Der 1. September in Russland – Tag des Wissens, Tag der Trauer© russland.news

Der 1. September in Russland – Tag des Wissens, Tag der Trauer

Tag des Wissens – so heißt der 1. September in Russland. An diesem Tag gehen die Kinder in dem riesigen Land nach den Sommerferien wieder zur Schule. Seit 1935 öffnen sich alle Schultore nach den Sommerferien in allen Winkeln Russlands an einem Tag. Mehr als 17 Millionen Schüler werden in diesem Jahr die Schulbank drücken, fast eine halbe Million mehr als 2019. Manche Schulen sind dieses Jahr so überfüllt, dass es mehr als zehn Parallelklassen gibt! In der Region Krasnodar zum Beispiel gibt es einе „Ы“- Erste Klasse “ – dem 29. Buchstaben des russischen Alphabets. In der Stadt Krasnodar sind im neuen Schuljahr 12.000 Schüler mehr eingeschrieben als 2020.

In diesem Pandemiejahr beginnt die Schule für russische Schüler „offline“. In allen Schulen werden so genannte Festversammlungen abgehalten. Festlich gekleidete Schüler mit Blumen in der Hand, die am 1. September in die Schule strömen – diese sowjetische Tradition hat bis heute überlebt. An diesem Tag verwandeln sich Schulen in ein regelrechtes Blumenmeer.

Letztes Jahr, als im ganzen Land ein strenger Lockdown herrschte, fanden diese Feiern ohne Eltern statt. Diesmal durften auch die Eltern an den Feierlichkeiten teilnehmen, allerdings nur draußen. Ende August erklärte der Bildungsminister Sergei Krawtsow, dass es keine Pläne gebe, die Schüler auf den Fernunterricht umzustellen. Er sagte, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung von Coronapandemie in russischen Schulen verstärkt werden und ihre Einhaltung die Fortsetzung des Schuljahres in Vollzeitform ermöglichen wird.

In diesem Jahr werden gleich mehrere neue Fächer in den Lehrplan aufgenommen. Zum Beispiel Finanzwissen: In der Grundschule werden den Kindern Sicherheitsregeln für das Bezahlen von Einkäufen im Internet beigebracht, und ab der fünften Klasse werden russische Schüler lernen, wie sie Geschäftsrisiken einschätzen können, welche Arten von Finanzbetrug es gibt und wie man Steuern berechnet. Die Zentralbank war an der Entwicklung der Standards für dieses Programm beteiligt. Weitere Themen sind Ökologie, Patriotismus und die Fähigkeit, extremistischen, terroristischen und kriminellen Einflüssen zu widerstehen.

Das Kultusministerium hat auch an die Schüler gedacht. Am 1. September beginnt in ganz Russland das Programm der „Puschkin-Karte“, mit der Jugendliche und junge Erwachsene kostenlos Theater, Museen und Konzertsäle besuchen können.

Außerdem werden am 1. September einige neue Gesetze in Kraft treten. So wird beispielsweise das Krankengeld für die Betreuung von Kindern erhöht. Der Zuschuss beträgt nun 100 Prozent des Durchschnittsverdienstes, unabhängig davon, ob das Kind stationär oder ambulant behandelt wird. Von den höheren Zahlungen werden jährlich etwa 1,5 Millionen Eltern profitieren.

An den Hochschulen in Russland beginnt das Sommersemester ebenfalls am 1. September. Auch für Studenten sind Änderungen zu erwarten. Jetzt können sie während ihres Studiums mehrere Qualifikationen auf einmal erwerben, und nach dem zweiten Studienjahr ist es nun möglich, das Studienprofil zu ändern und in andere Fakultäten zu wechseln.

Der 1. September ist aber auch ein Trauertag in Russland. Bei der Geiselnahme von Beslan im Jahre 2004 brachten tschetschenische Terroristen mehr als 1.100 Kinder und Erwachsene in einer Schule in der  Stadt Beslan in ihre Gewalt. Zweieinhalb Tage lang hielten die Terroristen die Menschen (vor allem Kinder, ihre Eltern und das Schulpersonal) in einem mit Sprengfallen versehenen Gebäude unter katastrophalen Bedingungen fest und verweigerten ihnen sogar das Nötigste zum Leben – vor allem das Wasser.

Heute, um genau 9:15 Uhr, läutete die Glocke in der Schule Nr. 1 von Beslan, dem Zeitpunkt, an dem vor 17 Jahren die Feierlichkeiten zum Tag des Wissens begannen, die in einer Tragödie endeten. Menschen aus ganz Ossetien kamen, um an der Gedenkfeier teilzunehmen. In jeder Stadt gibt es Menschen, die persönlich von der Tragödie betroffen sind. Die Menschen zündeten Kerzen an, brachten Blumen, Kränze und Wasserflaschen – eine Art des Gedenkens an die Opfer des Anschlags.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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