Mit einem Brief hatte sich letzte Woche der russische Präsident an die 18 europäischen Staatschefs gewandt die aus Russland Gas beziehen. russland.RU veröffentlichte diesen Brief vollständig in deutscher Übersetzung.
Heute erreichte Putin die Antwort des EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso, die im Namen der 28 Mitgliedsstaaten der EU geschrieben war.
Die Europäische Union ist laut EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso bereit, Konsultationen mit Russland und der Ukraine über gesicherte Gaslieferungen abzuhalten.
„Die EU stimmt Ihrem Vorschlag zu, Konsultationen mit Russland und der Ukraine hinsichtlich der Sicherheit des Transits und der Lieferungen von Gas abzuhalten“, heißt es in einem am Donnerstag eingetroffenen Schreiben von Barroso an Russlands Präsident Wladimir Putin.
Laut Barroso, steht es im Interesse sowohl Russlands als auch der EU, „die Verhandlungen schnell aufzunehmen, an denen auch die Ukraine teilnimmt“.
Zu diskutieren sei es auch, wie der Transit durch die Ukraine, die Gasspeicherung in der Ukraine und die Lieferungen an die Ukraine transparent und sicher zu gestalten seien.
Russland wurde in dem Brief aufgefordert, von einem Gaslieferstopp an die Ukraine infolge der Verschuldung Abstand zu nehmen, weil dies Grund geben würde, an der Zuverlässigkeit Russlands als Gaslieferant zu zweifeln.
Alles in Allem versucht Barroso mehr oder weniger dem russischen Präsidenten sehr diplomatisch zu erklären, dass Russland doch bitte weiter Gas liefern möchte, auch wenn es keine Bezahlung dafür erhält.
Wie immer bei russland.RU, hier der komplette Brief:
Herr Präsident,
Mit Bezug auf Ihren Brief vom 10. April an mehrere Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Drittländer bin ich vom Rat der Europäischen Union im Anschluss der Beratungen der 28 Mitgliedstaaten beauftragt worden, diesen Brief im Auftrag der EU und aller 28 Mitgliedstaaten zu beantworten.
Die Europäische Union stimmt Ihrem Vorschlag zu Beratungen mit der Russischen Föderation und der Ukraine hinsichtlich der Sicherheit der Gasversorgung und Durchfahrt zu. Wir halten diese Vorgehensweise für den nützlichsten Weg für die Russische Föderation und andere Dritte, weil diese Bereiche die Angelegenheiten von Mitgliedstaaten sowie den Binnenmarkt der Europäischen Union betreffen und die geteilten Zuständigkeiten der Europäischen Union berühren.
Wie Sie darauf hinweisen, sind die Europäische Union und die Russische Föderation die Haupthandelspartner der Ukraine. Lassen Sie mich wiederholen, dass das Bedürfnis, die langfristige politische und wirtschaftliche Stabilität der Ukraine zu sichern, deshalb ein Schlüsselinteresse der Europäischen Union und der Russischen Föderation ist, wie Sie in Ihrem Brief festgestellt haben. Deshalb ist es unser gemeinsames Interesse, schnell zu Gesprächen zu kommen, die die Ukraine einschließen werden.
Jedoch teilen wir Ihre Bewertung der Handelsbeziehungen zwischen der Ukraine und der Europäischen Union, dass die Wirtschaft der Ukraine weitgehend durch den unausgeglichenen Handel mit den Mitgliedstaaten von Europäischen Union in die Krise gestürzt worden ist, nicht. In dieser Beziehung wird ein IWF-geführtes Programm zur Stabilisierung der Wirtschaft der Ukraine lebenswichtig sein. Der Erfolg eines IWF-geführten Programmes wird sowohl vom Engagement der Ukraine an internationalen Verpflichtungen als auch von Reformanstrengungen und von der Zusammenarbeit aller beteiligter internationaler Partner abhängen. Die Europäische Union stellt zusammen mit ihren internationalen Partnern im Rahmen des geplanten IWF-Hilfepakets der Ukraine und seiner Bevölkerung bereits bedeutende Unterstützung durch erhebliche Makrofinanzhilfe, großzügige Handelspräferenzen und eine Vielzahl von anderen mit dem ukrainischen Behörden vereinbart Beihilfemaßnahmen zur Verfügung.
Im Bereich Energie müssen die Beziehungen auf Gegenseitigkeit, Transparenz, Fairness, Nichtdiskriminierung, Wettbewerb und Offenheit für die weitere Zusammenarbeit basieren, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für eine sichere und gesicherte Versorgung und den Transit von Energie sicherzustellen. In diesem Zusammenhang erkennen wir, dass im Falle der Erdgasversorgung und des Transits die Notwendigkeit eines strukturierten und umfassenden Dialogs besonders dringend ist. Aus unserer Sicht sollten Fragen der ukrainischen Gas- Schulden- und Importpreise neben ihrem externen Finanzierungsbedarf mit dem IWF und allen anderen relevanten internationalen Partner betrachtet werden. Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation im Bereich der Energie beruhen auf gemeinsamen Interessen. Dementsprechend sehe ich aktuell zwei Schlüsselelemente:
Erstens steht die Vertragssicherheit der Russischen Föderation als Gaslieferant zur Debatte.
In Ihrem Brief verweisen Sie auf die ausstehende Gasschuld von „Naftogaz Ukrajiny“ als einen vertraglichen Grund für Gazprom, Vorauszahlungen zu verlangen, das – wenn die Zahlung ausbleibt – schließlich zum teilweisen oder völligen Stopp der Versorgung mit Gas an die Ukraine durch Gazprom führt.
Eine solche Entwicklung ist Ursache einer ernsthaften Sorge, da sie die Gefahr einer Unterbrechung der Lieferungen in die Europäische Union und andere Partnerländern birgt und Auswirkungen auf die Speicherung von Gas in der Ukraine für die Lieferungen in den kommenden Winter hat.
Was die Gaslieferungen nach Europa betrifft, möchte ich an die Versorgungsverträge zwischen europäischen Unternehmen und Gazprom erinnern. Die Verantwortung Gazproms, die Lieferung der erforderlichen Mengen zu gewährleisten, wie in den Lieferverträgen vereinbart werden, besteht weiterhin. Die Europäische Union hat wiederholt erklärt, dass sie erwartet, dass kommerzielle Betreiber aller Seiten ihre vertraglichen Verpflichtungen und Zusagen einhalten. Ein zuverlässiger Lieferant zu bleiben, ist im Licht der internationalen Gasmarktentwicklungen wohl eindeutig im Interesse der Russischen Föderation.
Da die Versorgung der Europäischen Union und Lieferungen an die Ukraine eng miteinander verbunden sind, sind wir bereit, mit allen Parteien zu diskutieren, wie die getroffenen Vertragspflichten auf der Basis von Marktpreisen, Regeln und Völkerrecht eingehalten werden können. Und wie für den Transit durch die Ukraine zur EU die Speicherung von Gas in der Ukraine und dessen Lieferung in einer transparenten und zuverlässigen Art und Weise geschehen kann.
Zweitens, im Hinblick auf die Lieferung von Erdgas in die Ukraine kann die langfristige Lösung für einen funktionierenden europäischen Gasmarkt nur durch ein zufriedenstellende Anordnung des Transit durch die Ukraine und eine Marktreform des Energiesystems der Ukraine auf der Grundlage eines rechtlich und wirtschaftlich solider und transparenter Regeln sein. Im Zusammenhang mit der aktuellen Krise sehen wir, dass die Lösungen für die russischen Ansprüche bei Kurzzeitverzug und die langfristige Mechanismen, einschließlich des Gaspreises und den Bedingungen der Gasversorgung, in speziellen Verhandlungen mit verfügbaren rechtlichen Mechanismen gelöst werden müssen. Wir bekräftigen, dass Änderungen der vertraglichen Vereinbarungen aufgrund der politischen Umstände im Widerspruch zum Geist der Unterstützung und Zusammenarbeit in Ihrem Brief stehen.
In Bezug auf den in Ihrem Brief genannten Ausweg bei einer weiteren Verletzung des Vertrages, die Lieferungen ganz oder teilweise zu stoppen, empfehlen wir dringend davon abzusehen, da dieses Zweifel in Ihre Eigenschaft als zuverlässiger Gaslieferant säen würde. Aber lassen Sie mich noch von dem Frühwarnsystem, das zwischen der EU und Russland nach der Gaskrise im Jahr 2009 geschaffen und im Jahr 2011 aktualisiert wurde, sprechen. Es ist wichtig, dies in einer Notfallsituation zu aktivieren, dieser Mechanismus sollte vor dem Unternehmen einseitiger Handlungen aktiviert werden.
Neben diesem Mechanismus sind wir bereit, dreiseitige Konsultationen mit der Russischen Föderation und, vorbehaltlich der Zustimmung der ukrainischen Regierung, mit der Ukraine als Gastgeber, wie wir bereits in der Vergangenheit vorgeschlagen haben, zu führen. Die vorgeschlagenen Konsultationen sollten dazu beitragen, ein extremes Szenario zu vermeiden und die Versorgung und den Transit zu gewährleisten, während zur gleichen Zeit die notwendigen Voraussetzungen für eine strukturierte Zusammenarbeit, einschließlich insbesondere der Modernisierung des ukrainischen Gastransitsystems geschaffen werden. In dieser Hinsicht sind wir durch die Entscheidung der Russischen Föderation, die Charkower Abmachungen von 2010 nicht einzuhalten, tief betroffen. Solche Entscheidungen sollten Wirtschaftler nicht davon abhalten ihre vertraglichen Abmachungen einzuhalten und Verhandlungen sollten ohne Vorbedingungen geführt werden.
Der Kommissar für Energie, Herr Günter Oettinger, steht bereit, diese Probleme mit seinen russischen und ukrainischen Kollegen sofort im nahen Kontakt mit den Mitgliedstaaten zu besprechen, und wird sich mit seinen Kollegen in Verbindung setzen, um eine erste Sitzung zu organisieren.
Ich bin überzeugt, dass, indem wir konstruktiv allgemeine Lösungen und Handlungen besprechen, wir die Lösung der aktuellen Krise finden können.
Mit freundlichen Grüßen,
José Manuel BARROSO“
und hier der Brief im Original:
EUROPEAN UNION
DELEGATION TO THE RUSSIAN FEDERATION
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Moscow, 17 April 2014
Letter from President Barroso to President Putin
The following letter was sent today by the President of the European Commission, José Manuel Barroso, to the President of the Russian Federation, Vladimir Vladimirovich Putin:
„Mr President,
Referring to your letter of 10th April to several Member States of the European Union and third countries, I have been mandated by the Council of the European Union, following consultations with the 28 Member States, to reply to this letter on behalf of the European Union and of all 28 Member States.
The European Union agrees on your proposal for consultations with the Russian Federation and Ukraine with regard to security of gas supply and transit. We believe that this approach allows for the most useful process with the Russian Federation and other third parties, as these matters concern Member States‘ matters as well as the operation of the European Union’s single market and touch upon a shared competence of the European Union.
As you point out, the European Union and the Russian Federation are Ukraine’s main trading partners. Let me reiterate that the need to ensure the long-term political and economic stability of Ukraine is therefore a key interest of the European Union and of the Russian Federation as you stated in your letter. Therefore it is our common interest to quickly engage in talks which will include Ukraine.
However, we do not share your assessment of trade relations between Ukraine and the European Union that, to a large extent, the crisis in Ukraine’s economy has been precipitated by the unbalanced trade with the European Union Member States. In this regard an IMF-led programme of assistance will be vital in stabilising Ukraine’s economy. The success of an IMF-led programme will depend both on Ukraine’s commitment to international obligations and reform efforts and on cooperation from all their international partners. The European Union, together with its international partners under the framework of the planned IMF assistance package, is already providing significant support to Ukraine and its people through substantial macro- financial assistance, generous trade preferences and a variety of other aid measures agreed with the Ukrainian authorities.
As regards energy, relations must be based on reciprocity, transparency, fairness, non-discrimination, openness to competition and continued cooperation to ensure a level playing field for the safe and secure supply and transit of energy. In this context, we recognise that in the case of natural gas supply and transit the need for a structured and comprehensive dialogue is particularly urgent. In our view, issues relating to Ukraine’s gas debts and import prices should be considered alongside their external financing needs with the IMF and all other relevant international partners. Cooperation between the European Union and the Russian Federation in the energy field is based on common interests. Accordingly, I see two key elements to the current issue at hand:
First, the contractual reliability of the Russian Federation as a supplier of gas is at stake in this matter.
In your letter, you refer to the outstanding gas debt of „Naftogaz Ukrajiny“ as a contractual cause for Gazprom to shift to a pre-payment regime, which could – in the absence of payment – eventually lead Gazprom to partially or completely cease the supply of gas into Ukraine. Such a development is cause of a serious concern as it carries the danger of an interruption of service into the European Union and other partner countries and affecting the storage of gas in Ukraine for supplies in the coming winter. As far as the gas supplies to Europe are concerned, I would like to recall that supply contracts are between European companies and Gazprom. It therefore continues to be Gazprom’s responsibility to ensure the deliveries of the required volumes as agreed in the supply contracts. The European Union has repeatedly stated that we expect commercial operators on all sides to continue respecting their contractual obligations and commitments. Remaining a reliable supplier would appear to be clearly in the interest of the Russian Federation, in the light of international gas market developments.
As supplies to the European Union and supplies to Ukraine are closely related, we are willing to discuss with all parties concerned how these contractual obligations are to be met on the basis of market prices, rules and international law, as it is the case in the European Union, and how to ensure that transit through Ukraine, storage of gas in Ukraine and supply to Ukraine are done in a transparent and reliable manner.
Second, with a view to the supply of natural gas into Ukraine, the long-term solution toward a functioning European gas market can only be the satisfactory rearrangement of transit relations through Ukraine, and a market reform of the energy system of Ukraine both on the basis of a legally and economically sound and transparent regime. In the context of the current crisis, we consider that solutions to both the Russian claims regarding short term arrears and the long-term mechanisms, including on the gas price and conditions of gas supplies, are to be solved in dedicated negotiations and through available legal mechanisms. We reiterate that changes to contractual arrangements due to political circumstances run counter to the spirit of support and cooperation enshrined in your letter.
Still with regard to the reference in your letter to the last resort possibility to completely or partially cease gas deliveries in the event of further alleged violation of the conditions of payments by Ukraine, we would strongly urge you to refrain from such measures, which would create doubts about your willingness to be seen as a reliable supplier of gas to Europe. But let me also refer to the Early Warning Mechanism which was established between the European Union and the Russian Federation, following the gas crisis in 2009 and subsequently updated in 2011. It is important to recall that in case of an emergency situation, this Mechanism should be activated before taking any unilateral steps.
In addition to this mechanism we stand ready to host trilateral consultations with the Russian Federation and, subject to the agreement of the Ukrainian government, with Ukraine as we have proposed already in the past. The proposed consultations should help to avoid an extreme scenario and safeguard security of supply and transit while at the same time creating the necessary conditions for a structured cooperation including notably the modernisation of Ukraine’s gas transit system. In this respect, we are deeply concerned by the unilateral decision taken by the Russian Federation not to apply the 2010 Kharkov agreement. Such consultations should not exonerate economic operators from fulfilling their contractual responsibilities and thus should be conducted without prejudice of commercial negotiations.
The Commissioner for Energy, Mr Günter Oettinger, stands ready to address these issues with his Russian and Ukrainian counterparts immediately, in close contact with the Member States, and will therefore contact his counterparts to organise a first meeting.
I am convinced that, by discussing constructively common solutions and actions, we can find the solution to the current crisis.
Yours sincerely,
José Manuel BARROSO“
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