Was Putin wirklich gesagt hat – Teil 2

Russland.RU veröffentlicht wesentliche Teile der Pressekonferenz in einer nur leicht redaktionell bearbeiteten eigenen Übersetzung. Wir verzichten auf einen Kommentar und geben so unseren Lesern die Möglichkeit, sich selbst eine Meinung zu bilden.

Ist das, was jetzt mit unserer Wirtschaft geschieht, eine Abrechnung für die Krim? Wenn ja, dann ist es höchste Zeit, darüber ehrlich zu sprechen.

Nein, es ist keine Abrechnung für die Krim. Es ist vielmehr die Rechnung für unseren natürlichen Wunsch der Selbsterhaltung als Nation, als Gesellschaft, als Staat. … Ich habe …bereits gesagt, dass wir nach dem Fall der Berliner Mauer, nach dem Zerfall der Sowjetunion uns gegenüber unseren Partnern absolut geöffnet haben. Was haben wir erlebt?

Eine direkte, volle Unterstützung des Terrorismus im Nordkaukasus. Eine direkte, verstehen Sie? Handeln Partner denn so? Ich werde jetzt nicht auf Details eingehen, aber es ist eine Tatsache und alles wissen das. Bei allem, was wir tun, stoßen wir immer auf Gegenwehr und den Kampf gegen uns.

Erinnern wir uns, wie sich das Land auf die Olympiade 2014 vorbereitete. Mit welcher Begeisterung, welchem Enthusiasmus wir das getan haben, um ein Fest nicht nur für unsere Anhänger des Sports, sondern auch für die Sportfreunde in der ganzen Welt zu veranstalten.

Aber dennoch, und das ist eine offensichtliche Tatsache: Es wurden präzedenzlose Versuche unternommen, die offenbar koordiniert waren, um die Vorbereitung auf die Olympiade und den Verlauf der Olympiade zu diskreditieren. Das ist eine offensichtliche Tatsache. Warum? Wer braucht so etwas? Und so geht es endlos.

Ich habe beim so genannten dem Waldai-Klub an das Beispiel unseres bekanntesten Symbols – des Bären  – erinnert, der die Taiga beschützt. …Um bei diesem Gleichnis zu bleiben – mir kommt manchmal der Gedanke: Vielleicht sollte unser Bär ruhig dasitzen, nicht die kleinen und großen Ferkel durch die Taiga treiben, sondern sich von Beeren und Honig ernähren. Vielleicht lässt man ihn dann in Ruhe?

Sie werden ihn nicht in Ruhe lassen, weil sie immer danach streben werden, ihn an die Kette zu legen. Und kaum haben sie ihn an der Kette, werden sie ihm die Zähne und die Kralles ausreißen. Im heutigen Verständnis sind dies die Kräfte der nuklearen Abschreckung. Sollte das, Gott bewahre uns davor, geschehen, und der Bär nicht mehr gebraucht werden, dann werden sie sofort die Taiga ausräumen.

Denn wir haben vielfach von halboffziellen Personen gehört, wie ungerecht es ist, dass Sibirien mit seinen unzähligen Reichtümern allein Russland gehört. Wie, ungerecht? Und Texas von Mexiko zu klauen, ist gerecht. Aber dass wir auf unserer eigenen Erde wirtschaften, ist ungerecht, man muss teilen.

Und später, kaum dass man ihm die Zähne und Krallen ausgerissen hat, wird der Bär überhaupt mehr gebraucht. Man wird eine Vogelscheuche aus ihm machen und Schluss.

Deshalb geht es nicht um die Krim. Es geht darum, dass wir unsere Selbstständigkeit, unsere Souveränität und das Existenzrecht schützen. Das müssen wir alle verstehen.

Und, wenn wir meinen, dass eines der Probleme, die wir heute haben, unter anderem in der Wirtschaft, als Folge der Sanktionen, wie es in der Tat ist, relativ gesehen 25 % vom Gesamtumfang der Probleme ausmacht, dann liegt der Einfluss der Sanktionen wahrscheinlich bei 25-30 %. Aber …wir wollen wir bleiben, kämpfen und diese gegenwärtigen Erscheinungen nutzen, um unsere Wirtschaftsstruktur zum Besseren zu ändern und so unabhängiger zu sein, also müssen wir da durch – oder wir wollen,, dass man unser Fell an die Wand hängt. Das ist die Wahl, die wir haben. Die Krim hat hiermit nichts zu tun.

Mit Krim ist ist alles mehr oder weniger klar. Die Frage ist hierbei wahrscheinlich nur,  wieviel man im Endeffekt in ihre Entwicklung nach der komplizierten ukrainischen Vergangenheit investieren muss. Aber was  geschieht im Osten der Ukraine, was in jenen Teilen der Ukraine, wo man sich jetzt Noworossija nennt. Wie sehen Sie das Schicksal …dieses Teils der Ukraine? Glauben Sie an den Erfolg der Minsker Vereinbarungen, führen sie zum Frieden? Und wie werden wir weiter dem Donbass helfen – ebenso, wie jetzt, mit Hilfskonvois, oder mit noch etwas?

Wie bereits gesagt, gehen wir davon aus, dass die Krise beendet werden muss, je schneller, desto besser. Das ist Punkt eins. Zweitens: Sie muss mit politischen Mitteln gelöst werden … und nicht unter Druck, ganz gleich welchem – einer Wirtschaftsblockade oder dem Einsatz der Streitkräfte. Und wir werden natürlich den Menschen helfen, wie wir es jetzt tun. Wie Sie wissen, ist bereits der zehnte Hilfskonvoi unterwegs. Aber wir müssen immer sowohl von den grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts sowie dem Recht der Menschen ausgehen, selbst über ihr Schicksal zu entscheiden.

Ich habe nicht zufällig gesagt, dass man den Frieden wieder herstellen muss, und zwar mit politischen Mitteln. Wir gehen davon aus, dass auch der gesamtpolitische Raum wieder hergestellt werden wird. Wie er aussehen wird, ist derzeit schwer zu sagen. Aber man muss sich darum bemühen. Beide Seiten müssen danach streben. Beide. Das ist das Problem. Man muss die Menschen respektieren, die im Südosten der Ukraine leben. Man muss die Wirtschaftsbeziehungen wieder herstellen.

Es ist bekannt, dass der größte Teil der Stromversorgung der Ukraine auf der Basis der Donbass-Kohle arbeitet, die aber bislang nicht gekauft wird. Wir wurden gebeten, Druck auf den Südosten der Ukraine, auf den Donbass, auszuüben, damit die Bergarbeiter einverstanden sind zu liefern. Wir haben es gemacht, aber bislang wird nicht gekauft. Warum? Weil alle Banken geschlossen sind, ist es unmöglich, zu zahlen. Mir haben die (ukrainischen -hh) Kollegen buchstäblich vorgestern gesagt: «Ja, wir sind bereit, zu zahlen, wir haben eine Vorauszahlung geleistet». Ich habe das überprüft – es gibt keine Vorauszahlung. Angeblich auf den Karten der Bergarbeiter. Aber die Karten funktionieren nicht. Und so ist es in jeder Frage. Dennoch gibt es keinen anderen Weg, als den der friedlichen Regelung.

Was die Minsker Vereinbarungen angeht, ist das ein sehr wichtiger Teil, und wir sind für ihre Erfüllung, nicht zuletzt, weil ich gemeinsam mit Pjotr Aleksejewitsch Poroschenko Initiator des Treffens in Minsk war. Natürlich will der Präsident der Ukraine unbedingt eine Regelung, und ich habe keinen Zweifel daran, dass er sich darum bemüht. Aber er ist dort nicht allein. Wir hören bereits jetzt die Erklärungen anderer Beamter, dass man dort quasi bis zum Ende kämpfe müsse, was zu einer wie auch immer gearteten kontinentweiten Krise führen kann. Es tönen viele streitbare Erklärungen. Ich denke, dass Präsident Poroschenko immerhin auf eine Regelung aus ist, aber es sind konkrete Schritte notwendig.

Die Minsker Vereinbarungen – muss man sie beachten oder nicht? Ja, es ist notwendig…. Ich werde jetzt etwas Wichtiges sagen, … ich will, dass Sie das hören: Unsere Vertreter in Minsk haben im September ein Memorandum unterschrieben, zu dem Protokolle gehörten, die eine Demarkationslinie festlegten, aber die Vertreter Donezks haben diese Protokolle nicht unterschrieben, das ist das Problem. Sie haben von Anfang an gesagt: «Wir können nicht». Und wenn wir versuchten, darauf zu bestehen – ich sage hier öffentlich und ehrlich Dinge, welche die Öffentlichkeit wissen soll – dann hat man uns geantwortet: «Wir können aus diesen Dörfern nicht weggehen (dort gibt es drei-vier Dörfer, die strittig sind), wir haben dort Familien, Kinder, Ehefrauen, Schwestern. Wir wollen nicht, dass sie dort alle vergewaltigt und umgebracht werden». Das ist das Hauptproblem. Aber auch die ukrainischen Verantwortlichen führen ihre Einheiten nicht von jenen Punkten weg, von wo sie – etwa aus dem Flughafen Donezk – abziehen sollten. Sie sitzen dort.

Aber kennen Sie die jüngsten Ereignisse? Die Bürgerwehren haben ihnen erlaubt, ihre Soldaten im Flughafen zu tauschen, man brachte sie in ihre Sauna, schickt ihnen Lebensmittel. Man kann natürlich darüber schmunzeln, aber andererseits gibt es doch darin auch etwas Positives. Kann sein, dass es den Leuten letztendlich gelingt, sich zu einigen.

Alle bestehen auf dem Austausch von den Kriegsgefangenen. Ich meine, dass man alle gegen alle ohne jede Bedingungen tauschen muss. Aber das Leben ist komplizierter. Wenn die Listen herausgegeben werden, stellt es sich heraus, dass es – jedenfalls, wie uns die Vertreter der Donbass-Bürgerwehr sagen – auf diesen Listen von der ukrainischen Seite Personen stehen, die ganz und gar nicht im Zusammenhang mit dem Kampf im Südosten der Ukraine festgenommen wurden, sondern irgendwo in Cherson oder Odessa, also muss man diese Listen nachprüfen. Wir bestehen dennoch darauf. Ich meine, dass die Leute bis zum Neuen Jahr, bis Weihnachten bei ihren Familien sind – unabhängig von irgendwelchen anderen Umständen.

Für gestern war vereinbart worden, 30 Personen auszutauschen. Die Vertreter der Bürgerwehr sind zum Ort des Austausches gefahren, dort tauchte ein Vertreter der offiziellen Behörden Kiews auf und sagte: «Nein, wir werden bis zum nächsten Treffen in Minsk nicht austauschen». Man kann natürlich diesen Weg geben, aber, wenn sie 30 Personen herangekarrt hätten, dann hätten sie wenigstens ihre mitnehmen können. Sie verstehen?

Gut, das sind Details. Jedenfalls ist es immerhin positiv, auch unter dem Aspekt der Suche nach einer gemeinsamen Lösung zur Erfüllung der Minsker Vereinbarungen, dies ist ein sehr wichtiger und notwendiger Prozess.

Jetzt haben wir vereinbart, dass in der allernächsten Zeit, heute oder morgen, der Dialog in Form einer Videokonferenz fortgesetzt werden soll, und der folgende Schritt soll schon auf dem Treffen in Minsk geschehen. Aber hier ist auch etwas anderes wichtig – dass nämlich auch die Kiewer Machthaber alle Vereinbarungen erfüllen. Vereinbart wurde, dass ein Amnestie-Gesetz angenommen wird. Wo ist es? Uns sagte man die ganze Zeit, dass ein Gesetz über den besonderen Status verabschiedet wurde. Aber es konnte nicht wirksam werden, verstehen Sie? Weil das Gesetz erst real in Kraft treten und gelten könne, wenn der das Gesetz über die Demarkationslinie angenommen sei, aber es wurde nicht angenommen. Deshalb muss man aufhören, sich mit Flickschusterei zu befassen. Man muss verstehen, dass, wenn die Ukraine Frieden, Ruhe und territoriale Integrität wieder herstellen will, die Menschen respektiert werden müssen, die in den jeweiligen Regionen des Staates leben, und, mit ihnen ein direkter, offener, ehrlicher politischer Dialog … zu führen und der Druck einzustellen ist. Ich hoffe, dass schließlich alle diesen Weg gehen werden.

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