Zusammenfassung der Rede Medwedews auf der MSC

Der erste Kalte Krieg endete vor 25 Jahren. Im Jahr 2007 hat Putin die doppelten Standards und politischen Stereotypen beklagt, die für Spannungen sorgten.

Es ist seit damals aber nicht besser, sondern schlechter geworden: Das Konzept eines größeren Europas hat sich nicht durchgesetzt, die Konflikte in Nah-Ost und Afrika sind größer geworden, die Wirtschaft schwächelt, Flüchtlingsströme treiben Europa an den Rand des Kollaps, die Beziehungen Europas zu Russland sind schlecht und in der Ukraine herrscht Bürgerkrieg.

Ein intensiver Dialog wäre dringend notwendig, aber die Möglichkeiten, einen solchen zu führen, wurden abgeschnitten. Der vorgeschlagene Europäische Sicherheitsvertrag wurde auf Eis gelegt. Die Idee eines Russland-EU-Ausschuss für Außen- und Sicherheitspolitik, die mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel diskutiert wurde, ist nicht verwirklicht worden.

Die NATO-Politik gegenüber Russland bleibt unfreundlich und ist allgemein verstockt. Ein neuer Kalter Krieg ist in Sicht und Russland wird vom Westen als derartig aggressiv hingestellt, dass man sich fragt, ob wir im Jahr 1962 oder 2016 leben. Die überwunden geglaubten, grenzüberschreitenden Bedrohungen und Herausforderungen sind mit neuen Stärke zurückgekehrt.

Absolut eigennützig werden internationale wirtschaftliche Regeln geändert, wie geschehen im Fall Ukraine – IWF. Die Globalisierung, die eigentlich helfen sollte, sorgt dafür, dass schon kleinere Anlässe ganze Märkte trifft.  Der Energiemarkt bleibt äußerst instabil. Wirtschaftlicher Druck in Form von Sanktionen wird verstärkt angewendet, Entscheidungen werden willkürlich und manchmal in Verletzung des Völkerrechts getroffen. Dies untergräbt die Grundlagen der internationalen Wirtschaftsorganisationen, darunter die Welthandelsorganisation. Dies ist ein Weg ins Nirgendwo. Jeder wird leiden.

Es ist äußerst wichtig, gemeinsam ein neues globales System zu stärken, um die Grundsätze der Effektivität und Fairness, Marktöffnung und Sozialschutz zu kombinieren.

Europäische Politiker dachten, dass die Schaffung eines sogenannten Gürtels von befreundeten Ländern an der Außengrenze der EU zuverlässig Sicherheit garantieren würde. Aber sie haben jetzt keinen Gürtel von befreundeten Ländern, sondern eine Sperrzone mit lokalen Konflikten und wirtschaftlichen Schwierigkeiten sowohl an den Ostgrenzen (Ukraine und Moldawien) als auch an der südlichen Grenze (im Nahen Osten und Nordafrika, Libyen und Syrien).

Das Minsker Abkommen wird von der Ukraine nicht umgesetzt: die Feuerpause wird nicht eingehalten, an der Kontaktlinie wird geschossen, die vereinbarte Verfassungsreform wird nicht umgesetzt, die Übergangsbestimmungen für den Donbass wurden nicht geschaffen, ebenso das Amnestie- und das Wahlgesetz. Zehntausende Menschen leben am Rand einer humanitären Katastrophe, was Russland mehr besorgt macht als die Ukraine. Russland kann aber nicht für die Fehler und Versäumnisse der Ukraine haftbar gemacht werden.

Es gibt keine Alternative zu einem interethnischen und interreligiösen Dialog in Syrien. Wir müssen das gesamte Syrien im heutigen vereinigten Zustand bewahren und eine Auflösung aus  konfessionelle Gründen verhindern. Es darf kein neues Libyen, Jemen oder Afghanistan geben.

Terrorismus ist ein länderübergreifendes System, es gibt keinen gemäßigten und extremistischen Terror. Trotz der stattgefunden Attentate wurde von westlicher Seite die Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste beschnitten, was lächerlich ist. Selbst westliche Experten gestehen, dass eine Sicherheit ohne Russland nicht möglich ist.

Das anderen Ländern übergestülpte westliche Demokratiemodell hat zur Destabilisierung und Verarmung vieler Länder, sogar ganzer Zonen der Welt geführt. Es hat zu Flüchtlingsströmen geführt, die selbst das Schengener Abkommen zu zerstören drohen, was sehr schade ist.

Die meisten Probleme gibt es aber nicht erst seit gestern. Vor 40 Jahren war die Situation schlimmer als heute, trotzdem kam es zur Schlussakte von Helsinki. Die Architektur der europäischen Sicherheit wurde nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges geschaffen, muss noch einmal eine Katastrophe geschehen, damit wir begreifen, dass Zusammenarbeit notwendig ist?

„Ich möchte John F. Kennedy zitieren „Innenpolitik kann uns nur besiegen; Außenpolitik kann uns töten.“ In den frühen 1960er Jahren stand die Welt an der Tür einer nuklearen Apokalypse, aber die beiden rivalisierenden Kräfte fand den Mut, zuzugeben, dass keine politische Konfrontation Menschenleben wert war.

Ich glaube, dass wir klüger und erfahrener und verantwortlich geworden sind. Und wir werden nicht durch ideologische Phantome und Stereotypen unterteilt. Ich glaube, dass die Herausforderungen, denen wir heute gegenüberstehen, nicht zu Konflikten führen werden, sondern uns anregen, gemeinsam zu einer fairen und gleichberechtigten Vereinigung zu kommen, die uns Frieden für weitere 70 Jahre bringt, mindestens.“
(Hanns-Martin Wietek/russland.ru)

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