Weltweit größtes Atom-U-Boot passiert die Ostsee mit Kurs auf St. Petersburg

Ein Anblick der etwas anderen Art hat sich in den letzten Tagen diversen küstennahen Bewohnern in Dänemark und Deutschland eröffnet: Während die Gegenwart eindrucksvoller Schiffe zum Alltag gehört, so dürfte die Vorbeifahrt eines gigantischen U-Bootes der russischen Marine ein ziemlich einmaliger Vorgang sein.

Derzeit befindet sich die von zwei Reaktoren angetriebene Dmitri Donskoj auf der Reise von ihrem Heimathafen Sewerodwinsk am Weißen Meer nach St. Petersburg, um dort am 30. Juli an einer Flottenparade teilzunehmen. Im Schlepptau der Unterwasserfestung befinden sich neben dem ebenfalls atomgetriebenen Kreuzer Piotr Weliki noch zwei kleinere Kriegsschiffe.

Mit einer Länge von knapp 173 Metern, 180 Mann Besatzung und einer Verdrängung von getaucht 48.000 Tonnen handelt es sich bei den U-Booten der Typhoon-Klasse um die größten der Welt, von sechs gebauten Einheiten befindet sich nur noch die Dmitri Donskoj im Dienst. In den 70er Jahren begann die Sowjetunion als Antwort auf die amerikanische Ohio-Klasse mit dem Bau der strategischen U-Boote. Die Sprengkraft sämtlicher im Zweiten Weltkrieg verwendeter Waffen wird gemeinhin auf zwei Megatonnen taxiert. Einst mit zwanzig jeweils neunzig Tonnen schweren Atomraketen vom Typ SS-20 Sturgeon bewaffnet, welche jeweils zehn Sprengköpfe a hundert Kilotonnen TNT- Äquivalent getragen haben, waren die Boote in der Lage, weit mehr Feuerkraft zu entfesseln.

Während des Kalten Krieges belauerten sich die beiden Supermächte unter dem Polarmeer mit Atom-U-Booten. Durch die Bewegungen des Eises und der damit verbundenen Geräuschkulisse waren gegnerische Bewegungen so gut wie nicht zu auszumachen. So sind die Boote der Typhoon-Klasse durch ihre massive Bauweise auch in der Lage, durch bis zu zweieinhalb Meter dickes Eis durchzubrechen und aufzutauchen. Strategische Unterseeboote traten seit den 60er Jahren an die Stelle der Langstreckenbomber und garantieren durch ihre permanente Präsenz auf den Weltmeeren die Zweitschlagsfähigkeit der Supermächte – sie bilden dabei sowohl die vorderste Front, als auch die letzte Verteidigungslinie.

1976 auf Kiel gelegt und 1979 vom Stapel gelaufen verrichtete die Dmitri Donskoj ab 1982 ihren Dienst in der sowjetischen Marine. 1989 kehrte sie in ihre Bauwerft zurück, um auf einen neuen Raketentyp umgerüstet zu werden. Im Zuge des Unterganges der Sowjetunion wurden die Arbeiten niemals abgeschlossen. Ende der 90er Jahre begann die russische Marine damit, das in Vergessenheit geratene, halbfertige Boot wiederum mit neu entwickelten Interkontinentalraketen auszustatten. Diese Arbeiten wurden 2002 abgeschlossen, seitdem befindet sich der Unterwasserkreuzer wieder im Dienst der Nordflotte und wird vorwiegend zur Erprobung der Raketen vom Typ Bulawa genutzt. Diese stellen bei reduziertem Gewicht und gesteigerter Sprengkraft die Bewaffnung der Borej-Klasse dar, von der bislang drei Einheiten fertiggestellt wurden und welche in Zukunft das Rückgrat der strategischen russischen U-Boot-Flotte bilden soll.

Somit hat die Dmitri Donskoj heute vielmehr die Funktion als Testobjekt, ihr strategischer Wert ist gering. Dennoch handelt es sich bei dem U-Boot um eine äußerst imposante Erscheinung mit einem für Paraden bestens geeigneten Show-Potential. Allgemein gilt die Typhoon-Klasse als deutlich überdimensioniert, die damit verbundenen hohen Kosten haben ihren vollständigen Durchbruch verhindert. Zum Vergleich: Die neue Borej-Klasse verdrängt bei der gleichen Länge die Hälfte und verfügt dennoch mit sechzehn Interkontinentalraketen vom Typ Bulawa lediglich über ein geringfügig schwächeres Vernichtungspotential.

[JM/russland.NEWS]

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