Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grennell, bestätigte die Absicht Washingtons, neue Sanktionen gegen das Nord Stream-2-Projekt zu verhängen. Das sagte er in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit dem Handelsblatt.
„Weitere Sanktionen treffen auf überparteiliche Zustimmung“, berichtete er. „Trotz des Wahlkampfs könnte die Gesetzgebung schnell vorangehen“, sagte Grenell.
Nach Angaben des Handelsblatts wollen die Amerikaner die Fertigstellung der Pipeline verhindern, wenn das nicht möglich ist, so doch die Inbetriebnahme von Nord Stream-2.
Grenell forderte die deutsche Regierung insgesamt auf, ihre Politik gegenüber Russland zu überprüfen. „Deutschland muss aufhören, die Bestie zu füttern, während es nicht genug für die NATO zahlt“, sagte er.
Wie die Sanktionen aussehen könnten, ist noch nicht bekannt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Amerikaner sie den Firmen, die die Pipeline mit Spezialgeräten warten, auferlegen, heißt es in der Veröffentlichung.
Die deutsche Regierung hat bereits auf die Äußerungen Grenells reagiert. „Die Zeit, in der die Corona-Pandemie die Länder rund um den Globus unter gewaltigen Druck setzt, ist nicht die Zeit, um an der Eskalationsspirale zu drehen und weitere extraterritoriale, also völkerrechtswidrige Sanktionen anzudrohen“, sagte die Sprecherin von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).
Die Nord Stream 2 AG erklärte, dass die Androhung von Sanktionen ein übliches Mittel der US-Politik sei und erinnerte daran, dass die Europäische Kommission „diese Sanktionen als Verstoß gegen das Völkerrecht“ bezeichnete. „Als Projektentwickler verweisen wir auf die Europäische Kommission, die diese Sanktionen als Verstoß gegen internationales Recht bezeichnet.“
„Sowohl Nord Stream 2 als auch die Unternehmen, die unser Projekt unterstützen, sind davon überzeugt, dass die frühzeitige Inbetriebnahme der Pipeline im Interesse der Energiesicherheit in Europa, der europäischen Verbraucher, der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der EU und der Klimaschutzverpflichtungen liegt“, sagte der Vertreter des Betreibers.
Im Bundestag wächst der Frust über das Agieren der USA. „Es geht den Amerikanern einzig und allein darum, ihr Fracking-Gas zu verkaufen. Die Bedingungen dafür sind wegen des Preisverfalls auf den Weltgasmärkten schwieriger geworden, darum machen die USA jetzt wieder mehr Druck“, schimpft Timon Gremmels, Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für Nord Stream 2.
In Deutschland hat Nord Stream 2 aber auch Gegner. Teilen der Unionsfraktion ist das Vorhaben weiterhin nicht ganz geheuer. „Ich verstehe, dass angesichts der persönlichen Interessen des früheren SPD-Bundeskanzlers Schröder bei Nord Stream 2 der Argwohn unserer Partner groß ist“, sagte CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt. „Hier müssen wir weiter Überzeugungsarbeit in der EU und in der NATO leisten.“
[hrsg/russland.NEWS]

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