„Christos woskresse!“ –  russische Ostern in Zeiten der „Operation Z“© russland.news

„Christos woskresse!“ – russische Ostern in Zeiten der „Operation Z“

Dieses Jahr feiern orthodoxe Christen das Osterfest am 24. April. Das Datum des Osterfestes wird in allen orthodoxen Kirchen nach dem Julianischen Kalender berechnet (von Zeit zu Zeit fällt es mit dem westlichen Datum zusammen, der nach dem Gregorianischen Kalender berechnet wird). Dieses Fest hat in der russischen orthodoxen Kultur eine zentrale Stellung. In seiner Schönheit und Grandiosität übertrifft das Osterfest alle anderen orthodoxen Feste.   „Die Auferstehung Christi ist der Feiertag der ganzen christlichen Welt, doch nirgends ist er so hell und so himmlisch wie in der Orthodoxie und nirgends, so füge ich zu, wird er so gefeiert wie in Russland, auf russischer Erde, zusammen mit dem zarten und durchsichtigen, hellen und feierlichen Frühjahr“, schrieb der orthodoxe Theologe Sergej Bulgakow.

Doch 1917 war Schluss damit. „Religion ist das Opium des Volkes“. Diese These von Marx hat   Lenin weiterentwickelt: „Die Religion ist eine Form des geistigen Jochs“. Für seine Bolschewiken war das ein Aufruf zum Handeln. Und sie hatten es eilig. Schon 1918 unterzeichnete Lenin das „Dekret über die Trennung von Kirche und Staat“. „Keine kirchliche oder religiöse Gemeinschaft hat das Recht auf Besitz oder Eigentum“, hieß es darin. Doch die neuen Machtinhaber begnügten sich nicht mit der Enteignung des gesamten Besitztums der Kirche, sondern begannen unmittelbar nach der Oktoberrevolution Kirchen und Klöster zu zerstören und die Gläubigen massiv zu verfolgen. In blinder Wut warf man die Glocken von den Türmen, verbrannte und besudelte Ikonen.

Nikita Chruschtschow glaubte fest daran, den Tag der völligen Austilgung des christlichen Glaubens persönlich zu erleben. Doch trotz des staatlich verordneten Atheismus überlebten viele Osterbräuche die 70 Jahre Kommunismus. Sie passten sich einfach den neuen Zeiten an. So konnte man zum Beispiel in sowjetischen Bäckereine kurz vor Ostern „Frühlingskekse“ kaufen, die in Wirklichkeit nach dem klassischen Rezept eines Osterkuchens gebacken wurden.

Nach 70 Jahren aufgezwungenem Atheismus als Staatsideologie feiern im heutigen Russland immer mehr Menschen Ostern. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts WZIOM im Jahre 2018, hatten mehr als drei Viertel (81 Prozent) der Russen vor, Ostern zu feiern. 48 Prozent wollten traditionelle Osterspeisen zubereiten und 21 Prozent diese Speisen in der Kirche weihen lassen. 11 Prozent der Befragten gaben an, am nächtlichen Ostergottesdienst teilzunehmen. Also ist Ostern für die meisten Russen mehr mit schönen alten Bräuchen verbunden als mit der Kirche. Auch in der Zeit, als Atheismus die Staatsreligion war, ging die Tradition des Kulitsch-Backens (ein besonderer Osterkuchen) nicht verloren. Und obwohl nur die wenigsten überhaupt noch wussten, was Ostern bedeutet, geschweige denn in die Kirche gingen, backte man Kulitschi und bemalte fleißig die Eier.

Die Umfrage von WZIOM aus dem Jahr 2020 zeigte, dass die Russen Ostern den drittwichtigsten Feiertag (34 Prozent) nennen nach dem Tag des Sieges (71 Prozent) und dem neuen Jahr (66 Prozent). Doch eine andere Umfrage ergab, dass die Hälfte der Russen den Sinn des Osterfestes nicht versteht. Nur die Hälfte der befragten Russen konnte die Frage, was genau an Ostern gefeiert wird, richtig beantworten. Gleichzeitig hatten 32 Prozent der Befragten Schwierigkeiten, eine Antwort zu geben. Weitere 6 Prozent gaben an, dass an diesem Tag die Geburt von Jesus Christus gefeiert wird.

Viele Ukrainer und Russen hofften in der Karwoche auf einen Waffenstillstand. Am 20. April schlug UN-Generalsekretär António Guterres der Ukraine und Russland sogar vor, ab dem 21. April eine viertägige humanitäre Waffenruhe in der Ukraine auszurufen. Er kündigte außerdem an, dass die UN bereit seien, im Falle eines „Osterfriedens“ humanitäre Konvois nach Mariupol, Cherson, Donezk und Luhansk zu schicken.

Und nicht nur das: UN-Generalsekretär António Guterres äußerte den Wunsch, die Präsidenten Russlands und der Ukraine persönlich zu treffen. Er hat beide Hauptstädte darüber informiert. Russland reagierte jedoch ohne große Begeisterung auf seinen Vorschlag. Der russische Vertreter bei den Vereinten Nationen erklärte, der Waffenstillstand sei „in der Praxis ein Versuch, den Kiewer Nationalisten und Radikalen eine Atempause zu verschaffen, damit sie sich neu formieren, neue Drohnen beschaffen sowie Provokationen organisieren und Fälschungen über russische Soldaten lancieren können“. Der russische Diplomat bezeichnete die Forderungen nach einem Waffenstillstand als „verlogen“.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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