Außenpolitische Akzente in Lawrows Jahrespressekonferenz

Am 15. Januar hat Außenminister Lawrow, der seit 2004 russischer Außenminister ist, in seiner jährlichen Pressekonferenz ausführlich zu weltpolitischen Themen Stellung genommen und die Prioritäten für die nächste Zukunft skizziert.

Danach plant Moskau das Abkommen über das iranische Atomprogramm zu verteidigen, den Kampf gegen den Terrorismus in Syrien fortzusetzen, die Krise in der Ukraine einer Lösung näher zu bringen, die Situation um das nordkoreanische Nuklearprogramm zu verbessern und den Konflikt zwischen Palästina und Israel zu lösen.

Eine der Prioritäten der Außenpolitik wird die Erhaltung des Abkommen über das iranische Atomprogramm sein, so Lawrow. Seiner Ansicht nach stimmen die Verlautbarungen der USA zu diesem Thema nicht optimistisch und geben „erneut Anlass, Zweifel an ihrer Fähigkeit zu handeln zu hegen“.

Moskau werde die Versuche Washingtons, die Bedingungen des Abkommens zu ändern, nicht unterstützen und er hoffe, dass die europäischen Partner sich an den umfassenden Aktionsplan für das iranische Atomprogramm halten werden. Dieser Plan wurde von der Resolution des UN-Sicherheitsrats gebilligt, dessen Erfüllung obligatorisch ist.

Im Jahr 2015 haben, so Lawrow, Teheran und die „Sechsergruppe“ internationaler Vermittler eine historische Einigung über die Beilegung des iranischen Nuklearproblems erzielt. Das Abkommen beinhaltet die Abschaffung der Wirtschafts- und Finanzsanktionen, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, die Vereinigten Staaten und die Europäische Union gegen den Iran verhängt haben.

Donald Trump erklärte, dass das Weiße Haus mit dem Kongress über die Unzulänglichkeiten dieses Abkommens berate und, wenn Washingtons Bemühungen, das Abkommen zu „verbessern“, scheitern würden, die USA das Abkommen kündigen würden.

Das Thema der Beziehungen zwischen Moskau und Washington wurde in fast der Hälfte der Themen auf der Pressekonferenz angesprochen. Laut Lawrow verlieren die USA und der historische Westen ihre dominierenden Positionen in der Welt, „die sie seit mindestens fünf Jahrhunderten genossen haben“.

Neue Zentren für Wirtschaftswachstum, Finanzkraft und politischen Einfluss würden entstehen. „Das internationale System muss angepasst werden und diese neuen Machtzentren müssen in den Dialog einbezogen werden. Das versuchen die USA mit unlauteren Mittel zu verhindern“.

Washington versuche, „das Abnehmen seines Einflusses in der Weltpolitik zu stoppen“. Moskau bedauere, dass die USA und ihre Verbündeten in außenpolitischen Fragen ausschließlich mit Ultimaten sprechen.

Die amerikanische Führung dämonisiere Russland, wodurch die Beziehungen zwischen den beiden Staaten sich weiterhin verschlechtern. Aber Moskau „kann nicht anders als auf die feindlichen Handlungen der Vereinigten Staaten zu reagieren“.

„Aber wir versuchen immer, es maßvoll zu machen und gehen nicht rücksichtslos nach dem Motto Zahn für einen Zahn, Auge um Auge vor.“ Als Beispiel nannte er die Konfiszierung staatlichen russischen Eigentums. Darauf sei es unmöglich gewesen, nicht zu reagieren.

Er glaubt, die Trump-Regierung habe auf der internationalen Arena in mehrfacher Hinsicht Angst vor „fairem Wettbewerb“. Er spreche über den Energiesektor, Gaslieferungen nach Europa.

Lawrow erinnerte daran, dass Europa von den USA gezwungen werden soll anstelle von russischem Erdgas verflüssigtes Gas aus den USA zu kaufen, obwohl dies viel teurer ist. Die USA „fordern die Europäer offen dazu, Nord Stream-2 aufzugeben, obwohl die Gaslieferung über Nord Stream zwei tausend Kilometer kürzer ist als der Weg durch die Ukraine und um die Hälfte bis zwei Mal billiger“.

Seiner Meinung nach haben die US-Sanktionen gegen Russland im militärisch-industriellen Komplex das Ziel, die Stärkung der Positionen Moskaus auf dem Rüstungsmarkt zu verhindern.

„Das Streben ist verständlich, aber wir müssen ehrlich miteinander konkurrieren und nicht den Ländern der Dritten Welt unter Androhen von Sanktionen verbieten, mehr russische Produkte zu kaufen“, sagte Lawrow.

Auf eine Frage, ob er bedauere, dass Trump bei den US-Wahlen gewonnen habe, und nicht Hillary Clinton, erklärte er, Bedauern „hat nichts mit Diplomatie zu tun, aber es ist bedauerlich, dass es so gekommen ist.“

„Wir arbeiten mit Fakten, und die Fakten sind so, wie wir sie heute sehen, also tun wir, was notwendig ist, um Russlands Interessen unter den gegenwärtigen Bedingungen zu sichern“, sagte Lawrow.

Die Pläne der USA zur Schaffung von Grenzsicherheitszonen in Syrien zeigten, dass Washington nicht an der Integrität Syriens interessiert ist.

Die USA wollen „ein riesiges Gebiet entlang der Grenze der Türkei mit dem Irak und östlich des Euphrat“ isolieren. Darüber hinaus werde diese Zone, wie von Washington erwartet, von Gruppen unter seiner Führung kontrolliert. „Dies ist ein sehr ernstes Problem, das die Befürchtung aufkommen lässt, dass ein Kurs zur Teilung Syriens eingeschlagen wurde“.

Laut Lawrow gebe es für solche Handlungen der Vereinigten Staaten keine Begründung. Russland, die Türkei und der Iran warten auf „detaillierte Erklärungen“ aus Washington. Er erinnerte auch an die Zusicherungen des US-Außenministeriums, dass der einzige Zweck der US-Präsenz in Syrien die Vernichtung von Terroristen sei.

Er glaubt, dass die USA nicht zur Lösung des Konflikts in Syrien beitragen, sondern versuchen, die Regierung in Damaskus zu stürzen. In dieser Hinsicht gebe es keine radikalen Unterschiede zwischen den Regierungen von Barack Obama und Donald Trump.

Er hoffe, dass der Kongress des nationalen Dialogs von Syrien, der am 29./30. Januar in Sotschi stattfinden wird, die UNO dazu anregen wird, die Arbeit an der politischen Lösung der syrischen Frage in Genf zu intensivieren.

Lawrow betonte, dass Russland und China sich dafür einsetzen, von der Konfrontation zu einer politischen Lösung des Problems auf der koreanischen Halbinsel überzugehen.

Moskau und Peking schlagen vor, dass „alle konfrontativen Aktionen“ heruntergefahren und eingefroren werden. Dies betreffe das Abfeuern von Raketen, das Testen von Atomwaffen und die Durchführung von Großmanövern durch die Vereinigten Staaten, Südkorea und Japan.

Wenn ein solches Moratorium in Kraft trete, werde Russland direkte Kontakte zwischen den interessierten Parteien aktiv unterstützen.

„Wenn wir über die Atomfrage sprechen, so betrifft es natürlich vor allem Pjöngjang und Washington, aber wir werden auch bereit sein, den bilateralen Dialog im Rahmen des sogenannten Sechs-Parteien-Prozesses mit Beteiligung von Russland, der Volksrepublik China, Japan und der Republik Korea zu begleiten.“

Lawrow glaubt, dass das ukrainische Thema künstlich aufgebläht ist. Er hält es auch für einen Fehler, die Krise in diesem Land durch das Auge der Konfrontation zwischen dem „autoritären“ Russland und dem „liberalen“ Westen zu sehen.

Die westlichen Länder sollten sich auf das konzentrieren sollten, was in den Vereinbarungen von Minsk steht – „alles ist äußerst klar, äußerst klar“ und nichts sei zweideutig.

„Dann denke ich, wäre die ukrainische Krise längst gelöst“. Russland respektiere die territoriale Integrität der Ukraine innerhalb der Grenzen, die nach dem Referendum auf der Krim entstanden sind.

Die Zusammensetzung der Mission der UN-Friedenstruppen im Donbass sollte von den Konfliktparteien bestimmen werden: Kiew und die selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk.

Er hob hervor, dass Russlands Vorschlag für eine UN-Mission zum Schutz von OSZE-Beobachtern sich nicht darauf beschränkt, Friedenstruppen nur auf der Kontaktlinie im Donbass einzusetzen. Die Sicherheit der Beobachter während der Patrouillen müsse überall gewährleistet sein.

In der gegenwärtigen Situation sind die Chancen für einen direkten Dialog zwischen Israel und Palästina bei null, glaubt Lawrow.

Moskau verstehe „die Gefühle der Palästinenser“ vollkommen. „Sie haben viele Jahre lang einseitige Zugeständnisse gemacht, ohne etwas dafür zu bekommen, und sie waren bereit für direkte Verhandlungen mit den Israelis, ohne Vorbedingungen, wir waren bereit, sie zu diesem Zweck auf das Territorium Russlands zu einzuladen“.

Ein solcher direkter Kontakt habe nicht stattgefunden. Moskau hoffe, dass in naher Zukunft Konsultationen im Nahost-Quartett (EU, UNO, Russland und USA) stattfinden werden. Nach Ansicht des Außenministers ist es notwendig, „eine Art Geistesblitz zu haben, wie es weitergehen soll“, da es derzeit unmöglich sei, die Situation zu verändern.

Lawrow sprach auch über seine Pläne nach den Präsidentschaftswahlen, die am 18. März stattfinden.

„Wir haben eine Verfassung, die den Ablauf der Regierungsbildung klar definiert, und ich versichere Ihnen, dass diese Ordnung vollständig erhalten bleibt. Was mich betrifft, ich bin nichts anderes gewohnt, als mich um die maximale Effizienz unseres Ministeriums zu kümmern. Und das ist jetzt meine Hauptaufgabe“.

[hmw/russland.NEWS]

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