Der internationale Frauentag in Russland: „Kein Schritt ohne Komplimente“© russland.news

Der internationale Frauentag in Russland: „Kein Schritt ohne Komplimente“

Es ist fast soweit. Am 8. März wird in Russland der internationale Frauentag gefeiert. Und, was ist daran so Besonders, würden Sie fragen? Das Besondere ist das Ausmaß des Festes, denn in Russland gleicht dieses Datum der „fünften Jahreszeit“ im Rheinland. Wie zu Karneval in Köln werden die Regeln des Alltags außer Kraft gesetzt. Die ganze Woche kann man kaum über den normalen Alltag reden. Scheinbar das ganze starke Geschlecht läuft mit gehetztem Gesichtsausdruck und Blumensträußen durch die Gegend, in Büros wird kaum noch gearbeitet, Frauen schminken sich besonders sorgfältig und ziehen ihre schönsten Kleider an und empfangen Gratulationen. Politiker übertreffen sich in Lobgesängen auf die russische Frau, und der Präsident zeichnet die besten davon mit Orden aus.  Im Fernsehen laufen Konzerte und Filme für Frauen. Alle Männer haben nur eins im Kopf – was soll ich meiner Liebsten, meinen Kolleginnen, meiner Mutter, meiner Chefin etc. schenken? Das ist der internationale Frauentag auf Russisch.

Es geht soweit, dass die Polizei instruiert wird, sich an diesem Tag besonders höflich Frauen gegenüber zu verhalten und bei kleineren Verkehrsdelikten sogar ein Auge zu zudrücken! In diesem Jahr haben der Moskauer Bürgermeister Sergei Sobjanin und der Gouverneur der Region Moskau, Andrei Worobjow versprochen, Frauen am Internationalen Frauentag die freie Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln in der Hauptstadtregion zu gewährleisten. Der Bürgermeister fügte hinzu, dass das Parken auf den Straßen der Hauptstadt am 8. und 9. März kostenlos sein werde, gab jedoch nicht an, ob dies auch für Männer gilt. Worobjow zeigte sich sogar großzügiger als sein Moskauer Kollege: Der Eintritt in Museen in der Region Moskau wird am 8. März für Frauen frei sein.

Politische Debatten? Demonstrationen und Kundgebungen für Frauenrechte und Gleichberechtigung? Fehlanzeige. Nur in der Stadt Tambow (200.000 Einwohner) hat die Jungendorganisation der Partei Einiges Russland „Junge Garde“ vor, am Internationalen Frauentag eine „Demonstration“ abzuhalten.  Junge Leute organisieren eine Prozession im Zentrum von Tambow und wollen Banner mit Glückwünschen in den Händen tragen wie „Du bist die Schönste“, „Lächeln“, „Kein Schritt ohne Komplimente“, „Meine Großmutter macht die leckersten Schnitzel“ oder „Meine Mutter ist einfach super“.

Die Hauptfrage an diesem Tag lautet: Was schenkt man eigentlich einer Frau zum 8. März? Laut aktueller Umfrage des russischen Meinungsforschungszentrums (WZIOM) sind die Top 3 der geplanten Geschenke russischer Männer für den 8. März Blumen (68 Prozent), Parfums und Kosmetika (23 Prozent) und Süßigkeiten (22 Prozent). Doch wie immer verstehen Männer nicht, was Frauen wirklich wollen. Die meisten Russinnen wünschen sich insgeheim eine schöne Urlaureise (38 Prozent), Blumen (36 Prozent) oder eine Eintrittskarte für ein Konzert oder Theater und Geschenkgutscheine (jeweils 23 Prozent).

Experten nannten auch Summen, die Männer durchschnittlich für ein Geschenk in diesem Jahr ausgeben: zwischen 1.500 und 2.000 Tausend (etwa 28 Euro) kostet der Internationale Frauentag „pro Frau“. Und sie warnten:  Rabatte, die im Handel kurz vor dem Feiertag angeboten werden, seien nur ein Marketingtrick. Denn die Händler erhöhen zuerst die Preise.

Allerdings lässt die Beliebtheit vom 8. März vom Jahr zu Jahr nach. Laut einer Befragung des Lewada-Zentrums im Jahre 2016 haben nur noch 19 Prozent der Russen ausgesagt, der Internationale Frauentag sei das wichtigste Fest des Jahres. Im Jahre 2002 waren es ganze 27 Prozent. Und etwa die Hälfte der Russinnen gab sogar zu, dass sie nicht vorhatten, den Internationalen Frauentag zu feiern. Das ergab eine Umfrage der Mail.ru Group. Nur jede zehnte Frau in Russland konnte sich über ein feierliches Essen erfreuen, das ein Mann für sie zubereitet hat. Dabei wäre das das schönste Geschenk.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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