Wirtschaftsclub Russland: Keiner denkt ans Aufgeben

[Hartmut Hübner] Der Wirtschaftsclub Russland wird immer mehr zu einer Top-Adresse für deutsche und auch russische Wirtschaftsvertreter in Moskau und anderen Regionen der Föderation. Auch diesmal war der Konferenzraum im Business-Zentrum „Meeting-Point“ gegenüber dem Gebäude der Staatsduma bis auf den letzten Platz gefüllt. „Nach längerem Suchen haben wir mit diesem Business-Zentrum einen neuen Ort für unsere Veranstaltungen gefunden“, freute sich Karin von Bismarck, die Vorstandsvorsitzende des Wirtschaftsclubs Russland e.V. (www.wirtschaftsclubrussland.org) „Hier können wir problemlos einen Raum entsprechend dem Format der Veranstaltung finden. Und das Beste: Die Möglichkeiten des „Meeting Point“ können von allen Mitgliedern des Wirtschaftsclubs genutzt werden.“

Innovatione Diagnostik und Therapie

Das Thema des Abends war „Erfolgreiche Projekte in schwierigen Zeiten.“

Das erste Projekt, vorgestellt von Mirko Nowak, Geschäftsführer der Medicatus Holding AG, könnte geeignet sein, die russische Medizin aus ihrem Aschenputtel-Dasein herauszuholen. Auf 2500 m² im Gebäude des Nationalen Zentrums für Rehabilitation und Kurortologie am Neuen Arbat in Moskau bauten sein Unternehmen und Partner, einschließlich des russischen Ministeriums für Gesundheitsschutz, in nur acht Monaten ein Diagnostik-und Behandlungszentrum auf, das höchsten internationalen Ansprüchen genügt. „Dabei treten wir nicht als deutscher Betreiber auf, sondern will wollen mit dem Zentrum das hohe Niveau der russischen Diagnostik und Therapie demonstrieren, das durch die modernste Technik richtig zum Tragen kommt“, erklärte der Hamburger Unternehmer. Vor allem in der lmmunologie und der Genetik belege Russland inzwischen im internationalen Maßstab vordere Positionen. „Es gibt in diesen Bereichen in Russland einen großen Fundus von hervorragenden Ideen, aber es fehlen meist die Möglichkeiten zur Umsetzung. Das wollen wir verbessern.“ Das Zentrum, davon ist er überzeugt, wird in der so genannten personalisierten Medizin, die international noch vielfach am Anfang steht, Maßstäbe setzten.

Mit innovativen Verfahren, u.a. dem Einsatz von adulten Stammzellen, werden erfolgversprechende Therapieoptionen bei der Behandlung von Arthritis, onkologische Erkrankungen von Brust, Darm oder Haut, Autoimmmunerkrankungen, wie Psoriasis, Allergien oder Dermatitis, aber auch diabetische Folgeerkrankungen, die oft zu Amputationen führen, und ästhetische Operationen angeboten. Das Zentrum steht russischen und ausländischen Patienten zur Verfügung, ganz gleich, ob eine Krankenversicherung oder sie selbst die Leistungen bezahlen.“ Ist ein stationärer Aufenthalt erforderlich, beispielsweise bei der Rehabilitation, können die Patienten im angrenzenden Marriot-Hotel untergebracht werden, das über einen Durchgang mit dem Zentrum verbunden ist. In der kommenden Woche werden zwei deutsche Ärzte zu Hospitationen nach Moskau kommen. „Unser Zentrum ist bereits jetzt ein Erfolgsmodell und könnte in Zukunft nicht nur dazu betragen, dass russische Patienten nicht so häufig zu Diagnostik und Behandlung ins Ausland fahren, sondern auch, dass Patienten aus anderen Ländern zu uns kommen“, meinte Nowak.

Traktoren in der Erfolgsspur

Behauptung und Erweiterung des Marktanteils stehen im Mittelpunkt des zweiten vorgestellten Projektes. Dirk Seelig, Verkaufsdirektor und stellvertretender Generaldirektor der russischen Tochter OOO Claas Wostok des bekannten Landmaschinen-Herstellers, berichtete, wie das Unternehmen an dem vor der Krise und den Sanktionen begonnenen Bau eines Werkes in Krasnodar festhielt und im Herbst vergangenen Jahres dort mit 400 Mitarbeitern die Produktion von Traktoren, Mähdreschern und Feldhäckslern aufnahm. „Wir haben erst kürzlich erstmals Traktoren nach Sachalin geliefert, was für den guten Ruf unserer Erzeugnisse und des Services spricht.“ Die Lokalisierung der Produktion in Russland anstelle einer einfachen Montage bezeichnete er als notwendige strategische Entscheidung. „Damit vermeiden wir einen großen Teil des Währungsrisikos, auch wenn wir immer noch die Hälfte der Bauteile aus dem Westen beziehen. Aber die Nähe zu den Kunden ist ein wichtiges Verkaufsargument“, erläuterte der Manager. Derzeit bemühe man sich, als einheimischer Hersteller anerkannt zu werden, um die nicht unerheblichen staatlichen und regionalen Subsidien zu erhalten. „Die Kriterien dafür sind zwar passgenau auf unseren russischen Mitbewerber zugeschnitten, aber wir rechnen uns trotzdem Chancen aus. Immerhin haben wir es jetzt als erster ausländischer Hersteller geschafft, in das russische Leasingprogramm aufgenommen zu werden“. Das neue Werk in Krasnodar werde mit seinen umfangreichen Kapazitäten dazu beitragen.

In der Diskussion zeigte sich, dass auch andere deutsche Unternehmen in Russland vor ähnlichen Problemen stehen, aber für keinen ist der Ausstieg aus dem russischen Markt ein Thema.

Zu den nächsten Veranstaltungen des Wirtschaftsclubs Russland.e.V. gehören der 10. deutsch-russische Wirtschaftstag am 8.Juni in Berlin und der Wirtschaftskongress Russland und Neue Seidenstaße am 21. Juni in Frankfurt am Main.

(Hartmut Hübner/russland.RU)

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