Baden-Badener Hotels und Cafés leiden massiv unter Gästemangel aus Russland

Baden-Badener Hotels und Cafés leiden massiv unter Gästemangel aus Russland

Der südwestdeutsche Kurort Baden-Baden, seit mehr als 200 Jahren vor allem bei Russen aus Moskau und St. Petersburg beliebt, kämpft wegen der Militäraktionen in der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland mit einem Ausbleiben der Touristen, schreibt die Schwäbische Zeitung.

Der Zeitung zufolge haben die meisten wohlhabenden Russen ihre Immobilien in Baden-Baden bereits verkauft. Außerdem seien wegen der Sanktionen mehrere Privatjets am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden beschlagnahmt worden, und der russische Dirigent Waleri Gergijew habe das örtliche Konzerthaus verlassen müssen. Die Stadtverwaltung erklärte, sie könne und wolle wegen des Konflikts in der Ukraine ihre Neutralität nicht wahren. Die Stadt   mit seinen 55.000 Einwohnern ist nicht mehr Partnerstadt von Jalta und Sotschi. Diesen Status hatte sie seit 2013.

Die Zahl der Touristen aus Russland begann nach 2014 zu sinken, schreibt die Schwäbische Zeitung. Ein großer Teil des Geschäfts in Baden-Baden hing vom regelmäßigen Strom der Russen ab. Doch nun schließen in der Stadt massenhaft Restaurants, Hotels und Geschäfte.

Valentina Juschina, stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Russischen-Kulturgesellschaft Baden-Baden klagt, in der „Sommerstadt Europas“ sei nichts mehr wie es einmal war: „Es ist vorbei, die Russen werden nicht mehr kommen.“ Ihr Ausbleiben bedeute für Baden-Baden eine Zeitenwende.

Der Zeitung zufolge leben derzeit rund 2.000 Russen und etwa ebenso viele Ukrainer in Baden-Baden. Die Stadt nimmt auch Flüchtlinge aus der Ukraine auf. Sie beherbergt inzwischen mehr Flüchtlinge als jede andere Stadt im Südwesten Deutschlands.

„Für uns ist das eine extrem große Herausforderung“, so der Bürgermeister Roland Kaiser, will aber von Konflikten zwischen den Volksgruppen will er aber nichts wissen: „Das Schwarz-Weiß-Denken zerbröselt vor Ort, es wird von allen Seiten geholfen.“

Baden-Baden zählte in Russland gleich nach Berlin zu den bekanntesten Orten in Deutschland. Juweliere eröffneten Filialen und Makler machten gute Geschäfte. Zahnkliniken, Internisten und plastische Chirurgen siedelten sich an, die den betuchten Gästen eine Rundumversorgung offerierten. „Die reichen Russen sagten, wir kommen nach Baden-Baden, um zu sparen. Denn in Moskau ist alles viel teurer“, so Valentina Juschina.

Die Schriftsteller Fjodor Dostojewski, Nikolai Gogol und Leo Tolstoi besuchten Baden-Baden. Iwan Turgenjew lebte von 1863 bis 1870 in der Stadt. Ihm zu Ehren wurde im Jahr 2000 in der Nähe der Villa des Schriftstellers eine Bronzebüste aufgestellt. 

Die Liebe der Russen zu der Stadt geht aber noch weiter zurück, 1793 verheiratete Zarin Katharina II. ihren Enkel Alexander I. mit der 14-jährigen Prinzessin Luise von Baden, später Zarin von Russland. Als sie 1814 nach Baden-Baden zurückkehrte, schwärmte sie: „Ich bin hier an einem der schönsten Orte der Welt.“

Hochadel, Bürgertum, Künstler, Oligarchen, Geschäftemacher und Neureiche liebten dieses verschlafene Städtchen. Juschina will die Vergangenheit hinüber retten in die Gegenwart: „Ich nehme mir das alles zu Herzen und es macht mich traurig.“ Es dürfe nicht passieren, dass der letzte Faden abreiße. Um dem entgegen zu wirken, organisiert sie Konzerte, Lesungen und Vorträge.

Auch dem Kurort Karlsbad (Karlovy Vary) in der Region Böhmen im Westen Tschechiens droht die Schließung, weil die Touristen aus Russland wegbleiben. Bürgermeisterin Andrea Pfeffer-Ferklová sagte, in den ersten drei Quartalen 2019 hätten Russen 300.000 Nächte in den Hotels des Kurorts verbracht, während es im vergangenen Jahr nur 10.000 gewesen seien. Dank seiner zahlreichen Thermalquellen ist Karlsbad seit dem 19. Jahrhundert ein beliebtes Reiseziel.

[hrsg/russland.NEWS]

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