WM 2018: Neuer FIFA-Boss inspiziert Russland

[Von Michael Barth] – Der Nachfolger Joseph Blatters, der 46-Jährige Gianni Infantino, hat seine erste Dienstreise nach Russland angetreten. Der Schweizer zeigte sich begeistert. Man könnte schon fast sagen, er übte sich in überschwänglicher Lobhudelei über den derzeitigen Stand der Vorbereitungen beim Ausrichter der nächsten Fußball-Weltmeisterschaft.

„Das Land hat fantastische Arbeit geleistet. Ich sehe Fortschritt und leidenschaftlichen Einsatz“, so der verzückte Infantino. Zwar sei noch einiges zu tun, aber er sähe die Arbeit in die richtige Richtung laufen. Das Land habe fantastische Arbeit geleistet. Und er lehnt sich sogar noch weiter aus dem Fenster, wenn er hervorhebt: „Ich bin überzeugt, das wird die beste WM überhaupt“. Dem russischen Sportminister Witali Mutko müssen bei diesen Sätzen die Ohren geklingelt haben.

Allerdings, und das ist der kleine Pferdefuß bei der ganzen Angelegenheit, man hatte dem FIFA-Chef nur Moskau und die Baustelle des Luschniki-Stadions gezeigt, in dem am 15. Juli 2018 das Endspiel stattfinden wird. Regelrecht angetan von diesem Tempel sprach Gianni Infantino von einer „Atmosphäre, bei der man den Fußball richtig spüren kann. Dieses Stadion ist eine Bühne und genau der richtige Ort für ein Finale“.

Die ursprünglichen Pläne sahen zuerst vor, die Kapazität des Luschniki auf 90.000 Plätze zu erweitern. Dem allerdings schob der Denkmalschutz frühzeitig einen Riegel vor. So blieben für die WM-Endrunde „nur“ 81.000 Zuschauer als Kontingent für die Arena übrig. Auch andere kleine Pannen musste Witali Mutko einräumen. So kam es unter Anderem im Oktober letzten Jahres aus ungeklärten Ursachen zu einem Brand auf der Großbaustelle. Aber auch Mutko schwärmt unisono vom „tollen Fortschritt der Vorbereitungen“.

Der Sportminister liefere ja auch Informationen, äußerte er gegenüber der Nachrichtenagentur Tass. Alle drei Monate schreibe er einen Lagebericht an den russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin.

Es mag sich ein wenig nach Kalkül anhören, dass man den FIFA-Funktionär ausgerechnet auf die Vorzeige-Baustelle Luschniki-Stadion nach Moskau einlud. Das Pleiten, Pech und Pannen-Projekt auf der Kaliningrader „Insel“ hätte man ihm sicherlich nur äußerst schwer als Fortschrittlich verkaufen können. Dort ist man derzeit kaum weiter, als zu Beginn der Bauarbeiten.

Jedoch, bei allem Jubilare des neuen FIFA-Präsidenten darf man Russlands umstrittenen Sportminister Mutko nicht außer Acht lassen. Von Infantino auf die Situation der Menschenrechte angesprochen, erwiderte der Minister: „In Russland wird niemand diskriminiert. Wir sind ein offenes und demokratisches Land. Alle sind willkommen“. Der FIFA-Chef wird es ihm glauben müssen. War es doch schließlich das langjährige Mitglied im ehemaligen Fifa-Exekutivkomitee Mutko, der sich vehement für die Präsidentschaft Infantinos einsetzte.

[Michael Barth – russland.RU]

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