UN-Generalsekretär: Übereinkommen über den Status des Kaspischen Meeres ein historisches Dokument

UN-Generalsekretär António Guterres begrüßte die Unterzeichnung des Übereinkommens über den Status des Kaspischen Meeres. Es sei ein historisches Dokument, das den Ländern der Region bei der Lösung langjähriger Streitigkeiten helfen wird.

„Der Generalsekretär hat die Unterzeichnung des Übereinkommens über den Status des Kaspischen Meeres durch Aserbaidschan, Iran, Kasachstan, Russland und Turkmenistan begrüßt. Dieses historische Dokument zeigt die Bedeutung der regionalen Zusammenarbeit, die für die Aufrechterhaltung des internationalen Friedens und der Sicherheit notwendig ist.“

Guterres erklärte, die Konvention „wird ein wertvolles Werkzeug für die Auflösung einer Vielzahl von seit langem bestehende Probleme zwischen den Anrainern des Kaspischen Meeres sowie ein bedeutender Schritt in Richtung Verminderung der Spannungen in der Region sein.“

Der UN-Chef beglückwünschte alle fünf Staaten zu diesem „historischen Erfolg der regionalen Zusammenarbeit und multilateraler Verhandlungen“.

 

Der Fünfte Kaspische Gipfel, der am vergangenen Sonntag in der kasachischen Küstenstadt Aktau stattfand, schloss eine 20jährige Arbeit ab, die den rechtlichen Status des Kaspischen Meeres bestimmt. In den Medien wurde das Dokument bereits als „Verfassung“ des Kaspischen Meeres bezeichnet.

Das auf dem Gipfel unterzeichnete Übereinkommen über den rechtlichen Status des Kaspischen Meeres legt nur die allgemeinen Grundsätze der Zusammenarbeit in der Region fest. In zusätzlichen Vereinbarungen sollen vor allem die endgültigen Abgrenzungen von Wasserflächen und dem Untergrund erarbeitet werden. Um sie zu lösen, einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf die Einrichtung eines speziellen Mechanismus für regelmäßige Konsultationen zu den kaspischen Fragen.

Der Vertrag muss von den Parlamenten der kaspischen Länder ratifiziert werden. Der iranische Präsident Hassan Rouhani unterstrich die Notwendigkeit der Ratifizierung zweimal: in einer Rede auf dem Gipfel selbst und in einer Erklärung für Journalisten nach dem Treffen.

Vorgeschichte

Die kaspischen Staaten – Russland, Kasachstan, Turkmenistan, Iran, Aserbaidschan – arbeiteten an der Konvention seit mehr als 20 Jahren. Die Ursprünge des Rechtsproblems liegen im Zerfall der Sowjetunion. Zuvor war die Nutzung des Kaspischen Meeres im Rahmen bilateraler Verträge zwischen der UdSSR und dem Iran in den Jahren 1921 und 1940 geregelt.

Die Entstehung neuer unabhängiger Staaten in der Region nach 1991 erschwerte die Situation, insbesondere aufgrund der Entdeckung von reichen Öl- und Gasvorkommen auf dem Boden des Kaspischen Meeres. Auf dem Meeresgrund werden reiche Ölvorkommen erschlossen. Aber Pipelines aus Kasachstan und Turkmenistan müssen zwangsläufig durch die Gebiete anderer kaspischer Staaten führen.

Bilaterale und multilaterale Kontakte zu den kaspischen Fragen führten schließlich im Jahr 2002 zum ersten Gipfel der kaspischen Staaten in Aschgabat. Beim vierten Gipfel in Astrachan im Jahr 2014 waren die Parteien einer Einigung nahe, aber einige strittigen Fragen schoben sie für weitere vier Jahre auf.

Auf der Sitzung der Staats- und Regierungschefs wurden das Dokument sowie sechs weitere Abkommen über die kaspischen Fragen vollständig vereinbart. Das Treffen der Außenminister der „Fünf“ im Dezember 2017 in Moskau war ausschlaggebend, für den Entwurf des Übereinkommens. Der gesamte Gipfel in Aktau bestand fast ausschließlich aus den Erklärungen der Staats- und Regierungschefs der fünf Staaten, in denen sie ihre Ansichten über das Abkommen und den Unterzeichnungsprozess äußerten.

Eine der wichtigsten Fragen des rechtlichen Status des Kaspischen Meeres war die Definition dieses Gewässers. Da es nicht mit den Weltmeeren verbunden ist, ist es kein Meer, aber aufgrund der Größe, der Eigenschaften des Wassers und des Meeresbodens kann es nicht als See betrachtet werden. Infolgedessen sind die Bestimmungen des Seerechts und die Regeln für grenzüberschreitende Seen nicht anwendbar.

Das Übereinkommen benutzt den traditionellen Namen – Kaspisches Meer – und definierte es gleichzeitig als „ein Gewässer, das von den Landgebieten der Parteien umgeben ist“.

Die Grenzen

Wenn auch die Frage des Status des Kaspischen Meeres eher von theoretischer Natur ist, dann ist die Grenzziehung auf dem Meeresboden ein sehr praktisches Problem. Der Meeresboden ist reich an Mineralien, besonders in seinem südlichen Teil, und die Rechte für ihre Gewinnung in dieser Region werden vom Iran, Aserbaidschan und Turkmenistan beansprucht. Im nördlichen Teil des Kaspischen Meeres ist die Abgrenzung durch ein trilaterales Abkommen zwischen Russland, Kasachstan und Aserbaidschan und bilateral zwischen Kasachstan und Turkmenistan geregelt.

Das Übereinkommen legt nur bestimmte Abgrenzungsgrundsätze für Hoheitsgewässer fest. Gemäß Artikel 7 des Dokuments „legt jede Partei territoriale Gewässer fest, deren Breite 15 Seemeilen nicht überschreitet, gemessen von den nach diesem Übereinkommen festgelegten Grundlinien“. Daran grenzt eine Fischereizone mit einer Breite von 10 Meilen.

Auf der Grundlage bilateraler und multilateraler Abkommen werden auch Sektoren auf der Wasseroberfläche und dem Boden des Kaspischen Meeres bestimmt, die nicht zu den Hoheitsgewässern der Staaten gehören. Somit bleibt ein bedeutender Teil des Kaspischen Meeres ungeteilt.

Ebenso wurde das Problem der Verlegung von Rohrleitungen gelöst: das Recht der Parteien auf solche Arbeiten wird anerkannt, aber wenn die Leitung die territorialen Gewässer eines benachbarten oder entgegenkommenden Landes durchquert, ist es notwendig, die Route mit dem entsprechenden Land zu koordinieren und ihre Route anderen kaspischen Staaten mitzuteilen. Der Bau der transkaspischen Pipeline von Turkmenistan nach Aserbaidschan und dann durch die Türkei nach Europa hängt nun von den Vereinbarungen zwischen Turkmenistan und Aserbaidschan ab.

Militärstützpunkte

Die Bestimmung über das Verbot der Schaffung von Militärstützpunkten ist vage: Die Parteien verpflichten sich, ihre Gebiete nicht für die Durchführung von Angriffen oder militärischen Aktionen gegen eine der Parteien bereitzustellen. Das heißt jedoch, dass Militärbasen zu schaffen für militärische Operationen gegen nicht-kaspische Staaten offensichtlich zulässig wäre.

In den kasachischen Häfen Aktau und Kuryk bestehen amerikanische Warenumschlagpunkte für nicht-tödliche militärische Fracht für Truppen in Afghanistan.

Der kasachische Außenminister betonte in diesem Zusammenhang, Kasachstan habe nicht vor, amerikanische Militärstützpunkte am Kaspischen Meer aufstellen zu lassen. Es gehe um den Transit von nichtletalen US-Frachten für die US-Operation in Afghanistan per Schiene durch Kasachstan. „Es geht nicht darum, irgendwelche Militärbasen zu stationieren“, betonte der Minister.

Die iranische Präsident Hassan Rohani hat in seiner Rede deutlich gemacht, dass er mehr erhoffte: Er verlangte, auch den Transports über die Kaspische Meer von militärischer Ladung zu untersagen.

Biologische Ressourcen

Das Übereinkommen lässt die zukünftige Ausarbeitung und Unterzeichnung eines weiteren wichtigen Abkommen offen: über die Verwendung von Bio-Ressourcen des Kaspischen Meeres „die Benutzung der biologischen Ressourcen im Kaspischen Meer werden gemäß einer separaten Vereinbarung zwischen allen Beteiligten festgelegt.“ Im Kaspische Meer besteht weiterhin ein Moratorium für den Fang von Stören, zu dessen Unterstützung der Präsident Putin beigetragen hat.

Zusammen mit dem Vertrag wurden noch weitere Abkommen geschlossen. Im Bereich der Sicherheit unterzeichneten die Seiten ein Protokoll über die Zusammenarbeit im Bereich der Terrorismusbekämpfung, ein Protokoll über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und ein Übereinkommen zur Verhütung von Zwischenfällen im Kaspischen Meer.

Im wirtschaftlichen Bereich wurde zwischen den Regierungen der kaspischen Staaten ein Abkommen über Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit und ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Verkehrsbereich unterzeichnet.

Russische Angebote

Der russische Präsident Wladimir Putin hat in seiner Rede auf dem Gipfel die Unterzeichnung der Konvention begrüßt. Seiner Meinung nach eröffnet es eine neue Stufe in den Beziehungen zwischen den kaspischen Staaten und ermöglicht es, Wohlstand und dynamische Entwicklung in einer gemeinsamen Region zu gewährleisten.

Der russische Präsident schlug eine Reihe von Initiativen zur weiteren Entwicklung der Zusammenarbeit im Kaspischen Meer vor. Insbesondere schlug er vor, eine Vereinbarung über die Bekämpfung des Drogenhandels im Kaspischen Meer zu entwickeln, und forderte die „Fünf“ auf, ein Programm für gemeinsame Projekte zur Entwicklung des Tourismus vorzubereiten. Er befürwortete die Entwicklung der Zusammenarbeit im Bereich der digitalen Wirtschaft und im Bereich des Seeverkehrs. Ihm zufolge „könnten sich die Experten der fünf Länder nun stärker auf den Entwurf eines solchen Abkommens einlassen“.

Die Unterzeichnung des Übereinkommens über den rechtlichen Status des Kaspischen Meeres hat die multilaterale Arbeit am Kaspischen Meer nicht abgeschlossen, sondern vielmehr eine neue Grundlage für die weitere Arbeit geschaffen. Nach der Unterzeichnung war die Tagesordnung der Sitzung die Ausarbeitung neuer Vereinbarungen. Wahrscheinlich werden einige von ihnen beim nächsten Gipfel in Turkmenistan unterzeichnet werden, dessen genaues Datum noch nicht bekannt ist.

In Turkmenistan wird 2019 bereits ein Wirtschaftsforum der kaspischen Staaten stattfinden. Die Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen kann für die endgültigen Vereinbarungen auch auf militärischem Gebiet besonders wertvoll sein.

[hmw/russland.NEWS]

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