WADA-Bericht bleibt Beweise schuldig

Jetzt hat der Boss die Nase voll. Nachdem der vorläufige Abschlussbericht der Welt-Anto-Dopinagentur (WADA) mit ihrer Version vom Ablauf der Dopingproben-Manipulation in der russischen Mannschaft bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi, vorgelegt und dabei die Namen der nach ihrer Ansicht für den Betrug Verantwortlichen genannt hatte, kündigte Präsident Putin nun an, die ganze Angelegenheit konsequent zu Ende zu bringen.

Die im Bericht beschuldigten Funktionäre sollen bis zum kompletten Abschluss der Untersuchungen suspendiert werden. „Um eine endgültige Entscheidung zu treffen, bitten wir die WADA, uns vollständige, objektive, auf Fakten begründete Informationen, um sie in die Untersuchungen der russichen Ermittlungsbehörden einzubeziehen“, ließ er mitteilen. Er ließ keinen Zweifel daran, dass nach Abschluss der Ermittlungen die notwendigen Maßnahmen getroffen würden, um Verletzungen russischer Gesetze und übernommener internationaler Verpflichtungen zu verhindern.

Zu schwer sind die Anschuldigungen, die in dem WADA-Bericht, der gestern in Toronto vom Chef der unabhängigen Kommission der Welt-Antidopingkommission, Richard McLaren gegen Mitglieder der russischen Mannschaft bei den Winterspielen 2014 erhoben wurden. So erklärte er, dass die Führung der Russischen Föderation, konkret das Sportministerium, die Anwendung von Doping durch russische Sportler in Sotschi gedeckt sowie den Austausch der Proben und damit die Manipulation der Ergebnisse geleitet und kontrolliert habe. Die Aktion sei unter Führung des stellvertretenden Sportministers Juri Nagornych gelaufen, Ressortchef Mutko sei davon informiert gewesen, heißt es in dem Bericht. In die Betrügereien sollen die Doping-Labors in Sotschi und Moskau einbezogen worden sein. Auch der russische Geheimdienst FSB habe seine Finger im Spiel gehabt

«Wir haben festgestellt, dass regelmäßig auf diese Weise – durch den Austausch der Proben – bei der Vorbereitung der Nationalmannschaft Russlands auf die Olympischen Spiele vorgegangen wurde, wobei das Sportministerium in Persona von Herrn Nagornych, involviert war. So wurden bereits 2013 «saubere» Proben in ein geheimes Gebäude des FSB unweit des Labors in Sotschi geschafft», sagte der WADA-Kommissar.

Ngornych wurde inzwischen suspendiert, Sportminister Mutko darf bislang auf seinem Posten bleiben.
Die neuerlichen Doping-Vorwürfe gegen russische Sportler, nach dem Skandal im russischen Leichtathletik-Verband und dem voraussichtlichen Ausschluss von den Spielen in Rio de Janeiro, waren aufgekommen, als die New York Times im Mai die Aussagen des ehemaligen Chefs des Moskauer Doping, Grigotij, Rotschenkow, veröffentlichte. Dieser hatte behauptet, dass in Sotschi mindestens 15 russische Medaillengewinner Teil des russischen „Dopingprogramms“ waren, das auf eine Dominanz bei den bei den Olympischen Winterspielen in der Heimat abzielte.

Für den Bericht der unabhängigen Kommission wurden, laut McLaren, ein Großteil der Interviews analysiert, die Rotschnkow gegeben hat, die von ihm zur Verfügung gestellten Dokumente gelesen, die übergebenen Festplatten begutachtet, ebenso die Container für die Dopingproben der Athleten, die der in die USA Geflohene ungehindert mitgebracht hatte.

Diese Beweise waren allerdings nicht in dem 97 Seiten umfassenden Papier aufgeführt, sondern der Bericht war eigentlich, wie der russische Sportjurist Artjow Pazew meint, „nur eine Übertragung der Interviews von Rotschenkow in die Juristensprache.“ Aber es wurden sofort Stimmen laut, vor allem aus den USA, die einen Ausschluss der gesamten russischen Mannschaft von den Olympischen Spielen in Rio forderten.
Die konkreten Beweise für das Doping und die Manipulationen mit den Proben bleibt der WADA-Bericht bislang schuldig. Es ist abzuwarten, ob bis zum Beginn der Wettbewerbe an der Copa Cabana der Nachweis für staatlich gelenkten Betrug im Hochleistungssport erbracht wird, was ein Startverbot für die russische Mannschaft rechtfertigen könnte oder ob auch in diesem populären gesellschaftlichen Bereich im Sinne politischer Ziele eine „antirussische“ Stimmung aufgebaut werden soll, die wie Putin gestern erklärte, an die gegenseitigen Olympia-Boykotte von Anfang der 1980er Jahre erinnert. (Hartmut Hübner/russland.news)

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