Christi-Taufe-Fest: Eisbaden ohne EisSymbolfoto - als Eisbaden noch im Eis war

Christi-Taufe-Fest: Eisbaden ohne Eis

Es wird ein Loch in Form eines Kreuzes im Eis gemacht und der Priester zelebriert die Wasserweihe, in dem er das Kreuz drei Mal ins Wasser taucht. Danach springt man ins eiskalte Wasser. Für viele gläubige und nicht gläubige Russen gehört das Eisbaden in der Nacht des Christi-Taufe-Festes, das nach dem julianischen Kalender am 19. Januar begangen wird, zur Tradition. Denn in dieser Nacht werden alle Gewässer geweiht. Das Fest der Taufe Christi ist auch als „Große Wasserweihe“ bekannt. Allein in Moskau nehmen an dieser Zeremonie jährlich mehr als 30.000 Menschen teil.

Doch was viele für ein religiöses Ritual halten, ist in Wirklichkeit ein alter Brauch, der zwar nicht zwingend zum Fest selber gehört, aber unter (auch nicht gläubigen) Russen sehr populär ist. Viele Priester warnen allerdings davor, ohne Vorbereitung ins eisige Wasser zu springen, denn weder bringe das eine Erlösung, noch könne es von allen Sünden befreien.

In diesem Jahr hat man allein in Moskau 46 spezielle Stellen mit Umkleidekabinen und sogar WCs errichtet, wo Gläubige in das eiskalte Wasser eintauchen können. Man rechnet mit fast zweihunderttausend Menschen. Polizei und Notärzte sind immer vor Ort. Auf unzähligen Internetseiten kann man sich informieren, wo es Möglichkeiten zum Eisbaden gibt und welche Regeln man beachten sollte.

Gewöhnlich herrscht in Russland Mitte Januar eine klirrende Kälte. Im Russischen spricht man sogar von Christi-Taufe-Frösten. In diesem Jahr hat die Natur der Tradition einen Stricht durch die Rechnung gemacht: die Flüsse sind gar nicht vereist, zumindest im europäischen Teil Russlands, und in Moskau zeigt das Thermometer fast Plusgrade. Doch ob Gewässer mit Eis bedeckt sind oder nicht, hat mit dem eigentlichen Fest nichts zu tun, erklärt Erzpriester Wsewolod Chaplin. Nicht das Eisbaden, sondern die Beteiligung an der heiligen Liturgie und an der Kommunion ist der Sinn des Festes. Die Diskussionen darüber, ob es Eis gibt oder nicht, seien für einen Christen absolut sinnlos. Die Tradition des Eintauchens ins Wasser zur Christi-Taufe ist für viele eine Verwechslung des wichtigen religiösen Festes mit einem Jahrmarkt. Denn Jordan war auch nicht mit Eis bedeckt, als Jesus dort getauft wurde.

In den letzten Jahren nahmen im ganzen Land insgesamt etwa eine Million Russen in der Nacht von 18. auf den 19. Januar am Eisbaden teil. Vielleicht werden es dieses Jahr noch mehr. Zwar ist Christi-Taufe in Russland kein Feiertag, aber 2020 fällt das Fest auf einen Sonntag.

Und wie feiert man den dieses wichtige Fest richtig? Am 18. Januar strömen die Gläubigen in die Kirchen, um geweihtes Wasser nach Hause zu holen. Diesem Wasser wird in der orthodoxen Welt eine besondere Kraft und Bedeutung zugesprochen. Bis zur nächsten Weihe wird das Wasser zu Hause aufbewahrt. Die Orthodoxen glauben, dass Christi-Taufe-Wasser eine heilende Wirkung besitze. Man trinkt es nicht nur, sondern besprenkelt damit das Haus. „Das Wasser, das in dieser Nacht aus einem Eisloch oder aus einem Brunnen geschöpft wird, hat starke Heilkräfte. Es ist ein wundertätiges Wasser, ein heiliges, das Jesus Christus durch seine Taufe geweiht hat. Es kann nicht verderben, auch wenn man es lange stehen lässt“, schrieb der russischer Schriftsteller Andrej Sinjawski.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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