Dokument von 1991 gefunden: „Wir können Polen und anderen keine Nato-Mitgliedschaft anbieten“ [mit Video]

Dokument von 1991 gefunden: „Wir können Polen und anderen keine Nato-Mitgliedschaft anbieten“ [mit Video]

Das deutsche Magazin Der Spiegel hat über die Entdeckung eines Archivdokuments berichtet, das die Version der russischen Behörden untermauert, wonach der Sowjetunion bei der Wiedervereinigung Deutschlands versprochen wurde, dass die Nato nicht nach Osten expandieren würde. Der russische Präsident Wladimir Putin hat dazu mehrfach erklärt, Moskau sei von den westlichen Ländern „hinters Licht geführt und dreist getäuscht“ worden, als sie versprachen, das Nordatlantische Bündnis werde sich „keinen Zentimeter nach Osten erweitern“. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg beteuerte stets, dass niemand solche Versprechungen gegenüber der Sowjetunion gemacht habe.

Das Dokument wurde, wie der Spiegel berichtet, von Joshua Shifrinson, einem amerikanischen Politikwissenschaftler und Professor an der Universität Boston, im britischen Nationalarchiv gefunden. Das Dokument war als „geheim“ eingestuft, wurde dann aber freigegeben.

Es geht um das Protokoll eines Treffens der Politischen Direktoren der Außenministerien der Vereinigten Staaten, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands, das am 6. März 1991 in Bonn stattfand. Thema war, wie man die Stabilität und Sicherheit in Mittel- und Osteuropa mit Hilfe von bilateralen Abkommen mit den Ländern der Region und im Rahmen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) stärken kann.

Der Warschauer Pakt verlor damals seine Konturen und Politiker einiger Blockstaaten signalisierten den westlichen Ländern ihr Interesse an einem Nato-Beitritt. Wie Der Spiegel anmerkt, geht aus dem Dokument jedoch klar hervor, dass sich die Briten, Amerikaner, Deutschen und Franzosen einig waren, dass deine Nato-Mitgliedschaft der Osteuropäer „inakzeptabel“ sei.

Jürgen Chrobog, damals Bonns Vertreter aus dem Auswärtigen Amtes, formulierte es laut Vermerk so: „Wir haben in den Zwei-plus-vier Verhandlungen deutlich gemacht, dass wir die Nato nicht über die Oder hinaus ausdehnen. Wir können daher Polen und den anderen keine Nato-Mitgliedschaft anbieten.“ Diese Position sei Chrobog zufolge mit Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher abgestimmt worden.

US-Vertreter Raymond Seitz stimmte laut Vermerk Chrobog zu und sagte: »Wir haben gegenüber der Sowjetunion klargemacht – bei Zwei-plus-vier wie auch anderen Gesprächen – dass wir keinen Vorteil aus dem Rückzug sowjetischer Truppen aus Osteuropa ziehen werden… Die Nato soll sich weder formal noch informell nach Osten ausdehnen.«

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte wiederholt betont, dass der Sowjetunion bei den Verhandlungen über die deutsche Wiedervereinigung versprochen worden sei, dass die Nato nicht erweitert werde. So sagte er auf einer großen Pressekonferenz im Dezember 2021: „Nicht einen Zentimeter nach Osten“, hieß es in den 1990er Jahren. Na und? Sie haben einfach dreist getäuscht.“

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg reagierte damals, dass das Nordatlantische Bündnis „nie versprochen hat, nicht zu expandieren“. In einem Interview mit dem Spiegel sagte er: „Es hat nie ein solches Versprechen gegeben, es hat nie einen solchen Hinterzimmer-Deal gegeben, das ist einfach nicht wahr“.

Wie im aktuellen Spiegel-Artikel dargelegt, lässt das freigegebene Dokument Zweifel an den Aussagen von Jens Stoltenberg und denjenigen aufkommen, die behaupteten, dass Moskau keine Zusagen bezüglich der NATO gemacht wurden.

[hrsg/russland.NEWS]

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