Was Putin wirklich gesagt hat – Teil 4 – Wirtschaft

Russland.RU veröffentlicht wesentliche Teile der Pressekonferenz in einer nur leicht redaktionell bearbeiteten eigenen Übersetzung. Wir verzichten auf einen Kommentar und geben so unseren Lesern die Möglichkeit, sich selbst eine Meinung zu bilden.

Nach der Situation im Land zu urteilen, gibt es jetzt eine so tiefe Währungskrise, dass man sogar in der Zentralbank sagt, dass man sie in den schrecklichsten Träumen nicht vorhersehen konnte.

Was meinen Sie, wird es nach diesen zwei Jahren, von denen Sie sprachen, besser werden, überwinden wir die Finanz- und Wirtschaftskrise? Wegen des „schwarzen“ Montags und Dienstags  für den Rubel rollte eine Lawine der Kritik sowohl an die Adresse der Zentralbank und ihre Vorsitzende, als auch der Regierung. Stimmen Sie dem zu?

Ich habe gesagt, dass beim ungünstigsten Verlauf der außenwirtschaftlichen Konjunktur diese Situation ungefähr – niemand kann das genau sagen – zwei Jahre dauern könnte. Das ist ganz ungewiss. Die Situation kann sich auch früher bessern. Sie könnte sich im ersten, im zweiten Quartal, Mitte oder Ende nächsten Jahres zu bessern beginnen…

Es gibt sehr viele Faktoren der Unbestimmtheit. … Aber mir scheint, ich habe recht klar gesagt, dass die Zentralbank und die Regierung insgesamt adäquat der entstandenen Lage handeln. Ich meine, dass man einiges …hätte operativer angehen können.

Worin sollte, meiner Meinung nach, das Konkrete bestehen? Und was machen eigentlich die Zentralbank und die Regierung? Erstens haben sie, wie Sie wissen, den Leitzins angehoben. Ich hoffe, dass dieser Leitzins nicht über die gesamte Periode dieser komplizierten Ereignisse, die mit der Weltwirtschaftskonjunktur verbunden sind, gehalten wird, und sich die Wirtschaft so oder so anpassen wird.

Worauf gründet sich mein Optimismus? Darauf, dass sich die Wirtschaft auf das Leben und die  Arbeit unter den Bedingungen der niedrigen Preise für Energieträger unvermeidlich einstellen wird. Es wird einfach aus sich heraus so geschehen.

Wie schnell diese Anpassung vor sich geht, wenn die Preise (für Erdöl und Erdgas -hh) so bleiben, wie sie heute sind, oder sogar unter 60, 40 (Dollar – hh) sinken, weiß ich nicht. Wie auch immer -die Umgestaltung der Wirtschaft wird vorangehen. Wie das geht? Das ist schwer zu sagen. Aber, dass es passiert, ist unvermeidlich! Dafür sorgt das Leben.

Was macht die Zentralbank ? Sie hat den Leitzins angehoben. Was muss man noch tun? Und  was tut die Zentralbank? Um die nationale Währung zu stabilisieren, muss zeitweilig die  Rubel-Liquidität ein wenig eingedämmt, den Teilnehmern an der Wirtschaftstätigkeit der Zugang zur Devisenliquidität ermöglicht werden. Und, eigentlich  macht das die Bank auch. Deshalb ist ihr Währungszins recht niedrig – 0,5%.

… Aber die Regierung muss auch andere Maßnahmen ergreifen. Der Kampf gegen die  Inflation ist Aufgabe der Zentralbank. Doch es gibt einige Dinge, über die ich schon öffentlich gesprochen habe, wenn wir uns mit der Regierung trafen. Zum Beispiel, die  Preise für Benzin, für Lebensmittel – damit muss man sich beschäftigen. Dabei muss man mit Handsteuerung arbeiten. Sich täglich, wöchentlich mit den Produzenten treffen, mit den Marktteilnehmern, mit den Handelsketten, mit dem Einzelhandel und den Erdölgesellschaften, die bei uns in bedeutendem Maße den Markt monopolisiert haben, – hier sollte die FAS (Antimonopolbehörde – hh) ihre Arbeit machen.

Diese Handlungen müssen konzertiert, kollektiv, durchdacht sein. …

Seit 2008 reden wir davon, dass es höchste Zeit ist, von der «Erdölnadel» herunterzukommen, unsere Wirtschaft umzustrukturieren, effektiver zu machen. Aber, was in diesen Tagen geschieht, .. zeigt, dass es uns im Großen und Ganzen nicht gelungen ist.

Wir sitzen nach wie vor auf dieser verfluchten „Nadel“, und keiner weiß, wie lange noch. Sagen Sie ehrlich, nach Ihrem Gefühl, können wir die jetzige Krise für hehre Zielen nutzen, von der“Nadel“ wegkommen, die Wirtschaft umgestalten?…Und zweitens. In Ihrer Botschaft vor der Föderalversammlung haben Sie unter dem Beifall des Landes und der Wirtschaft eine ganze Reihe Erleichterungen dargelegt, die sich seit langem anboten. Aber es gibt Zweifel, Sie verstehen das sicher gut, denn die größten Gefahren in Russland sind die Verbürokratisierung, das Aufschieben, ds Vertändeln aller notwendigen, wichtigen, richtigen Entscheidungen, einschließlich der präsidialen. Sind Sie heute sicher, dass Ihre Postulate, Ihre Gedanken, Ihre Lösungen diesmal trotz allem umgesetzt werden und Ihr Optimismus von realeren Schritten bestätigt wird?

Sicherheit bietet eine Versicherungspolice, wie wir wissen. Für uns besteht die Versicherung aus einer richtigen makroökonomischen Politik und den Reservefonds für die Lösung der sozialen Aufgaben. Insgesamt ist dies eine sichere Police, die diese Sicherheit nährt.

Aber was die Verbürokratisierung betrifft, kann Ihnen ich sagen, dass es Kollegen aus den Ländern der Europäischen Union gibt, die, wenn Sie sie nach der Bürokratie in Brüssel fragen, Ihnen erzählen werden, was das ist. Unsere Bürokraten sind im Vergleich zu den Brüsselern noch friedlich.

Dieses Problem existiert natürlich dennoch, aber es geht nicht um die Bürokratie. … Es geht darum, dass, wenn die außenwirtschaftliche Konjunktur die Teilnehmer der Wirtschaftstätigkeit veranlasst, sagen wir, in die Energiewirtschaft zu investieren, in die Chemie oder in die Metallindustrie, dann kann sich die Regierung bemühen, Instrumente der Besteuerung, der Vergünstigungen für die Nicht-Rohstoffwirtschaft einzuführen, es bleibt kompliziert, weil in der Regel die Ressourcen des Haushaltes dafür nicht reichen.

Diese Instrumente werden bei uns schon seit einigen Jahren eingesetzt. Wir bemühen uns, günstigere Bedingungen für die Entwicklung der produzierenden Wirtschaft, den realen Sektor, zu schaffen, aber das ist ziemlich schwierig. Besonders dann, wenn man einen großen Gewinn erzielen kann, indem man in die Energie investiert. So sind mindestens 80 Prozent der Anfragen an die Regierung nicht damit verbunden, wie Geld in Hochtechnologien angelegt werden kann, sondern wie man irgendeine Lagerstätte bekommen kann. Warum? Weil man dort schnell und viel Geld macht.

Jetzt komme ich zur Antwort auf Ihre Frage. Wenn sich die Konjunktur anders entwickelt, dann regt das Leben dazu an, das Geld in andere Branchen zu investieren. Und das bringt seltsamerweise Optimismus hervor. Ja, es wird in manchem komplizierter sein. Ja, wir müssen die sozialen Fragen um jeden Preis lösen und den sozialen Teil der Präsidenten-Verordnungen von 2012 erfüllen.

Können wir das tun? Wir können. Aber gleichzeitig muss man diese Situation nutzen, um zusätzlich die Bedingungen für die produzierenden Zweige sowie die Diversifikation der Wirtschaft zu schaffen. Ich hoffe, dass gerade die derzeitige Wirtschaftslage uns dabei helfen wird.

In diesem Jahr wurde klar, dass die „Energie-Diplomatie“ zu einem Schlüsselfaktor der Geopolitik geworden ist. Inwiefern ist die Hinwendung Russlands nach Osten, sind die Gasverträge mit China und der Türkei gerechtfertigt? Sind alle Klippen dieser Projekte gezählt, denn vielfach wird bis jetzt vermutet, dass der chinesische Vertrag unrentabel ist und der «türkische Strom» Russland von der Türkei abhängig machen wird? Sind Sie anderer Meinung?

Nein, ich habe nicht die Absicht zu widersprechen. Das sind so offensichtliche Dinge, dass es keinen Streit gibt. Ich höre oft von einer „Hinwendung Russlands gen Osten“. Aber schauen Sie auf die amerikanischen Analysten. Die schreiben auch über eine Hinwendung der USA nach Osten. Ist das so oder nicht? Teilweise ist es so.

Und warum? Hängt das mit der Politik zusammen? Nein, mit den Prozessen in der globalen Wirtschaft. Weil sich der östliche Teil der … Asiatisch-Pazifischen Region  – APR – schneller entwickelt, als alle übrigen Teile der Welt, bieten sich neue Möglichkeiten.

So wächst in China, Indien, Japan, Südkorea der Bedarf an Energieressourcen mit Siebenmeilen-Schritten.

Sollen wir vielleicht verzichten? Bei uns war alles, was wir jetzt tun, seit langem geplant, weit vor den Problemen in der globalen und auch in unserer Wirtschaft. Jetzt realisieren wir einfach das früher Beabsichtigte.

Was den Vertrag mit China angeht, so ist er nicht Verlust bringend. Beide Seiten, ich betone das, haben Vergünstigungen gewährt, das ist die Wahrheit. Auch die chinesische Seite hat Vergünstigungen gewährt. Ich werde jetzt nicht sagen, welche Vergünstigungen, aber dort gibt es nichts Ungewöhnliches.

Die Regierung hat einfach beschlossen, den den Teilnehmern dieses Prozesses bestimmte Ermäßigungen zu gewähren, und wir haben, unsererseits, ebenfalls die Gewährung bestimmter Ermäßigungen beschlossen. Das Projekt wird zweifellos rentabel.

Um so mehr, als wir eine Preis-Formel vereinbart haben, die sich wenig, wenn überhaupt, von jener Formel unterscheidet, die wir in Europa anwenden, aber unter Berücksichtigung der Koeffizienten, die mit dem Markt dieser Region der Welt zusammenhängen. Das ist eine absolut normale Sache.

Und außerdem wird es uns, Russland, erlauben, indem wir in der Anfangsetappe dieses Projekts riesige Ressourcen erhalten und konzentrieren, nicht einfach Rohre zu verlegen, sondern mit der Gasversorgung des Fernen Ostens zu beginnen. Es wird uns ermöglichen, einen weiteren, sehr wichtigen Schritt zu machen. Welchen? Das westliche und das östliche Gas-Rohrleitungssystem zu verbinden. Damit haben wir die Möglichkeit, die Rohstoffe aus dem Osten nach dem Westen und aus dem Westen nach dem Osten zu transportieren, wenn es unter dem Aspekt der weltweiten Konjunktur vorteilhaft sein sollte. Das ist außerordentlich wichtig.

Zudem könnten wir ohne dies nicht mit der Gasversorgung der Regionen des Fernen Ostens und Ostsibiriens beginnen. Das ist also eine absolut vorteilhafte Sache. Ich rede erst gar nicht davon, was der riesige Bau an Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen auf allen Ebenen bringt, dass er eine Belebung dieser Region der Welt und unserer fernöstlichen Regionen ist.

Zur Türkei – auch die türkische Wirtschaft wächst. Sie braucht, ebenso wie die APR, zusätzliche Energieressourcen. Wir haben vor vielen Jahren den so genannten «Blauen Strom» gebaut. Und jetzt steht für die türkischen Partner die Frage, die Lieferungen vor allem auf den türkischen Binnenmarkt zu erweitern. Sollen wir vielleicht ablehnen?,

Wir haben alle grundlegenden Vereinbarungen mit ihnen getroffen, zur Preis-Formel, zum Zeitplan der Lieferungen und so weiter. Wir kennen ungefähr ihren Bedarf. Wir werden verkaufen, was wir haben und was sie brauchen. Natürlich werden wir das tun.

Ist ein sogenannter europäischer Hub an der Grenze der Türkei und Griechenlands möglich? Das hängt nicht von uns ab. Es hängt in bedeutendem Maße von unseren europäischen Partnern ab. Wollen sie stabile, garantierte, absolut transparente Lieferungen von Energieressourcen aus Russland, die sie dringend brauchen, ohne Transitrisiken? Prima, dann lasst uns ans Werk gehen.

Dann könnte man über Griechenland auch nach Makedonien gehen,weiter nach Serbien und wieder in Baumgarten, Österreich, ankommen. Sie wollen nicht? Also, dann eben nicht. Die Sache ist einfach die, dass es keine billigeren und sichereren Lieferungen als aus Russland gibt und in der nahen Zukunft nicht in Sicht sind.

Sie sagten, dass der Fall des Rubels und auch die Wirtschaftsprobleme durch den Preissturz beim Erdöl ausgelöst wurden. Aber der Rubel hat bereits 2013 begonnen zu sinken, die Investitionen haben noch früher aufgehört, in die Wirtschaft zu gehen. Die Minister des Wirtschaftsblocks in der Regierung schwiegen über die ökonomischen Probleme solange, bis der Rubel begonnen hat zu sinken. …

Meinen Sie, dass die Wirtschaftsprobleme eine Folge der eigenen innen- und außenpolitischen Schritte der letzten, sagen wir, zwei-drei Jahre sind? Meinen Sie, dass Sie persönlich für diese Schritte – das Fallen des Rubels und die Wirtschaftsprobleme verantwortlich sind?

Und die letzte Frage. Haben Sie bereits entschieden, ob Sie für eine weitere Amtszeit kandidieren werden, und hängt diese Entscheidung vom Rubelkurs und der Wirtschaft ab?

Das hängt von den gesamten Ergebnissen der Arbeit im Land sowohl auf präsidialer, als auch auf Regierungsebene und der Ebene der Zentralbank ab. Jetzt eine Entscheidung über die Präsidentschaftswahlen 2018 zu treffen ist für jeden, wer es auch sein mag, zu früh.

Man muss beharrlich für die Interessen der Bürger der Russischen Föderation arbeiten. Und entsprechend den Ergebnissen und Stimmungen in der Gesellschaft kann man die Schlussfolgerung ziehen, wer sich 2018 zur Wahl stellen sollte. Das zum Einen.

Zweitens. Die Verantwortung für alles, was im Land geschieht, liegt immer beim Staatsoberhaupt und dann weiter nach unten. Ich habe mich niemals dieser Verantwortung entzogen und habe auch nicht die Absicht, mich zu entziehen.

Und schließlich, was Kader-Fehlentscheidungen betrifft und so weiter. Fehler gibt es immer. Insgesamt … muss die persönliche Verantwortung sowohl der Mitarbeiter der Zentralbank, wie auch der verantwortlichen Mitarbeiter der Regierung der Russischen Föderation für die Ergebnisse iher Arbeit auf jedem Gebiet, das ihnen anvertraut ist, angehoben werden.

Zugleich meine ich, dass insgesamt die administrativen Strukturen, sowohl die Regierungs- als auch die Finanzbehörden, mit jenen Aufgaben und Problemen zurechtkommen, vor denen heute das Land steht.

Ich habe am Anfang gesagt und damit will ich auch enden – ja, die Zeiten sind kompliziert, was von einer ganzen Reihe objektiver oder vielleicht auch subjektiver Umstände im Zusammenhang damit hervorgerufen wurde, dass man hätte frühzeitiger und bestimmter  die entsprechenden Entscheidungen treffen können.

Aber insgesamt halte ich die Politik sowohl der Regierung, als auch der Zentralbank für richtig. Und sie gibt uns allen Grund zu meinen, dass wir, indem wir die makroökonomische Stabilität und den gesunden Zustand der Wirtschaft erhalten und uns auf die Reserven stützen, die wir haben, sowohl die sozialen Aufgaben lösen, die in den Verordnungen von 2012 festgelegt sind, als auch aus jener Situation, die wir heute haben,   entweder in naher oder in mittelfristiger Zukunft herausfinden.

Und ich habe gesagt – warum. Weil sich die Wirtschaft unvermeidlich an die Bedingungen der niedrigen Preise für die Energieträger anpassen wird und notwendigerweise diversifiziert werden wird.

Zweitens. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass die Preise für die Energieträger niedrig bleiben und sogar sinken, wird unausweichlich der Zeitpunkt kommen, da sie sozusagen planmäßig steigen, nämlich im Zusammenhang mit dem Wachstum der Weltwirtschaft und des Bedarfs an Energieträgern.

Ich zweifle nicht daran, dass es so sein wird. Wie dies geschehen wird, wie die Finanz-, verwaltungs- und Regierungsorgane arbeiten, werden wir uns anschauen und werden ihre Arbeit an den Ergebnissen messen.

Aber von einem können wir fest überzeugt sein – dass wir diese Zeit überstehen und aus der heutigen Situation herauskommen, dabei unsere Positionen sowohl innerhalb des Landes, als auch in der Weltwirtschaft und in der internationalen Arena festigen.

Ich bin der Meinung, dass alle Ressourcen, die wir für die Erfüllung nicht nur der sozialen Verpflichtungen, sondern auch für den Ausbau in der Verteidigung, für die Modernisierung der Armee und der Flotte brauchen, bei uns vorhanden sind und zweifellos werden alle diese Pläne realisiert werden.

Das Wichtigste ist, das soziale Wohlergehen der Menschen zu gewährleisten, die Renten zu sichern, ungeachtet einer gewissen Kürzung der Einkommen der aus dem Staatshaushalt finanzierten Beschäftigten. Können wir das oder können wir das nicht? Natürlich können wir.

So werden wir im kommenden Jahr die Renten nicht nach der prognostizierten, sondern nach der tatsächlichen Inflation festlegen. Auf diese Fragen – die Fragen des sozialen Wohlergehens der Bürger – werden wir in der kommenden Zeit  das Hauptaugenmerk richten. Ich bin überzeugt, das wir diese Fragen lösen.

 

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