Der Gipfel war ein guter Start – nicht mehr, nicht weniger

Nach dem Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten gab Wladimir Putin dem amerikanischen TV-Kanal Fox News, Haus- und Hof-Sender von Donald Trump, ein Exklusiv-Interview, in dem er auf einige Themen, die bei der Begegnungen und der Pressekonferenz angesprochen wurden, ausführlicher einging. Im Folgenden einige Aussagen von ihm.

Fragesteller Chris Walleace wollte wissen, ob das Tête-à-Tête der Präsidenten eine Wende in den Beziehungen beiden Staaten gebracht habe, nachdem in den vergangenen Jahren versucht worden sei, Russland zu isolieren.

„Sie sehen, dass diese Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt waren“, erwiderte Putin, wenn man die Bedeutung Russlands in der Welt, einschließlich bei der globalen Sicherheit im Blick hat. Und auch in der Ökonomie, wenigstens bei der Energiekomponente der Weltwirtschaft.“

Wenn man wisse, was verbindet und woran man gemeinsam arbeiten muss, sollte auch klar sein, „dass man aufhören muss, …gegeneinander zu kämpfen, sondern im Gegenteil die Anstrengungen vereinigen sollte zur Überwindung der gemeinsamen Schwierigkeiten im Kampf gegen gemeinsame Bedrohungen, zur Überwindung dieser. Insofern denke ich, dass dies der Anfang des Weges ist. Ein guter Start.“

Die weltweit größte Gefahr, darin waren sich beide Staatschefs einig, stellt der Terrorismus dar, erklärte Putin. „Wenn, Gott bewahre, das Schreckliche passiert und sie ie Terroristen [an irgendwelche Massenvernichtungswaffen gelangen, dann kann das fürchterliche Folgen haben. ….Unsere Militärs, unsere Geheimdienste bauen ihre Beziehungen in dieser für unsere Länder äußerst wichtigen Richtung aus. Als Beispiel kann unsere Zusammenarbeit in Syrien dienen…“

Als erstes konkretes Ergebnis nach dem Treffen wurde gestern bekanntgegeben, dass die militärischen Führungen beider Länder die seit Längerem auf Eis liegenden Verbindungen und den Informationsaustausch wieder aufnehmen.

Auch beim Thema Abrüstung wurde der russische Präsident konkret: „…Im Jahr 2021 endet der START-3-Vertrag [Begrenzung der strategischen Angriffswaffen]…. Ich habe dem Präsidenten versichert, dass Russland zur Verlängerung bereit ist, aber wir müssen natürlich die Details besprechen.“ Noch deutlicher: „Wir meinen, dass die USA diesen Vertrag nicht vollständig erfüllen, aber das muss Gegenstand von Verhandlungen auf Expertenebene sein.“ In diesem Zusammenhang könne man auch gleich über das iranische Atomprogramm sprechen.

Wladimir Putin lobte Donald Trump, „sehr viel“ für die Verbesserung der Situation in Nordkorea und die Regulierung der Krise in der Region getan zu haben, schob jedoch gleich ein „Aber“ hinterher. „Um eine vollständige Entnuklearisierung auf der koreanischen Halbinsel zu erreichen, braucht es internationale Garantien. Russland ist bereit, seinen Beitrag zu leisten…“

Auch am Lieblingsthema der amerikanischen Presse und Politik zu Russland kam Putin nicht vorbei: „Alle reden über eine angebliche Einmischung Russlands in den Wahlkampf…“ Und ausdrücklich an die amerikanischen Fernsehzuschauer gewandt, beteuerte er: „ Russland hat sich als Staat niemals in innere Angelegenheiten der Vereinigten Staaten eingemischt, erst recht nicht bei den Wahlen.“ Soll wohl heißen –Was irgendwelche privaten Computerfreunde treiben, dafür bin ich nicht verantwortlich.

Wallace gab aber nicht nach und legte Putin eine Liste mit Namen von Beschuldigten vor, die konkreten Abteilungen der russischen militärischen Abwehr GRU angehören sollen. „Glauben Sie wirklich, dass man vom Territorium der Russischen Föderation aus die Wahlen in den Vereinigten Staaten und das Votum von Millionen Amerikanern beeinflussen kann? Das ist einfach lachhaft.“

Der Präsident zeigte sich aber im Bilde: „Worum ging es denn? Um das Öffnen der Post eines Kandidaten der Demokratischen Partei. Gab es dabei eine Fälschung von Fakten? Das ist äußerst wichtig und ich will, dass die Amerikaner das hören. Hat jemand Fakten gefälscht, hat jemand fake News eingestreut? Nein.

Die Hacker, über die andauernd gesprochen wird…, haben Post geöffnet, wie uns gesagt wurde, und dort gab es Informationen darüber, dass innerhalb der Demokratischen Partei Manipulationen zugunsten eines Kandidaten im Gange waren. Das war alles.“ Also haben euch die Jungs noch einen Gefallen getan, indem sie diese Schweinereien aufgedeckt haben, hat er vielleicht gedacht, aber nicht gesagt.

„Die Führung der Partei trat daraufhin zurück. Das heißt, sie haben die Tatsache anerkannt. Das ist aus meiner Sicht das Wichtige. Man sollte in den Vereinigten Staaten mit der Manipulierung der öffentlichen Meinung aufhören und sich vor den Wählern dafür entschuldigen, was geschehen ist, aber keine Schuldigen suchen…“

Zu der Liste mit den Namen, die Wallace ihm vorhielt, sagte der russische Präsident: „Wir haben einen seit 1999 gültigen Rechtshilfe-Vertrag bei Strafsachen. Der funktioniert übrigens effektiv. Warum wendet sich Herr Muller [US-Sonderbeauftragte in dieser Frage] nicht im Rahmen dieses Vertrages mit einer offiziellen Anfrage an uns. Unsere Ermittler könnten… alle Leute befragen, die von der amerikanischen Seite verdächtigt werden. An uns ist niemand offiziell herangetreten…“

Genau dasselbe im Fall Skripal, monierte Putin. „Wir wollen, dass uns wenigstens irgendwelche Dokumente dazu vorgelegt werden. Ebenso wie zum Vorwurf der Einmischung in die Wahlen hat man uns kein einziges Dokument gegeben.“

Nicht ich habe mich geändert, sondern die Zeiten sind andere

Wie Russland reagieren würde, wenn die NATO die Ukraine oder Georgien aufnehmen würde, wollte der Fox-Reporter wissen.

„Für uns stellt das Vorrücken der Infrastruktur der NATO an unsere Grenzen eine direkte Bedrohung unserer Sicherheit dar, und dem stehen wir äußerst ablehnend gegenüber. Bereits jetzt ist die Zahl der NATO-Soldaten in Gebieten, in denen sie nichts zu suchen haben sollten, um 10 000 Mann angewachsen.“ Das widerspreche dem Grundlagendokument, das die Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und der NATO regelt. „ Das ist natürlich ein destabilisierender Faktor, den wir in unseren Beziehungen berücksichtigen müssen.“ Er erinnerte auch noch einmal an den Anfang der 1990er Jahre: „Als die Sowjetunion aus Deutschland fortging, wurde uns gesagt, dass die Russen eines genau wissen sollten: Eine Erweiterung der NATO nach Osten hinter die Grenze Deutschlands wird es nicht geben. … Dann ging alles in zwei Wellen vonstatten, …man pfiff auf unsere Vorbehalte.
Wir baten, nicht aus dem Vertrag über die Raketenabwehr auszusteigen – nein, die Vereinigten Staaten haben ihn einseitig verlassen, ungeachtet unserer Vorschläge, ihn zu überarbeiten. Ein weiteres Beispiel ist Jugoslawien….Präsident Jelzin war kategorisch gegen Militäroperationen ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates… Aber auf uns hat niemand gehört.“

Beim Thema Syrien machte Wallace darauf aufmerksam, dass seit Beginn des Bürgerkrieges im Jahre 2011 über eine halbe Million Menschen umgekommen sind, wozu Russland durch seine Bombardements von Aleppo anderen Städten beigetragen habe.

Putin bestritt das nicht, sondern gab die Schuld den terroristischen Gruppierungen, wie IS oder Jabhat an Nusra. Sie hätten die Situation im Land destabilisiert. „So argumentieren übrigens auch die amerikanischen Militärs, wenn sie Schläge gegen zivile Objekte in Afghanistan, Irak oder einem anderen Land führen. Das mag für manchen strittig sein, aber im Großen und Ganzen ist es die Wahrheit… Was Syrien betrifft, so hat die amerikanische Luftwaffe sehr schwere Schläge gegen Rakka geführt. Mit dem Präsidenten haben wir darüber geredet, dass wir Anstrengungen für humanitäre Operationen unternehmen müssen. Ich denke wir kommen in dieser Richtung voran. Ich möchte sehr, dass die Pläne, über die wir gesprochen haben, realisiert werden.“

Die von der UN-Kommission benannten Fälle gezielten Beschusses der Zivilbevölkerung durch russische Piloten würden geprüft und bewertet, versprach Putin und verwies wieder auf ähnliche Attacken amerikanischer Piloten in Rakka. „Wenn man über Aleppo und Guta redet, muss man auch über Rakka sprechen. Man darf die einen Ereignisse nicht aus dem Kontext mit den anderen reißen“, argumentierte Putin. „In Rakka ist eine große Zahl friedlicher Menschen umgekommen. Rakkka ist von der Landkarte gelöscht, dort gibt es nur noch Ruinen – das erinnert an Stalingrad während des 2. Weltkrieges… Aber die Schuld liegt eindeutig bei jenen Leuten, die sich von terroristischem Gedankengut leiten lassen und die friedliche Bevölkerung als Geisel nehmen.“

Auf dem G7-Gipfel habe Präsident Trump gesagt, die Krim könnte vollkommen russische sein, behauptete Wallace, weil die Menschen dort Russisch redeten, und er wollte vom russischen Staatschef wissen, ob Trump eines Tages die Annexion der Krim anerkennen und die Sanktionen aufheben könnte. Putin verwahrte sich gegen den Begriff der Annexion für den Beitritt der Krim zur Russischen Föderation im Ergebnis eines Referendums. „Wir kennen die Position von Präsident Trump, wonach die Krim ein Teil des ukrainischen Staates ist und ich habe unsere Position dargelegt. Damit war das Thema Krim erledigt.“ Er habe seinen Amtskollegen aber auch auf die Auswirkungen seiner Wirtschaftspolitik, einschließlich der Sanktionen, gegenüber Russland hingewiesen. „Derzeit verkaufen die Europäer auf unserem Markt Waren im Wert von 100 Milliarden Dollar plus Dienstleistungen für 50 Milliarden Dollar. China verkauft auf unserem Markt Waren im Wert von rund 67 Milliarden Dollar. Und die USA? 12 Milliarden und 5 Milliarden Dienstleistungen. Sie haben ihre eigenen großen Unternehmen von unserem Markt vertrieben… Warum?“

Als Putin im Jahre 2000 an die Macht gekommen sei, habe er als demokratischer Reformator gegolten, der von den Werten der europäischen Kultur gesprochen habe und sogar die Möglichkeit eines Beitritts zur NATO nicht ausschloss. Heute gelte er als Autokrat, als Symbol für die Stärke Russlands. „Was ist passiert?“, wollte Wallace wissen.

„Bei mir hat sich nichts geändert“, lautete die Antwort. „Ich bin der geblieben, der ich war. Aber wir mussten auf alles reagieren, was um uns herum geschah….

Russland befindet sich noch im bedeutenden Maße im Zustand seiner staatlichen Selbstfindung.

Ich hoffe, dass meine Arbeit das widerspiegelt, was Russland beschäftigt, was es beunruhigt und was es zu tun bereit ist, um unsere Beziehungen mit allen Staaten zu normalisieren, natürlich auch mit einem solch bedeutenden Land, wie den Vereinigten Staaten von Amerika.“

(hh/russland.news)

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