobert“
Russlands Außenministerium war erstaunt über das milde Urteil für den deutschen Botschaftsmitarbeiter H., der in Moskau mit seinem Wagen zwei Jugendliche tödlich verletzt hatte.
Der Verkehrsunfall hatte sich in der Nacht zum 30. November 2008 im Südwesten von Moskau ereignet. Laut Polizeiangaben hatte H., Mitarbeiter der Schule bei der deutschen Botschaft, mit seinem Porsche Cayenne zwei Jugendliche angefahren. Die beiden Jungen erlagen ihren Verletzungen. Laut den Ermittlern war der Deutsche angetrunken.
Deutscher Diplomat überfährt zwei Studenten in Moskau Teil 2 von 3
Nach Angaben des russischen Außenministeriums soll am 19. November 2009 die Gerichtsentscheidung der Stadt Münster in Kraft treten, laut der H. zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt wird und am Autounfall am 30. November 2008 für schuldig erklärt wird, der den Tod von zwei Bürgern Russlands zur Folge hatte.
„Wenn wir die schwere Folgen der Tat von H. in Betracht ziehen, dann löst die Entscheidung der deutschen Justiz Erstaunen und Empörung aus und kann nicht anders, als aus juristischer Sicht äußerst umstritten bewertet werden“, heißt es im Dokument.
Laut Russlands Außenministerium verhängte das Gericht der Stadt Münster die geringste Strafe, die die deutsche Gesetzgebung für solche Taten vorsieht. Dem Ministerium zufolge wurden die zuvor von H. begangenen groben Verletzungen der Straßenverkehrsordnung komplett außer Acht gelassen.
Im Schreiben des russischen Außenministeriums wird den Verwandten der Opfer das Beileid ausgesprochen. „Wir teilen Ihre Empörung bezüglich der Entscheidung des deutschen Gerichtes gegenüber dem Schuldigen an dieser Tragödie. Im Rahmen des vorliegenden juristischen Verfahrens und durch politische Kontakte mit der deutschen Regierung werden wir Gerechtigkeit anstreben“, heißt es im Schreiben.
Fortsetzung des Skandals ein Jahr später
Die Zeitung „Nowyje Iswestija“ schrieb im Dezember 2010. „H. hat sich kürzlich vehement geweigert, das Urteil des Amtsgerichts Münster vom 5. November zu erfüllen, wonach er den Familien der beiden Jugendlichen jeweils 5000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen hat.
Olga Kamynina, die Mutter eines der Todesopfer, musste fast zwei Jahre auf die Gerichtsentscheidung über das Schmerzensgeld warten. Am 5. November beschloss das Amtsgericht Münster endlich, dass die Familien beider Kinder mit einer Entschädigung von jeweils 30.000 Euro rechnen dürften. Je 25.000 Euro davon sollte die Versicherung Allianz übernehmen, die die Interessen der deutschen Botschaft in Moskau vertritt (H. war Lehrer an der Deutschen Schule). Jeweils 5000 Euro sollte H. selbst beisteuern. Außerdem stellte das Gericht fest, dass sich die Seiten auf eine gütliche Beilegung des Konflikts einigen sollten.
Deutscher Diplomat überfährt zwei Studenten in Moskau Teil 3 von 3
Plötzlich stellte sich aber heraus, dass eine gütliche Schlichtung unmöglich ist. H. weigerte sich, eine Entschädigung für die Familien der gestorbenen Kinder zu zahlen und behauptete, er hätte keine 10.000 Euro. Zugleich wollte er die Handlungen des Anwalts der Allianz, Wolfgang Schneider, vor Gericht anfechten, und warf ihm außerdem Drohungen und Druck vor.
Olga Kamynina muss nun beweisen, dass der Tod ihres Sohnes ihrer Gesundheit große Schäden zugefügt hat, um ein Schmerzensgeld zu verlangen. Nach dem ohnehin milden Urteil für H gab das deutsche Justizministerium zu verstehen, dass das Urteil nicht angefochten werden könnte. Als sich Olga Kamynina an das Europäische Menschenrechtsgericht in Straßburg wandte, bekam sie die Antwort, sie sollte sich an das deutsche Bundesverfassungsgericht wenden.
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