Ist das Fliegen in Russland gefährlich geworden?

Ist das Fliegen in Russland gefährlich geworden?

Nach dem Absturz des Flugzeugs vom Typ Antonow An-24 in der Nähe von Tynda im Juli 2025 sahen sich russische Behörden dazu veranlasst, eine Untersuchung von 51 regionalen Fluggesellschaften einzuleiten, um die Sicherheitsstandards in einer Branche zu verbessern, in der es ihrer Meinung nach zu einem Anstieg der Todesfälle kommt. Kürzlich haben die Behörden die Fluggesellschaft Angara Airlines vom Flugbetrieb ausgeschlossen.

Doch während die Sanktionen den russischen Luftverkehrssektor aufrütteln, scheint laut Experten und Branchenbeobachtern der auffälligere Trend ein Anstieg technischer Zwischenfälle zu sein und nicht die Zahl der Todesfälle.

Daten der deutschen Flugsicherheitsfirma Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre
(JACDEC), die der Moscow Times vorliegen, zeigen, dass die Zahl der Todesfälle im russischen Luftverkehr in den letzten Jahren nicht nennenswert gestiegen ist.

Tatsächlich sind die sogenannten „Hull Losses“, also die vollständige Zerstörung eines Flugzeugs, relativ konstant geblieben, während „schwere Zwischenfälle“ nur einen leichten Anstieg verzeichneten. Die Daten von JACDEC umfassen Zwischenfälle mit zivilen Flugzeugen, die mehr als 5,7 Tonnen wiegen oder mindestens 19 Sitzplätze haben.

Zunehmend auftreten tun hingegen geringfügige Sicherheitsverstöße, die von Motorausfällen, Bränden und Kollisionen bis hin zu Fehlern beim Start und bei der Landung reichen.

„Wir beobachten zwar einen Anstieg technischer Zwischenfälle, die auf einen Mangel an Lieferketten und zertifizierten Ersatzteilen wie Avionik, Carbonbremsen oder Triebwerksturbinenteilen zurückzuführen sind und die Zuverlässigkeit der Flugpläne beeinträchtigen. Aber nicht in einem Ausmaß, dass Flugzeuge tatsächlich abstürzen“, sagte der CEO von JACDEC.

Das Fehlen eines klaren Trends bei den Todesfällen im Luftverkehr untergräbt die offizielle Darstellung, dass diese Zahl steige.

Allerdings deuten die Zahlen darauf hin, dass die Auswirkungen der Sanktionen – insbesondere der Mangel an Ersatzteilen für die Reparatur von Flugzeugen – die heimische Luftfahrt weiterhin belasten und Flugreisen offenbar immer unsicherer werden.

Inspektionen könnten ein Versuch sein, eine besorgte Öffentlichkeit zu beruhigen und sicherzustellen, dass die schwindende Zahl der einsatzfähigen Flugzeuge des Landes flugtauglich ist, so Experten.

Die Daten von JACDEC zeigen zwar einen Anstieg der Todesfälle im Luftverkehr von 2022 bis zum laufenden Jahr, doch das Gesamtbild ist komplexer.

Tatsächlich ist die durchschnittliche Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Flugzeugen in Russland in den letzten zehn Jahren mit etwa 30 pro Jahr relativ konstant geblieben. Betrachtet man diesen Zeitraum, so scheinen die letzten drei Jahre nichts Ungewöhnliches zu sein.

Die Daten von JACDEC zeigen, dass die tödlichste Periode für die russische Luftfahrt zwischen 2000 und 2010 war. In diesem Zeitraum kam es zu einer Reihe von Unfällen mit hohen Opferzahlen, wodurch sich der Jahresdurchschnitt auf 71 Todesfälle belief.

Die Ursache für den Absturz der Antonow im Juli ist weiterhin unklar. Ermittler prüfen Berichten zufolge sowohl Pilotenfehler als auch technische Fehlfunktionen, die mit Sanktionen in Verbindung stehen könnten, als mögliche Ursachen.

Ältere Flugzeuge sind anfälliger für technische Probleme. Seit 2022 ist in den Daten ein Anstieg sowohl kleinerer als auch schwerwiegender Zwischenfälle mit durchschnittlich 66 pro Jahr unverkennbar.

Laut JACDEC gab es bis Oktober 2025 bereits mehr als 60 solcher Vorfälle. Ein Teil des Anstiegs ist auf die größere Transparenz der öffentlich zugänglichen Quellen zurückzuführen, die JACDEC zur Erstellung seiner Datenbanken nutzt.

Diese Erkenntnisse scheinen sich in den eigenen regulatorischen Daten Russlands zu widerspiegeln: Das Interstate Aviation Committee (IAC), das Flugzeugunfälle in Russland und den Nachbarländern erfasst, hat seit Kriegsbeginn keinen nennenswerten Anstieg der Unfälle gemeldet, und in den letzten Jahren scheint die durchschnittliche Zahl der Verletzten und Todesopfer zurückgegangen zu sein.

„Betrachtet man die Daten des IAC von 2023 bis 2024, so gibt es branchenweit keinen signifikanten Anstieg in Bezug auf eine deutliche Verschlechterung der Sicherheit”, sagte ein US-Professor, der sich mit der russischen Luftfahrt befasst.

Russlands marktbeherrschende Fluggesellschaft Aeroflot nimmt im Ranking Ranking der sichersten Airlines weltweit den 25. Platz ein.

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