Botschafterwechsel in Moskau?

Botschafterwechsel in Moskau?

Nach Angaben deutscher Medien könnte der derzeitige deutsche Botschafter in Russland, Geza Andreas von Geyr, bereits im Sommer durch den stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Graf Lambsdorff, ersetzt werden. Lambsdorff entstammt einem deutschbaltischen Geschlecht, das im Russischen Reich lebte und dem Zaren diente. Ein Mitglied der Familie diente von 1900 bis 1906 als Außenminister der zaristischen Regierung. Lambsdorff war schon mehrfach in Russland und hat auch am Petersburger Dialog teilgenommen.

Graf Alexander Lambsdorff ist ein hervorragender Russland-Spezialist und entstammt einer Linie von Deutschbalten, die dem Russischen Reich als zaristische Diener dienten. Russischerseits ist man allerdings der Meinung, dass unter den gegenwärtigen Umständen seine Ernennung zum deutschen Botschafter in Russland kaum zur Normalisierung der bilateralen Beziehungen beitragen werde.

Die Nachricht von der bevorstehenden Ablösung des deutschen Botschafters in Moskau tauchte Anfang der Woche zunächst in einem Bericht der Medienplattform The Pioneer und dann in einem vom Der Spiegel überprüften Bericht auf. Obwohl das offizielle Berlin die Nachricht nicht bestätigt hat, sagen beide Publikationen, dass die Umbildung beschlossene Sache ist.

Lambsdorff stammt aus einem alten Adelsgeschlecht und ist ein bekannter deutscher Politiker, der mehrfach als Kandidat für das Amt des deutschen Außenministers sowie als möglicher Botschafter in den USA genannt wurde. Lambsdorff gilt als einer der erfahrensten Außenpolitiker in der derzeitigen Regierungskoalition, auch aufgrund seiner Erfahrung im Außenministerium“, so der Spiegel.

Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre arbeitete er für das Auswärtige Amt, davon zwei Jahre in der Russland-Abteilung. Seitdem ist Herr Lambsdorff mehrmals nach Russland gereist, sowohl über Parteigrenzen hinweg (der Partner der FDP war die Partei Jabloko) als auch zur Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen, u.a. am Forum „St. Petersburger Dialog“.

Die Idee zum Petersburger Dialog stammte übrigens von der Tante des Politikers, Gräfin Alexandra Lambsdorff (ihr Mann, der Onkel des Politikers, Graf Otto Lambsdorff, war zunächst Wirtschaftsminister in Deutschland und dann Vorsitzender der FDP). Die aristokratische Familie der Lambsdorffer ist allgemein bekannt, auch in Russland. Als deutschstämmige Balten gehörten die Lambsdorffer zu den anderen Adelsfamilien, die in die baltischen Länder auswanderten und sich im 18. Jahrhundert dem Russischen Reich anschlossen, nachdem Livland und Estland Teil des Russischen Reiches wurden. Der Grafentitel wurde zunächst an Matwej Iwanowitsch Lamsdorf verliehen, einen entfernten Verwandten des deutschen Politikers, Erzieher von Nikolaus I., General der Infanterie und Mitglied des Staatsrats. Graf Vladimir Lamsdorf war von 1900 bis 1906 Außenminister des Russischen Reiches.

Im aktuellen politischen Kontext bedeuten jedoch weder historische Wurzeln noch Vorkenntnisse über Russland, dass die Botschaft in Moskau in diesen Zeiten von einem russlandfreundlichen Politiker geleitet werden kann.

Außerdem hat Graf Lambsdorff als Vertreter der liberalen FDP die Politik Moskaus schon früher und erst recht in letzter Zeit kritisiert. So betonte er 2019, dass Deutschland keine „besondere Beziehung zu Russland“ haben sollte und dass die EU stattdessen eine einheitliche Politik gegenüber Russland verfolgen sollte. Und im Jahr 2020 forderte er die Ablehnung von Nord Stream 2 wegen der Ermordung des in Tschetschenien geborenen georgischen Selimchan Changoschwili in Berlin.

Wie der Spiegel betont, hat Graf Lambsdorff in den letzten Monaten wiederholt gesagt, dass er eine diplomatische Lösung des Konflikts noch nicht für möglich hält und eine weitere bewaffnete Unterstützung der Ukraine befürwortet.

Sollte Graf Alexander Lambsdorff dennoch zum Botschafter ernannt werden, ist zu erwarten, dass er den Anweisungen des deutschen Außenministeriums folgen wird, was mit seinen antirussischen Überzeugungen übereinstimmen wird“, ist Wladislaw Below, stellvertretender Direktor des RAS-Europa-Instituts, der Meinung, Dem Experten zufolge dürften frühere Reisen nach Russland dem Diplomaten nicht helfen: „Russland hat sich in den letzten Jahren stark verändert, und ich bin nicht sicher, ob er angesichts des Informationsumfelds, das den Politiker zurzeit umgibt, die Logik Moskaus versteht. Und es ist auch die Frage, ob er unter den derzeitigen Restriktionen und Regelungen, vor allem seitens Deutschlands, einen Kommunikationskreis in Russland bilden kann.

[hmw/russland.NEWS]

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