Teil 2/2 Merkel Interview: Polen und baltischen Staaten haben Ukrainekonflikt provoziert

Die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin sagte, Polen, Estland, Lettland und Litauen hätten die diplomatischen Verhandlungen mit Russland im Jahr 2021 gestört. Dies habe indirekt zum Beginn des militärischen Konflikts in der Ukraine beigetragen. Zudem sagte Angela Merkel, einer der Faktoren, die zum Ausbruch der Feindseligkeiten in der Ukraine führten, sei die Coronavirus-Pandemie im Jahr 2020 gewesen.

„Im Juni 2021 hatte ich das Gefühl, dass Putin die Minsker Vereinbarungen nicht mehr ernst nimmt”, so Merkel. Sie schlug vor, ein neues Verhandlungsformat im Namen der Europäischen Union zu schaffen, doch nicht alle unterstützten diese Initiative. Vor allem die baltischen Staaten und Polen waren dagegen. Sie hätten im Jahr 2021 direkte Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und Russland abgelehnt. Die ehemalige Bundeskanzlerin ist überzeugt, dass das Fehlen solcher Kontakte die weitere Entwicklung beeinflusst hat.

Und da der russische Präsident Wladimir Putin während der Corona-Pandemie niemanden treffen wollte, war es unmöglich, die Meinungsverschiedenheiten mit ihm persönlich zu besprechen. „Wenn man sich nicht treffen kann, wenn man Differenzen nicht persönlich besprechen kann, kann man keine neuen Kompromisse finden”, erklärte Merkel in einem Interview mit dem ungarischen Fernsehsender Partisan.

Estland und Polen haben die Ansichten der deutschen Politikerin umgehend kritisiert. Der estnische Parlamentarier Marko Mihkelson bezeichnete ihre Vorwürfe gegen die baltischen Staaten und Warschau als als „neuen Tiefpunkt“. Der Vorgang „werfe leider einen Schatten auf Merkels gesamte Amtszeit“.

Polens Ex-Premier Mateusz Morawiecki bezeichnete die ehemalige Bundeskanzlerin nach ihrer Aussage als „eine der schädlichsten deutschen Politikerinnen für Europa im letzten Jahrhundert” und ihr Interview als „gedankenlos”.

Aus Lettland kamen noch schärfere Worte: „Merkel klingt wie eine russische Einflussagentin.“ Ihre Vorwürfe seien „absurd“ und „unanständig“, da sie selbst „Russlands unverhohlene Aggression mit neuen Pipelines belohnt“ habe.

Kremlsprecher Peskow reagierte auf Merkels Worte gegenüber dem Nachrichtenportal RBK, hier werde „deutlich, dass die EU und Brüssel in vielen außenpolitischen Fragen Geiseln der unverfrorenen Politik der baltischen Staaten sind. Man kann sich vorstellen, dass Frau Merkel in dieser Hinsicht Recht hat“.

Angela Merkel war vom 22. November 2005 bis zum 8. Dezember 2021 Bundeskanzlerin von Deutschland. In dieser Zeit traf sie mehrmals persönlich mit Wladimir Putin zusammen, unter anderem bei zahlreichen Besuchen in Russland. Bei ihrem letzten Gespräch im Jahr 2021 ging es unter anderem um die Ukraine-Krise.

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