[Hanns-Martin Wietek] Russland ist nicht verpflichtet, den ehemaligen Yukos-Aktionären eine Entschädigung zu zahlen, hat das Den Haager Landgericht entschieden.
Der Gerichtshof erklärte die drei Zwischensprüche und die drei endgültigen Schiedsurteile des Den Haager Schiedsgerichts für nichtig.
„Die russische Föderation war nicht an die vorläufige Entscheidung des Schiedsgerichts gebunden“, entschied der Gerichtshof. „Das Schiedsgericht hat sich zu Unrecht für zuständig erklärt, die Schadensersatzforderungen anzunehmen und ein abschließendes Urteil zu fällen.“
Geklagt hatten drei ehemaligen Hauptaktionäre von Yukos – Chodorkowski selbst nicht. Die Klageschriften wurden 2005 eingereicht. Die drei Kläger forderten über 114 Milliarden US-Dollar, weil Russlands Steuerforderungen unberechtigt gewesen seien und Russland Geldstrafen verhängt und Vermögenswerte beschlagnahmt habe. Außerdem habe Russland Yukos mit dem Entzug von Lizenzen bedroht und eine Fusion mit dem russischen Ölkonzern Sibneft annulliert. Durch die Gesamtheit der Maßnahmen habe die Russische Föderation den Verkauf von YNG (Yukos) erzwungen.
Russland argumentierte von Anfang an damit, dass es die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zurückwies, weil Russland nie den Vertrag über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts ratifiziert habe, sprich, sich nie seinen Urteilen unterworfen habe.
Nach dem Urteil des Schiedsgerichts sollte Russland an die drei Kläger 50 Milliarden USD zahlen. Aufgrund des Urteils ließen die Kläger Konten russischer diplomatischer Vertretungen in Belgien sperren, die aber nach russischem Protest wieder freigegeben wurden. In Frankreich wurden weitere Vermögenswerte gepfändet. In Deutschland ist eine Entscheidung über Durchsetzbarkeit des Urteils noch anhängig.
Als Reaktion verabschiedete das russische Parlament im Oktober 2015 ein Gesetz, das es ermöglicht, das Vermögen anderer Staaten in Russland zu beschlagnahmen, falls in deren Land russisches Eigentum gepfändet wurde.
Zuvor hatten die ehemaligen Yukos-Eigner am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen „mutmaßlicher Diskriminierung des Konzerns durch die Steuerverfahren des russischen Staates“ geklagt. Sie forderten Schadensersatz in Höhe von 98 Milliarden US-Dollar. Die Klage wurde im September 2011 teilweise abgewiesen. Der EGH sah keinen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. Es gebe keine Hinweise, dass Russland die Steuerverfahren gegen Yukos dazu missbraucht hätte, um das Unternehmen zu zerstören und alle Aktiva des Konzerns unter seine Kontrolle zu bringen. Der Gerichtshof monierte allerdings die Unverhältnismäßigkeit der Mittel, mit denen der Staat vorgegangen sei.
Gemäß dem Urteil des übergeordneten Gerichts sind Vollstreckungen damit hinfällig geworden.
(Hanns-Martin Wietek/russland.ru)
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