Bankenrettung auf Russisch wird vorbereitet

Das russische Finanzministerium will die Überführung der Einlagen von Bürgern in Problembanken zulassen. Wer mehr als 100 Millionen Rubel (ca. 1,3 Mio. Euro) auf dem Konto hat, soll vom Gläubiger der Bank, was de facto jeder Sparer ist, zwangsweise zum Aktionär werden, der für die Verluste des Finanzinstitutes haftet. Das erklärte der stellvertretende Finanzminister Alexej Moissejew, auf der Wochenendsitzung des Zentralbankrates. Dieses Verfahren ist nicht neu und wird in der Finanzwelt als bail-in bezeichnet.

Bail-in: Bei der globalen Finanzkrise 2008 wurden die größten Finanzinstitutionen der Welt von ihren Regierungen mit dem Geld der Steuerzahler in dreistelliger Milliardenhöhe gerettet. Diese Vermögensumverteilung wurde als „Bail-out“ bezeichnet. Um in Zukunft bei der Rettung maroder Banken nicht wieder in die Staatskasse greifen zu müssen, wurde das so genannte „Bail-in“ erfunden. Das bedeutet, dass Problembanken nun zuerst das Geld von Anleihegläubigern, Aktionären und Sparern einsetzen müssen. Dieses Verfahren ist seit 2015 in Deutschland geltendes Recht, ab Beginn dieses Jahres in der gesamten EU, wobei Einlagen von über 100 000 Euro betroffen sind.

Wie TASS unter Bezug auf Swetlana Nikitina, Beraterin des russischen Finanzministers, mitteilte, werde eine solche Regelung bislang in Russland nicht angewendet und befinde sich derzeit im Stadium der Erörterung. So seien weder ein endgültiger Schwellenwert festgesetzt, noch geklärt, ob nur die Einlagen von Unternehmen oder auch die von Privatpersonen zur Bankensanierung herangezogen würden. Ihren Worten zufolge seien gegenwärtig im Falle der Sanierung einer Bank lediglich Spareinlagen bis zu einer Höhe von 1,4 Millionen Rubel (ca. 18500 Euro) über den russischen Einlagensicherungsfonds versichert, der Rest werde in Abhängigkeit von dem finanziellen Zustand der zu sanierenden Bank erstattet.

«Bail-in könnte eine zusätzliche Kompensation sein, sowohl für die Anleger, wie für die Banken. Das betrifft aber nur marode Finanzinstitutionen, die ihre Arbeit praktisch bereits eingestellt haben“, erklärte Nikitina.

Anleger werden bestraft, nicht die Schuldigen

Den Vorschlag, das bail-in-Verfahren auch in Russland einzuführen, hatte bereits im März 2015 die russische Agentur für Einlagensicherung (ASW) zur Diskussion gestellt. Nach ihrer Auffassung würde dies den Umfang der staatlichen Ausgaben für die Rettung der Banken minimieren. Seit Ende 2015 erörtern das Finanzministerium und die Zentralbank öffentlich ihre aktuellen Positionen zu diesem Thema.

So hatte ZB-Vorstand Michail Suchow auf einem Treffen der Zentralbank-Führung mit Bankern, die dem russischen Bankenverband ARB angehören, die Hoffnung geäußert, dass 2016 begonnen werden könnte, mit bail-in zu arbeiten. Dies sei eine Möglichkeit zur Gesundung von in Schwierigkeiten geratenen Banken, ohne den Staat übermäßig zu belasten und dabei das Vertrauen der Sparer in die Arbeitsfähigkeit der Bank zu erhalten. Im Dezember hatte auch ZB-Chefin Elvira Nabiullina gesagt, dass bail-in einer Reihe von Banken die Lizenz retten und somit die Chance auf eine künftige Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit erhalten könnte.

Nach Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden der Sberbank, German Gref, könnten 2016 weitere zehn Prozent der russischen Banken ihre Lizenz verlieren.

Mitte Januar teilte Vize-Finanzminister Moissejew mit, dass in einer ersten Etappe bail-in nur auf die Firmenkunden von Banken angewendet werden sollte. Von dieser Variante hat er sich in den letzten Tagen offenbar verabschiedet, als er sagte, dass die wirtschaftliche Tätigkeit von Privatkunden mit Einlagen von über 100 Millionen Rubel durchaus jener von Unternehmen gleichzusetzen sei. Zum weiteren Ablauf meinte er: „Die Idee klar, aber wir brauchen noch einige Wochen Zeit, um die Konzeption mit dem Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Handel, der АSW, der ZB und den Juristen besprechen. Die Sache ist kompliziert…“ wird er von Interfax zitiert.

Der Leiter der russischen Analytischen Kredit-Rating Agentur (AKRA), Kyrill Lukaschuk, verweist darauf, dass in der internationalen Banken-Praxis einen ähnlichen Mechanismus zur Rettung System tragender Banken gibt, wie er im Fall der Bank of Cyprus angewendet worden sei, als die Sparer und große Anleger zwangsweise zu Eigentümern der Bank wurden. Damals wurden Einlagen von über 100 000 Euro in Aktien des Finanzinstitutes umgewandelt.

Kritiker der Einführung von bail-in meinen allerdings, dass damit in Russland, wie auch in den USA und Europa zwar nicht mehr der Staat, sondern Dritte, wenn auch Inhaber von Konten mit großen Beträgen, zu Kasse gebeten würden, keinesfalls aber die eigentlich Schuldigen an der Misere der Bank. (hh)

 

COMMENTS