Bundeskanzler a.D. Schröder zurück auf der politischen Bühne

Bundeskanzler a.D. Schröder zurück auf der politischen Bühne

Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder meldet sich auf der internationalen Bühne zurück. An seine Versuche im Jahr 2022 anknüpfend, zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln, um den militärischen Konflikt zwischen den beiden Ländern zu lösen, erinnert er an einen Friedensplan, der unter anderem vorsah, dass die Krim russisches Territorium bleibt. Für das Scheitern der Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew macht Schröder die USA „verantwortlich“.

In einem ausführlichen und reich bebilderten Interview mit der Berliner Zeitung sagt der 79-jährige Sozialdemokrat in seinem Haus in der Hannoveraner Innenstadt, er sei 2022 von der Ukraine gebeten worden, zwischen Moskau und Kiew zu vermitteln und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eine Botschaft zu überbringen. Als einen seiner Gesprächspartner auf ukrainischer Seite wählte er damals den heute amtierenden Verteidigungsminister Rustem Umjerow, der laut Schröder zu den „engsten Vertrauten des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski“ gehöre.

Während der Konsultationen habe der ehemalige Bundeskanzler einen „Friedensplan“ mit fünf Punkten für die Ukraine vorgelegt. Erstens: Ein Verzicht der Ukraine auf die Mitgliedschaft in der Nato. Zweitens: Die vom ukrainischen Parlament beschlossene Abschaffung der Zweisprachigkeit muss geändert werden. Drittens: Der Donbass bleibt Teil der Ukraine, aber mit größerer Autonomie, etwa wie in Südtirol. Viertens: Die Ukraine braucht Sicherheitsgarantien durch den UN-Sicherheitsrat und Deutschland. Fünftens: Kiew erkennt die Krim als Teil von Russlands Geschichte an.

Schröder zufolge habe es im März 2022 ein offenes Fenster gegeben, in dessen Rahmen „die Ukrainer bereit waren, über die Krim zu reden. Das hat damals sogar die Bild-Zeitung  bestätigt“. Auch bei den anderen Punkten soll Umjerow Bereitschaft gezeigt haben. „Doch am Ende passierte nichts. Mein Eindruck: Es konnte nichts passieren, denn alles Weitere wurde in Washington entschieden“, so Schröder. Die Friedensgespräche über die Ukraine seien gescheitert, weil die USA großen Einfluss auf den Friedensprozess genommen hätten.

„Die Amerikaner haben den Kompromiss zwischen der Ukraine und Russland nicht gewollt“, glaubt der Ex-Kanzler.

Folglich endeten diese Friedensbemühungen zwischen Russland und der Ukraine im Mai 2022, da die Gespräche „im Wesentlichen von Kiew blockiert“ würden, wie der russische Präsident Wladimir Putin in einem Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz am 13. Mai mitteilte. Einen Tag später sagte Putin in einem Gespräch mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö, der Verhandlungsprozess sei „in der Tat“ von Kiew ausgesetzt worden, das „kein Interesse an einem ernsthaften und konstruktiven Dialog“ zeige.

Zuvor hatte die Ukraine Russland vorgeworfen, Verhandlungen abzulehnen. Der ukrainische Außenminister Dmitro Kuleba sagte, „Russland zeigt keine Bereitschaft zu echten und sinnvollen Verhandlungen“.

Erst anschließend veränderten die Ereignisse in Butscha die Interpretationen darüber, weswegen der Annäherungsversuch scheiterte. Bis zum Oktober gab es Hoffnungen, dass es sich um eine Aussetzung von Kontakten gehandelt habe. Doch dann unterzeichnete der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski ein Dekret, das die Möglichkeit weiterer Gespräche mit dem russischen Präsidenten ausschließt, solange dieser Wladimir Putin heißt. Der ukrainische Außenminister Dmitro Kuleba erklärte, Kiew vertraue Putin nicht und werde daher keine Gespräche mit ihm akzeptieren.

Jüngst in Peking stichelte der russische Präsident zurück. Er habe nichts dagegen, „dass der Konflikt mit friedlichen Mitteln beendet wird“ – wenn „als erstes das Dekret des ukrainischen Präsidenten aufgehoben wird, das Verhandlungen [mit mir] verbietet“.

Obwohl Schröders persönliche Verbindung mit Wladimir Putin in Deutschland für viel Empörung sorgt, kündigt der norddeutsche Sturkopf seine Freundschaft zum Kreml-Chef nicht auf: „Es gibt Beziehungen zwischen Menschen, die unterschiedlicher Ansicht sind. Das ist in meinem Fall mit Wladimir Putin so.“

Schröder wiederholte zwar, dass er Putins Entscheidung, den zu Krieg zu beginnen, „für eine fatale Fehlentscheidung“ hält, doch der der gescholtene Freund aus Moskau reagierte wohlwollend und verurteilte die Angriffe der deutschen Öffentlichkeit auf Ex-Kanzler Schröder. In der Sendung Moskau.Kreml.Putin des Fernsehsenders Rossija 1, das der Journalist Pawel Zarubin in Auszügen auf seinem Telegram-Kanal veröffentlichte, nutzte der russische Präsident den jüngsten Nazi-Skandal in Kanada, um seinen Unterstützer aus Hannover ins rechte Licht zu setzen.

Kanadas Premier Justin Trudeau und Präsident Wolodimir Selenski hatten einem ehemaligen ukrainischen Soldaten der berüchtigten 14. Waffen-SS-Division im Parlament in Ottawa zugejubelt. Der SS-Veteran Jaroslaw Hunka (98) erhielt Standing Ovations, nachdem ihn der Sprecher des kanadischen Unterhauses, Anthony Rota, als „Helden“ bezeichnet hatte, der einst gegen Russland für die Unabhängigkeit der Ukraine gekämpft hatte.

Und um in Deutschland gehört zu werden, sprach Putin einen Satz auf Deutsch: „Je weiter weg von Schröder, desto näher bei Anthony Rota, der mit den Nazis sympathisiert.“ Das russische Staatsoberhaupt kam zu dem Schluss, dass es in Deutschland viele anständige Menschen gebe, so dass seine Worte Gehör fänden. Putin appellierte an die Deutschen, sich „nicht von Schröder zu distanzieren“.

Der überzeugte Sozialdemokrat kündigte an, auch in Zukunft „Kontakte“ zwischen Moskau und Kiew zu pflegen. „Man könnte den Krieg beenden, wenn nicht geopolitische Interessen im Spiel wären“, so Schröder in der Berliner Zeitung. Ein Lob von ihm erhielt der türkische Präsident: „Der Einzige, der irgendetwas hinbekommen hat, obwohl er immer diffamiert wird, war Erdogan mit seinem Getreideabkommen.“

Nach seinem Rücktritt als Bundeskanzler 2005 übernahm Schröder Positionen in russischen Großunternehmen – er war Vorsitzender des Verwaltungsrats von Rosneft und des Aktionärsausschusses der Nord Stream AG, dem Betreiber der Gaspipeline Nord Stream 2. Immer wieder sprach der Politiker von seiner Freundschaft zu Putin. Nach Beginn der Invasion in die Ukraine zog sich der Altkanzler aus dem Aufsichtsrat von Rosneft zurück und lehnte das Angebot ab, in den Aufsichtsrat von Gazprom einzutreten. Wegen seiner Kontakte zu Russland wurden Schröder auch einige seiner Privilegien entzogen.

Im Sommer 2022 reiste Schröder zu einem inoffiziellen Besuch nach Moskau, wo er unter anderem mit Putin zusammentraf. Im Mai 2023 nahm der Altkanzler an einem Empfang in der russischen Botschaft in Berlin anlässlich des Siegestages teil. Danach wurde er nicht mehr zum SPD-Jubiläum und auch nicht mehr zum Parteitag eingeladen. Aus der Partei ausgeschlossen wurde Schroeder jedoch nicht, obwohl einige Mitglieder dies gefordert hatten.

[hrsg/russland.NEWS]

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