Coronavirus öffnet neue Formate in der Kunst

Coronavirus öffnet neue Formate in der Kunst

[von Anastasia Byrka] Durch die infolge des Coronavirus abgesagten Konzerte und Aufführungen fehlt vielen Schauspielern, Musikern und anderen Kunstschaffenden derzeit die Lebensgrundlage. Vorübergehend benötigen sie neue Arbeitsformen und suchen diese insbesondere online.

„Leben gegen Corona“ – lautet das Motto der jährlichen russlandweiten Aktion Biblionacht („Библионочь“) in diesem Jahr. Deshalb finden ihre Veranstaltungen vom 25. April bis 9. Mai im Online-Marathon auf der offiziellen Seite der Aktion sowie in den sozialen Medien statt – auf Seiten und in Gruppen des Portals Культура.рф. Doch worum geht es bei der Biblionacht genau ? Es handelt sich um eine alljährliche sozialkulturelle Lesungsaktion, die im April in ganz Russland stattfindet. In dieser Nacht erweitern Bibliotheken, Buchhandlungen, literarische Museen und Kunsträume die Zeit und das Format ihrer Arbeit. Das Thema der Biblionacht-2020 lautet „Erinnerung an unseren Sieg“ und ist mit dem 75. Geburtstag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg verbunden. Die Bibliotheken sollen einen besonderen Beitrag zur Erhaltung des historischen Gedächtnisses leisten.

Nach Angaben der russischen Kulturministerin Olga Ljubimowa sind die Bibliotheken nicht nur Zeugen des Krieges, sondern auch Erhalter einer dokumentarischen Erinnerung. „Wie für das ganze Land war der Slogan „Alles – für die Front! Alles – für den Sieg!“ für die gesamte heimische Kultur unverzichtbar. Viele Bibliotheken und ihre Mitarbeiter verteidigten nicht nur ihre Lagerräume, sondern beteiligten sich auch an der Volksmiliz, um in den Krankenhauseinsätzen zu helfen. Jede Bibliothek bewahrt die Erinnerung an die Generation, an die große Tat, der wir in diesem Jahr die Aktion Biblionacht widmen,“ stellt Olga Ljubimowa fest.

Auf der Seite Biblionacht-2020 starten morgen um 16 Uhr Moskauer Zeit bekannte Schauspieler, Schriftsteller, Kultur- und Sportschaffende zusammen mit den BibliothekarInnen des ganzen Landes den bundesweiten Online-Marathon #75словПобеды (75 Wörter des Sieges). An der Aktion werden die Volkskünstler Russlands Jewgenij Knjasew, Walerija, Jurij Lasarew, Walerij Djatschenko, Igor Wernik, Jurij Alexandrow, Sergej Besrukow, die verdienten Künstler Alexandr Oleschko, Dmitrij Djuzhew, Andrej Merslikin, Natalja Surkowa, Sergej Gabrieljan, Alexandr Nowikow, die Schriftsteller Sergej Litwinow, Wadim Panow und andere teilnehmen. Auf Sendung werden sie Zeilen aus der Militärkorrespondenz sowie Ausschnitte aus den beliebtesten Büchern zur Zeit des Großen Vaterländischen Krieges lesen und an das Publikum Stafette weitergeben.

Die Kunstplattform Mosproduzent („Моспродюсер“) wird gemeinsam mit dem unabhängigen Theaterstudio 15 im Rahmen der jährlichen Aktion Biblionacht-2020 in Moskau ein experimentelles Sonderprojekt präsentieren: kontaktlose Online-Shows. Erstmals wird im Rahmen eines Sonderprojekts in einem experimentellen Videoformat das erste immersive Theaterstück für die ganze Familie „Andersen für immer“ gezeigt, das ab Januar 2020 mit Erfolg an einem für das Theater eher unüblichen Ort läuft – im Marina-Zwetajewa-Museum.

Das Kultusministerium und die Filmstiftung werden im Mai der Regierung Russlands Vorschläge zur Unterstützung der Filmbranche vorstellen. Das berichtete TASS („ТАСС“) unter Berufung auf den Ratsvorsitzenden der Filmstiftung Vladimir Tolstoi. Letzterer betonte, dass es wichtig sei, in einer Zeit des vorübergehenden Stillstands in der Branche Formen der Unterstützung von Filmfirmen, Filmtheatern und Filmverleihen zu finden.

Wie der Vorstandsvorsitzende der Vereinigung der Film- und Fernsehproduzenten Sergej Seljanow auf einer Pressekonferenz der TASS in der vergangenen Woche mitteilte, „wird der russische Markt für audiovisuelle Inhalte rund 150 Milliarden Rubel für drei Jahre wegen der Pandemie verlieren“. Ursache hierfür sind die Einschränkungen, die im Zusammenhang mit der Verbreitung des Coronavirus eingeführt wurden und wegen derer die Branche ihre Arbeit pausieren musste. Wegen der kurzen Kinosaison in Russland wird die Produktion vieler Projekte wohl nicht in diesem Jahr starten können, weshalb die Branche ein ganzes Jahr verliert. Auch russische Kinotheater sind auf Anordnung der Regierung vorübergehend geschlossen.

Wie man sieht, leidet die Kunst unter der weltweiten Isolation stark. Sie hat aber auch die einzigartige Möglichkeit, neue Formate für sich zu prüfen. Und wir können neue Erfahrungen machen – als Zuschauer und als Zuhörer.

Quellen:

https://biblionight.online/

https://www.mkrf.ru/

https://tass.ru/kultura/

[Anastasia Byrka/russland.NEWS]

Foto: Maewisf, CC 3.0 via Wikimedia Commons, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en, keine Änderungen

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