Der Maidan auf dem russischen Mittagstisch

[Von Eugen von Arb] Ein ganz normaler Tag, ein ganz normales Mittagessen mit meinen Arbeitskollegen. Wir sind eigentlich immer eine fidele Runde, nur heute will so gar keine Freude aufkommen. Der Euro-Maidan in Kiew stand gerade noch in Flammen, die Krim ist besetzt, es riecht nach Krieg und Krise. Alle sind bedrückt – kein Wunder, kann doch jeder auf dem Arbeitsweg an den Leuchtziffern der Wechselstuben den purzelnden Rubelkurs beobachten. Den einen vermiest es das Geschäft, den anderen den Urlaub.

Kein Thema für Sprüche und Witze. Alle machen einen weiten Bogen darum herum – ich ihnen zuliebe, weil ich mich nicht in “ihre” Angelegenheiten mischen will – sie mir zuliebe, weil ich aus dem “Westen” stamme, der tagtäglich in den russischen Fernsehnachrichten zusammen mit der “faschistischen” Westukraine und den “Banderowzy” abgekanzelt wird.

Irina bricht das Schweigen

Und doch kommen wir darauf zu sprechen – dank Irina, die oft sagt, was die anderen nur denken und etwas naiv-tollpatschig in den Fettnapf tritt. “Haben wir uns wieder lächerlich gemacht vor der ganzen Welt”, meint sie zu mir und lacht. Bevor ich mich dazu äussern kann, hat sie bereits allen ihre Position kundgetan: Sie findet es zwar peinlich, was sich gerade in der Ukraine abspielt, aber im Grunde genommen ist sie völlig einverstanden damit, dass sich die Russen jetzt die Krim zurück geholt haben. “Die hat ja schliesslich uns gehört, bevor sie Chrustschew an die “Chochly” verschenkte!”

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