Wir sind die Guten – Ansichten eines Putinverstehers

[Daria Boll-Palievskaya] Wer verstehen will, muss lesen. Das Buch „Wir sind die Guten. Ansichten eines Putinverstehers oder wie uns die Medien manipulieren“ stellt und beantwortet unangenehme, aber wichtige geopolitische Fragen

Es gibt Bücher, die schwierig zu rezensieren sind. Denn man muss sie einfach nur lesen. Das Werk von Mathias Bröckers und Paul Schreyer „Wir sind die Guten. Ansichten eines Putinverstehers oder wie uns die Medien manipulieren“ ist so ein Buch – präzise, akribisch  recherchiert, sachlich im Inhalt, leidenschaftlich im Ton. Die Autoren verstecken sich nicht hinter dem Spiel „einerseits, andererseits“, sondern beziehen klar und deutlich Position: sie wollen gegen „die Stimmungsmache“ des größten Teils der Medien vorgehen, die im Konflikt um die Ukraine „von ihrer Verpflichtung zur objektiver Information“ verabschiedet haben und „die Wirklichkeit als Schwarzweißfilm in eindeutiger Rollenverteilung in Gute (USA, EU und Nato) und Böse (Russland) präsentieren“.

Es werden unangenehme Fragen gestellt. Welche Interessen verfolgt die EU in diesem Konflikt wirklich? Warum wird Putin so massiv dämonisiert und Russland als Aggressor dargestellt? Kann man überhaupt von der Annektierung der Krim sprechen? Warum wird der Aufstieg des Milliardärs Petro Poroschenko (zu dessen Wirtschaftsimperium auch Rüstungsunternehmen gehören) an die Staatspitze im Westen als „demokratischer Fortschritt“ gefeiert?  Oder warum kann die amerikanische Chefdiplomatin Victoria Neuland dem USA Botschafter in Kiew direkte Anweisungen zum „Regime-Change“ diktieren? Wer beauftragte die Scharfschützen auf dem Maidan? Warum wurde der Absturz der MH17 sofort politisch instrumentalisiert, und statt nachdenkliche Berichte sich Schuldzuweisungen und „bellende Empörung“ über Putin breitmachten?

Die Journalisten nehmen kein Blatt vor den Mund, indem sie Antworten auf diese Fragen suchen. Wo es nicht analysiert werden darf, „da herrscht Ideologie“. Und es wird im Buch analysiert, aufgedeckt, Zusammenhänge werden hergestellt. Die Autoren schauen hinter die geopolitischen Kulissen und offenbaren, welche Akteure welches Spiel spielen. Für sie steht fest: das große Ziel der USA im Great Game ist die „Schwächung und Unterwerfung Russlands  unter die Fittiche der einzigen und einzigartigen Weltmacht“. Es geht nicht um Demokratie und Menschenrechte in der  Ukraine, sondern „um Ressourcen und Kontrolle des Planeten“. Russland und Iran, mit ihren gigantischen Öl- und Gasreserven „stehen der einzigen Supermacht nicht wegen ihrer religiös-fundamentalistischen oder autokratischen Ausrichtung im Wege, sondern weil sie die Profite aus ihren Bodenschätzen selbst einstreichen“.

Was die Autoren beschäftigt ist die Frage, warum die Leitmedien in der Ukraine-Krise „unverkennbar vom Beobachter zum aktiven Eskalateur geworden“ sind und „in den Kriegsmodus geschaltet“ haben.   Dabei berufen sie sich auf die von Uwe Krüger erstellte Studie, in der der Medienwissenschaftler Verflechtungen zwischen den wichtigen deutschen Medien und transatlantischen Netz- und Lobbynetzwerken, eine „Art Meinungskartell“ feststellen konnte. Für die gilt die „Ausweitung der westlichen Einflusszone“ als „Fortschritt in der Entwicklung der Menschheit“. Kein Wunder also, dass viele Journalisten die kritischen Leser, die ihren Unmut über die Berichterstattung in der Ukraine Krise zum Ausdruck bringen,  unter der Rubrik „Putinversteher“, Träumer oder sogar Opfer der russischen Propaganda  abtun. Denn sonst hätten sie ihr eigenes „journalistisches Selbstbild in Frage“ stellen müssen.

Bröckers und Schryer stellen nicht nur Fragen, sie haben auch eine klare politische Vision. Deutschland soll mehr mit den kontinentalen Nachbarn kooperieren und mehr auf Distanz „zu den transatlantischen Weltmachtplänen“ gehen.  Und dazu müssen zuerst „die Karten klar und öffentlich auf den Tisch: die machtpolitischen, geostrategischen Interessen Amerikas auf der einen und die Russlands auf der anderen Seite“. „Das unerträgliche Gefasel der Großmedien von westlicher Wertegemeinschaft hier und (pro)russischen Aggressoren da (…) soll aufhören“.  Ein klares Bild über die Zukunft der Ukraine habe sie auch:

„Eine blockfreie, neutrale Ukraine, die (…) sich als Brücke zwischen West und Ost, EU und Russland, Atlantik und Eurasien versteht, wäre nicht nur für das Land selbst, sondern für sämtliche „Nachbarn“ (…) die ideale Entwicklung“. Doch diese Entwicklung wird nicht gefordert, stattdessen wird das Land vor der Wahl Russland oder EU gestellt. Warum es so ist, wurde im Buch „Wir sind die Guten“ klar und deutliche dargestellt.

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