Bundespräsident Steinmeier spricht zum Jahresauftakt des Ost-Ausschusses der Deutschen WirtschaftBundespräsident Steinmeier

Bundespräsident Steinmeier spricht zum Jahresauftakt des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft

Bundespräsident Steinmeier hat anlässlich des virtuellen Jahresauftakts des Ost-Ausschusses auf die wechselvollen Beziehungen Deutschlands zu seinen östlichen Nachbarn hingewiesen, die „von fruchtbarem Austausch, aber auch von schrecklichem Blutvergießen“ geprägt waren. Er erinnerte an die Arbeit der deutschen Wirtschaft, die unter Wirtschaftsminister Ludwig Erhard begann, die Beziehungen zur „damaligen Sowjetunion und zu den durch sie kontrollierten RGW-Staaten“ aufzubauen, aber auch an den „deutschen Überfall auf die Sowjetunion. Die Verantwortung, die uns aus dieser Geschichte dauerhaft erwächst, prägt deutsche Politik bis heute.“

Er wolle keine Vorlesung über die Geschichte halten, sondern „uns eine etwas größere Perspektive geben, wenn wir über die Chancen und Herausforderungen unserer Tage nachdenken“.

Dazu gehöre auch, „dass die Lage in einigen Ländern spürbar schwieriger geworden ist. Das gilt für Belarus, wo seit den manipulierten Wahlen vom Spätsommer offene Repression und Gewalt herrschen. …Das gilt auch im Kaukasus, wo der jahrzehntelange Konflikt um die Enklave von Bergkarabach in einen verlustreichen Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien eskalierte“.

„Besonders beschäftigt uns alle“, so Steinmeier, „das Verhältnis zum größten unserer Nachbarn, zu Russland. Unsere Hoffnungen, auch meine eigenen, auf eine umfassende Partnerschaft mit Russland, … haben sich nicht erfüllt. Der andauernde Konflikt in der Ostukraine belastet die Beziehungen weiterhin schwer, ebenso wie die völkerrechtswidrige Annexion der Krim“.

Auch könne weder Deutschland noch Europa stillschweigend hinnehmen, dass der Raum zur freien Meinungsäußerung und zur Entfaltung der russischen Zivilgesellschaft immer massiver eingeschränkt wird. Der Umgang mit Nawalny sei nicht nur zynisch, sondern rechtsstaatswidrig, und „Nawalny muss umgehend freigelassen werden“. „Mit dem gesamten Vorgehen der letzten Wochen verletzt die russische Regierung Verpflichtungen, die sie selbst national und international zum Schutz der Menschenrechte eingegangen ist. An diesen Verpflichtungen werden wir Russlands Verhalten auch in Zukunft messen“.

Dennoch dürfe Desinteresse, Gleichgültigkeit oder Abschottung nicht die politische Antwort sein. Vieles deute darauf hin, dass sich das Land zunehmend nach innen orientiert, und sich so wenig wie je zuvor in den letzten drei Jahrhunderten Europa als Orientierung für die eigene Zukunft betrachte. „In dieser schwierigen Phase unserer Beziehungen müssen wir darauf achten, dass nicht alle Verbindungen abreißen. So wie es die neue US-Regierung tut, die Moskau zu Recht scharf kritisiert, aber zugleich … nach verbindlichen Verabredungen mit Russland sucht, die zur strategischen Stabilität beitragen und deshalb auch in unserem Interesse sind.“

„In den letzten zwanzig Jahren sind viele Brücken zwischen Ost und West brüchig geworden. Das ist gerade in Krisenzeiten ein besorgniserregender Zustand – und das sage ich ausdrücklich auch an die Adresse Moskaus. Wir leben in der Gegenwart eines schwierigen Verhältnisses, aber es gibt eine Vergangenheit davor und eine Zukunft danach. Für die Zukunft eines friedlichen Europas tragen wir auf beiden Seiten Verantwortung, auch mit Blick auf die, die nach uns kommen“, so der Bundespräsident.

[hrsg/russland.NEWS]

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