Der russische Präsident Wladimir Putin kündigte bei einem Gespräch mit dem renommierten Regisseur Alexander Sokurow während der jährlichen Sitzung des Präsidialen Rates für Menschenrechte an,
ihn anrufen zu wollen, um die Haltung des Staates gegenüber künstlerischem Schaffen zu erörtern.
Sokurow, Mitglied des Menschenrechtsrates, warnte, dass das Land in eine „absolute Sackgasse“ geraten werde, wenn der Staat seine Herangehensweise an die Arbeit mit kreativen Menschen, insbesondere jungen Menschen, nicht ändere. Heute gingen die Studenten der Kunsthochschulen „mit gesenkten Köpfen”, aus Angst, dass ihre Werke verboten werden könnten, erklärte er. Er äußerte die Meinung, dass der Film „Ballade vom Soldaten” heute sofort verboten würde, wenn er gedreht würde.
„Da kann ich Ihnen nur schwer zustimmen. Die Ballade vom Soldaten handelt von der Liebe zum Vaterland und zur Mutter. Wie hätte man das nicht veröffentlichen können? Natürlich hätte man den Film veröffentlicht! Solche Filme brauchen wir auch heute noch“, versicherte der Präsident und erklärte sich bereit, die Situation zu untersuchen.
Sokurow beklagte sich auch darüber, dass ihm bereits zum wiederholten Mal ohne Angabe von Gründen die Erteilung von Verleihgenehmigungen für seine Filme verweigert wurde. „Das ist schade. Bitte sagen Sie mir – aber nicht jetzt, wir telefonieren später, ich rufe Sie an, wir reden darüber –, was genau an Ihren Werken verboten ist. Das ist seltsam“, reagierte Wladimir Putin. Sokurow sei Mitglied des Menschenrechtsrats und jegliche Diskriminierung ihm gegenüber „einfach inakzeptabel“ sei.
Darüber hinaus forderte der Regisseur auf, die Praxis inoffizieller Verbote aufzugeben und den Dialog mit der Kunstszene wieder aufzunehmen. Seinen Worten zufolge seien alle staatlichen Beschränkungen der Kunst in der Geschichte stets „von vornherein zum Scheitern verurteilt“ gewesen.
Bereits in seiner ersten Rede im Jahr 2021 vor dem Menschenrechtsrat des Präsidenten hatte der Regisseur deutliche Worte gefunden. Damals ging es um Beschränkungen für den Zugang zu höherer Bildung: „Sie haben einmal gesagt: ‚Wozu brauchen wir eine Welt, in der es Russland nicht gibt?‘ Wozu brauchen wir einen Staat, in dem es keine Möglichkeit gibt, eine Ausbildung zu erhalten? Wozu brauchen wir ihn?“
Im Oktober 2023 lehnte das russiche Kulturministerium die Erteilung einer Vorführgenehmigung für Alexander Sokurows Film Märchen (Skazka) ab. Das Ministerium gab keine Gründe für die Ablehnung an, sondern beschränkte sich auf einen Verweis auf einen Unterpunkt g von Punkt 18 der Regeln für die Erteilung, Verweigerung und den Entzug von Kinofilmzulassungen, die 2016 von der Regierung verabschiedet wurden. Diese Regelung sieht die Möglichkeit vor, die Erteilung einer Zulassung in „anderen, durch föderale Gesetze festgelegten Fällen“ zu verweigern.

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