Wissenschaftliche Tagung zu Russlanddeutschen in Vergangenheit und Gegenwart

Dr. Oliver Schmidt Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Osnabrück

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu Beginn der neunziger Jahre kamen rund 2,4 Millionen Russlanddeutsche in die Bundesrepublik. Auf einer wissenschaftlichen Tagung am 18. und 19. November soll nun die Situation der Russlanddeutschen in Geschichte und Gegenwart näher beleuchtet werden.

Veranstalter der Konferenz „Russlanddeutsche in einem vergleichenden Kontext“ sind neben dem Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück das Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im Östlichen Europa (BKGE) Oldenburg sowie das Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen in Nordosteuropa e.V. (IKGN) in Lüneburg. Die Tagung findet in der Berliner Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund statt.

Über Jahrhunderte haben Deutsche die Geschichte, die Kultur und nicht zuletzt das soziale Gefüge des Russländischen Reichs, der Sowjetunion sowie ihrer Nachfolgestaaten mitgeprägt, und bis heute sind von dort Millionen Menschen als (Spät-)Aussiedlerinnen und Aussiedler nach Deutschland eingewandert. Russlanddeutsche sind somit integraler Bestandteil deutscher und (post-)sowjetischer Geschichte und Gegenwart. Dem gegenüber stehen eine relativ geringe Präsenz der Thematik im wissenschaftlichen Diskurs und ein lückenhaftes Wissen der Gesellschaft über die Russlanddeutschen.

Vor diesem Hintergrund wird die Tagung Forscher mit innovativen Forschungsansätzen zu russlanddeutschen Themen zusammenbringen und somit einen Diskussionskontext herstellen, in dem durch intensiven Austausch neue Perspektiven aufgezeigt werden können. Die Forschung zu den Russlanddeutschen soll dabei konsequent in breitere wissenschaftliche Kontexte eingeordnet werden. »Dies wird sowohl zur intensivierten Vernetzung von Forschern in diesem Feld als auch zur Erhöhung der nationalen und internationalen Sichtbarkeit des Themengebietes beitragen«, so der Osnabrücker Migrationsforscher Prof. Dr. Jannis Panagiotidis.

Zentral für dieses Anliegen ist der vergleichende Kontext, der sich auf andere Kolonistinnen und Kolonisten und Minderheiten im Russländischen Reich und der Sowjetunion sowie auch auf andere transnationale und transkontinentale Diaspora- und Einwandererbevölkerungen in der Bundesrepublik Deutschland bezieht. Neue Forschungsperspektiven lassen sich weiterhin insbesondere im Dialog mit Fächern wie etwa der osteuropäischen, der deutschen und der jüdischen Geschichte und aktuellen Forschungsansätzen wie der transnationalen Geschichte, der Verflechtungsgeschichte, der Global- und Kolonialgeschichte, der interdisziplinären Diasporaforschung sowie der historischen Migrationsforschung erschließen. Entwickelt werden sollen neue Sichtweisen auf die Russlanddeutschen nicht als in sich abgeschlossene und homogene „Volksgruppe“, sondern als Mitglieder globaler Netzwerke einer mehrfach „translokalen“ Diaspora, die durch den geographischen Bezug auf Deutschland wie auf Russland gekennzeichnet ist. Zugleich besitzt die russlanddeutsche (Migrations-)Geschichte das Potenzial, innovative Perspektiven zu den genannten Forschungsfeldern beizusteuern und somit ein integraler Bestandteil aktueller historischer und sozialwissenschaftlicher Diskussionen zu werden.

Neben zahlreichen Vorträgen auf der Tagung ist am 18. November um 19 Uhr eine öffentliche Podiumsdiskussion unter der Überschrift „Normalfall Migration?“ geplant. Teilnehmen werden Alina Bronsky (Schriftstellerin, Berlin), Viktor Krieger (Historiker, Heidelberg) sowie Jochen Oltmer (Migrationsforscher, Osnabrück); Die Moderation übernimmt die Stuttgarter Journalistin und Buchautorin Ulla Lachauer.

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