Deutscher Botschafter Lambsdorff in russisches Außenministerium bestellt

Deutscher Botschafter Lambsdorff in russisches Außenministerium bestellt

Am 21. Oktober verkündete der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius die bevorstehende Eröffnung eines multinationalen Marinehauptquartiers für Operationen in der Ostsee. Laut Pistorius wird das Hauptquartier eine wesentliche Funktion bei der Erstellung von Zusammenfassungen der militärischen Lage in der Region einnehmen.

Am 22. Oktober wurde der deutsche Botschafter in Russland, Alexander Lambsdorff, in das russische Außenministerium einbestellt. Das Ministerium protestierte gegen die Einrichtung eines NATO-Hauptquartiers für das Seekommando in Ostdeutschland.
Das russische Außenministerium gab zu verstehen, dass die Ausweitung der militärischen Infrastruktur der NATO auf das Territorium der ehemaligen DDR mit äußerst negativen Folgen verbunden sei und nicht ohne eine angemessene Antwort von russischer Seite bleiben werde.

Das Außenministerium bekundete, dass die Maßnahmen der deutschen Behörden eine Fortsetzung des Kurses der schleichenden Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs sowie der Militarisierung des Landes darstellten. Des Weiteren wurde seitens des russischen Außenministeriums dargelegt, dass die Einrichtung des Hauptquartiers gegen den Vertrag über die endgültige Regelung in Bezug auf Deutschland („Vertrag 2+4“) verstößt, welcher die Stationierung ausländischer Truppen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nicht erlaubt.

Weiterhin äußerte das russische Außenministerium, dass nicht nur in den europäischen Hauptstädten, sondern auch in Washington eine „historische Amnesie“ zu beobachten sei. Das Ministerium führte aus, dass die ehemaligen Verbündeten der Anti-Hitler-Koalition nicht nur die Verletzung des Vertrags durch Deutschland zugelassen, sondern sich dadurch ebenfalls mitschuldig gemacht hätten.

Lambsdorff sieht kein Problem

In seinem Gespräch im Außenministerium der Russischen Föderation, zu dem Botschafter Graf Lambsdorff einbestellt wurde, hat der Botschafter die deutsche Haltung in aller Klarheit dargelegt:

„Die Umwandlung des deutschen maritimen Führungsstabs in Rostock in die „Commander Task Force Baltic“ steht im Einklang mit dem 2+4-Vertrag. Der Führungsstab wird künftig einen Beitrag zu den NATO Readiness Forces leisten und, wie bisher auch, sowohl aus deutschen Soldatinnen und Soldaten als auch aus ausländischen Austausch- und Verbindungsoffizieren bestehen.

Die Zuordnung von deutschen Streitkräfteverbänden unter die Strukturen der NATO ist gemäß des 2+4-Vertrags auch im Gebiet der damaligen DDR und Berlins ausdrücklich zulässig (Artikel 5 Absatz 3 Satz 1). Die Umwandlung des Führungsstabs in Rostock ist eindeutig unterhalb der Schwelle des Artikel 5 Absatz 3 Satz 3 des 2+4-Vertrags, der die Stationierung oder Verlegung ausländischer Streitkräfte im Gebiet der damaligen DDR und Berlins untersagt. Die Einzelabstellung von Personal anderer NATO-Mitgliedstaaten im Rahmen der hier in Rede stehenden internationalen Zusammenarbeit, bei der ausländische Austausch- und Verbindungsoffiziere in eine deutsche Dienststelle integriert werden und daher unter der Führung der Bundeswehr stehen, sind vom 2+4-Vertrags nicht erfasst.“

Im weiteren Gespräch sprach der Botschafter auch die Berichte über eine mutmaßliche Entsendung von Angehörigen der Demokratischen Volksrepublik Nordkorea nach Russland an. Sollten diese Berichte zutreffen, verurteilte der Botschafter diese weitere militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und der Demokratischen Volksrepublik Nordkorea aufs Schärfste.

Botschafter Graf Lambsdorff nutzte ebenfalls die Gelegenheit, um erneut gegen die völlig ungerechtfertigte Einstufung der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) als „extremistische Organisation“ zu protestieren und die russische Seite mit Nachdruck aufzufordern, diese so schnell wie möglich zurückzunehmen. In einer Verbalnote machte die deutsche Seite deutlich, dass die DGO seit vielen Jahrzehnten eine der wichtigsten Organisationen der Osteuropakunde in Deutschland und darüber hinaus ist. Die DGO hat wesentlich dazu beigetragen, in Deutschland die Grundlagen für die Politik der Verständigung mit der Sowjetunion und für die langjährigen gutnachbarschaftlichen Beziehungen zu deren Nachfolgestaaten zu schaffen.

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