Deutsche Unternehmen haben es in der russischen Baubranche nicht leicht

Von Ullrich Umann Moskau (GTAI) – Deutsche Anbieter von Produkten und Dienstleistungen für die Bauwirtschaft haben es auf dem russischen Markt zunehmend schwerer. Einige Niederlassungen deutscher Unternehmen mussten aufgrund der schlechten Auftragslage ihr Personal reduzieren. Chancen ergeben sich zum Teil bei der Planung qualitativ hochwertiger Infrastrukturprojekte.

Für deutsche Hersteller und Dienstleister aus der Baubranche ist der Marktzugang in Russland seit 2014 schwieriger geworden. Russland verfolgt eine Politik der Importsubstitution und bevorzugt bei öffentlichen Ausschreibungen Unternehmen aus der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU). Inzwischen legte die russische Regierung nach und möchte diese Vorschrift in öffentlichen Bauprojekten auch auf Subauftragnehmer ausweiten. Damit stünden deutsche Anbieter vor noch höheren Marktzugangsbarrieren.

Der für Ausschreibungen und Industriepolitik zuständige Minister für Industrie und Handel, Denis Manturow, fasste diese Entwicklung mit der griffigen Formel zusammen: „Marktanteile gegen Technologietransfer“. Mit anderen Worten: Wenn sich eine ausländische Firma weiterhin an öffentlichen Bau- oder Beschaffungsausschreibungen beteiligen will, sollte sie sich in Russland mit einer eigenen Produktionsstätte niederlassen. Für Projektanten und Architekten wäre das eine Niederlassung mit russischem Personal.

Eine Reihe deutscher Architekten, Planer, Projektsteuerer, Ausrüster und Technologielieferanten, teilweise auch Spezialbaufirmen, haben in Russland eine Niederlassung. Dazu gehören ASSMANN Beraten + Planen, Bilfinger, Drees & Sommer Project Management and Building Technologies, Ingenieurbüro Zammit, pbr Architects & Engineers Sankt Petersburg, Peri, RKW Architektur + Städtebau Russia, Stieblich-Industriebau-Projektierungsbüro Stahlbau Stieblich, Agiplan, Hausmann & Partners, Heitkamp Rus, HOCHTIEF Development Russland, KVL Consult, MosMeva, NOE-Schalttechnik Meier-Keller, Real Estate Management und THOST Russia Projektierungsmanagement.

Speziell mit der Planung, dem Bau und der Einrichtung von Kliniken zur Gesundheitsfürsorge wirbt die BPS Medical. Softwareprogramme für die Bau- und Immobilienwirtschaft stellt conject zur Verfügung. Zu den Lieferanten von Bauteilen, Baustoffen, Bauchemie und Baumaterialien mit Niederlassungen in Russland gehören quick-mix, Schöck, STREIF Baulogistik Russland, REHAU, Knauf Gips, HeidelbergCement Rus, Henkel und BASF (Bauchemie).

Auftragslage für deutsche Unternehmen hat sich verschlechtert

Niedergelassene deutsche Planungs- und Architekturbüros sowie Spezialbaufirmen mussten in den letzten Jahren wegen der rückläufigen Auftragslage die Zahl ihrer Entsandtkräfte reduzieren. Im günstigsten Fall wurden deutsche Mitarbeiter durch russisches Personal ersetzt. Doch die Zeiten, in denen sich zumindest die großen deutschen Planungsbüros die Projekte regelrecht aussuchen konnten, sind vorüber. Im Jahr 2016 ging es darum, die eigenen Kapazitäten ausreichend auszulasten.

Andererseits gibt es auch Fälle, in denen einige Büros mehr Aufträge erhalten haben, da die Zahl der Wettbewerber in Zeiten der Baukrise geringer geworden ist. Hier zeigt sich einmal mehr die Widersprüchlichkeit der Lage und der Rahmenbedingungen.

Deutsch-russische Partnerschaften sind zerbrechlich

Mit der Gründung von Gemeinschaftsunternehmen mit russischen Partnern haben deutsche Architekten, Planer und bauausführende Firmen in der Vergangenheit mehrheitlich schlechte Erfahrungen gemacht. Unterschiedliche Herangehensweisen, finanzielle Streitfälle und Probleme der Autorenschaft in Projekten führten in der Regel zur schnellen Auflösung von Partnerschaften.

Allerdings wird berichtet, dass russische Planungsbüros im Bereich des qualitativ hochwertigen Infrastruktur- und Straßenbaus teilweise einen Nachholbedarf aufweisen. Der Begriff „Autobahn“ wird in Russland vom Qualitätsaspekt her eindeutig Deutschland zugeordnet. Daher suchen russische Büros 2016 unter anderem Straßenbauprojektanten mit Deutschland-Erfahrungen. Dies kann für deutsche Ingenieure interessant sein, wenn sie sich auf das Abenteuer Russland einlassen wollen.

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