Der Sicherheitsdienst des russischen Messengers MAX sperrte im September 105.000 verdächtige Konten. Außerdem wurden mehr als 350.000 als bösartig erkannte Dateien gelöscht. Zudem seien im September neun Betrüger festgenommen wurden, die über den Messenger Geld gestohlen haben und „seit langem” in verschiedenen russischen Städten aktiv waren, teilte der Pressedienst der Plattform mit.
Damit verbreitet sich jetzt auch bei MAX eine Praxis, die zuvor bei Betrügern in WhatsApp beliebt war: das Vermieten von Benutzerkonten. Bis zu tausend solcher Anzeigen werden täglich in Schattenforen veröffentlicht und der Preis für den „Service” liegt zwischen 10 und 250 Dollar. Die Betrüger bieten ihren Opfern an, ihre Telefonnummer und den Code für die Autorisierung im Messenger zu übergeben und zahlen im Gegenzug für jede Stunde, in der das Konto genutzt wird.
Auch das russische Innenministerium hat auf das Problem aufmerksam gemacht und davor gewarnt, dass betrügerische Callcenter bereits gemietete Konten nutzen, um Anrufe an Russen zu tätigen.
Im August hatte das MAX-Sicherheitszentrum rund 67.000 verdächtige Konten blockiert und mehr als 13.000 bösartige Dateien gelöscht, so der Pressedienst des Messengers. Der häufigste Grund für die Sperrung waren Spam-Versuche, fügte er hinzu. In Zusammenarbeit mit „automatisierten Systemen“ von Kaspersky Lab und der Antibetrugstechnologie von der Bank Sber versucht das MAX-Team „verdächtige Transaktionen und Anrufe zu identifizieren“.
Neun Prozent aller betrügerischen Anrufe seien auf MAX zurückzuführen, so der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Sberbank Anfang September auf dem Eastern Economic Forum. Betrachtet man das Basisszenario, so wird der Anteil betrügerischer Anrufe über MAX moderat ansteigen – um etwa 0,3 bis 0,5 Prozent pro Monat –, so Pavel Kowalenko, Leiter eines Betrugsbekämpfungszentrums. Seiner Schätzung nach könnte der Anteil bis Ende nächsten Jahres von derzeit 9 Prozent auf 15–18 Prozent steigen.
Was die Zahl der Sperrungen betrifft, könnte es sich um 150.000 bis 170.000 verdächtige Konten pro Monat handeln. „In einem aggressiven Szenario ist der Anstieg noch höher: Bis Ende 2025 könnte der Anteil der Anrufe über MAX 20–22 Prozent erreichen. In diesem Fall wird die Zahl der Sperrungen im System etwa 250.000 bis 300.000 pro Monat betragen”, so der Experte.
Doch selbst mit der Beteiligung großer Auftragnehmer, die sich mit der Prüfung und dem Testen des Systems befassen, sind neue Versionen des Messengers stets mit technischen Störungen und der Entdeckung neuer Schwachstellen verbunden. Internen Berichten aus dem russischen Digitalministerium zufolge werden Hunderte Millionen Rubel für Werbekampagnen ausgegeben, die das negative Image des Dienstes mildern sollen.
Der nationale Messenger erhält deutlich mehr Budgetmittel als andere russische Plattformen, doch die Effizienz der Investitionen bleibt äußerst gering. Angesichts einer realistischen Einschätzung der finanziellen Verluste und Reputationsschäden könne MAX als „bodenloses Loch” und „gescheitertes Projekt“ bezeichnet werden. Die Nutzer löschen die App massenhaft und „es wird immer schwieriger, die Erfolgsstatistiken zu beschönigen”, behaupten Insider.
Bis Ende 2025 könnte das Werbevolumen im MAX-Messenger 600 Millionen Rubel erreichen. Die Zahl der Kanäle auf MAX könnte auf 10.000 bis 20.000 anwachsen, aktuell gibt es jedoch nur etwa 170 Kanäle mit 1.000 bis 60.000 Abonnenten, von denen die Hälfte staatliche Medien, Fernsehkanäle und Agenturen sind, schrieb die russische Zeitung Kommersant Anfang September.
Doch trotz des Wachstums der Werbebudgets liegt die MAX-Plattform immer noch deutlich hinter anderen Plattformen wie Telegram (das Wachstum wird bis zum Ende des Jahres 50 Prozent betragen, was 12,4 Milliarden Rubel entspricht) und YouTube (das Wachstum wird 23 Prozent betragen, was 24,7 Milliarden Rubel entspricht).
Igor Demidow, Generaldirektor der Digitalagentur D-Agency, zählt all das auf, was die Plattform für Werbetreibende derzeit „kaum attraktiv“ macht: „Ein kleines Publikum, das hauptsächlich aus staatlichen Kanälen besteht, fehlende Analysetools und Bedenken hinsichtlich der Sicherheit persönlicher Daten.“
Der russische Untersuchungsausschuss dürfte mit MAX zufrieden sein. Die in den Messenger integrierte Überwachung habe in nur sechs Monaten seit Bestehen des Projekts Hunderte von Nutzern aufgedeckt, die sich „negativ über die Regierung und die Streitkräfte geäußert haben“. Damit ist der Messenger zum „persönlichen Assistenten” der Sicherheitskräfte geworden ist – während bis März 2025 nur etwas mehr als 600 Fälle wegen Diskreditierung eingeleitet wurden, hat diese Zahl dank der Überwachung in MAX bereits die Tausendermarke überschritten und steigt weiter an.
Selbst Dmitri Peskow fehlen die Worte zum holprigen Start des Kreml-Projekts, das Russen vor Kriminalität schützen sollte. „Ich verstehe einfach nicht, was der Unterschied ist. Denn Betrüger benutzen sowohl Telegram als auch MAX“, so Sprecher des russischen Präsidenten.
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