„April, April“ – worüber scherzen die Russen?@ Mischa Blank

„April, April“ – worüber scherzen die Russen?

„Am ersten April glaube ich niemandem“. Dieser russische Ausdruck entspricht dem deutschen „April, April“. Heute ist auch in Russland der Tag des Lachens. Doch die Russen lachen ganz anders. Besser gesagt über andere Dinge. Sie lieben es, mit der Sprache zu spielen. Andeutungen, Doppelsinnigkeit, Metaphern und Selbstironie sind obligatorische Komponenten des russischen Humors.

In Russland war Humor schon immer überlebenswichtig, denn ansonsten lässt sich das Leben dort mit seinen Problemen und rauem Klima oft kaum ertragen. Deswegen wissen die Russen einen guten Witz sehr zu schätzen. Er ist ein fester Bestandteil eines jeden guten Gesprächs, und man kann sich einen typischen russischen Abend ohne Witzeerzählen gar nicht vorstellen. Unzählige russische Internetseiten sind voll mit “besten Witzen des Tages, des Monats, des Jahres“. Jede Zeitung führt eine entsprechende Rubrik.

Da entsteht eine berechtigte Frage: Wenn die Russen so witzig sein sollen, warum gelten sie auf der ganzen Welt eher als verschlossen und mürrisch? Und warum ist der russische Humor international völlig unbekannt? Der russische Scherz bleibt dem Rest der Welt deswegen unzugänglich, weil er meist unübersetzbar ist. Die Russen treiben das Wortspiel bis aufs Äußerste, doch dadurch kann ein Außenstehender kaum bis nichts verstehen. Außerdem ist die Quelle des russischen Witzes eben die russische Realität. Und mit der muss man sich auch bestens auskennen, um darüber lachen zu können.

Ereignisse aus der neuesten russischen Geschichte, politische Feinheiten, Besonderheiten von bestimmten politischen Figuren – wenn man nichts davon weiß, hat man auch die Pointe nicht verstanden. Die weitere Eigenart des Humors in Russland – man bezieht sich auf bestimmte Filme oder sogar Zeichentrickfilme, deren Protagonisten zu Hauptfiguren von ganzen Witzserien geworden sind. Der beliebteste ist ein gewisser Stierlitz – ein sowjetischer Spion aus einer TV-Serie der 1970er Jahre). Die Stierlitz-Witze bauen auf Wortspielen auf oder ziehen Filmgegebenheiten durch den Kakao.

Außerdem ist der Humor in Russland nicht nur kaum übersetzbar, sondern auch aus deutscher Sicht oft politisch inkorrekt. So ist es in Russland gang und gebe Judenwitze zu erzählen, was in Deutschland natürlich undenkbar ist. Hier ist anzumerken, dass es ist in Russland kein Tabu ist, da russische Juden selbst recht gerne Judenwitze erzählen.

In diesem Jahr erwiesen sich die Russen jedoch mit ihren Aprilscherzen als nicht besonders originell. Wie eine Umfrage ergab, waren die häufigsten Witze über einen weißen Rücken, einen platten Reifen und den Ersatz von Zucker durch Salz. Dabei ist es für russische Unternehmen im Allgemeinen nicht üblich, dass die Mitarbeiter sich an diesem Tag gegenseitig veräppeln, ergab eine Studie. 86 Prozent der Arbeitnehmer sagten, dass der erste April in ihren Unternehmen in der Regel ganz ohne Scherze verläuft.

In diesem Jahr warten ab dem 1. April viele Neuerungen auf die Russen. So beginnen heute die Wehrpflicht und die Einschreibung von Erstklässlern in Schulen nach den neuen Regeln, Renten und Kindergeld steigen. Darüber hinaus ändert sich das Verfahren zum Bestehen der Führerscheinprüfung, zum Auffüllen elektronischer Geldbörsen und zum Überweisen von Geld von Bankkarte zu Bankkarte. Leistungen, Zahlungen und Ablässe an Schuldner, die im Zusammenhang mit der Pandemie eingeführt wurden, werden annulliert.

Heute gab es Berichte, dass der Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien Ramsan Kadyrow für den Friedensnobelpreis 2021 nominiert wurde. Darüber schreiben mehrere russische Medien.

Der tschetschenische Präsident wurde für den Preis „für seinen herausragenden Beitrag zur Schaffung und Erhaltung eines dauerhaften Friedens in dem historisch komplexen tschetschenischen Gebiet in den letzten 15 Jahren“ nominiert. Der Antrag an das Nobelkomitee soll von Vertretern Norwegens eingereicht gewesen sein. Ein Aprilscherz?

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

COMMENTS