Tscheljabinsk sucht deutsche Technologielieferanten

[Von Ullrich Umann Tscheljabinsk/gtai] Der deutsche Maschinenbau genießt in der russischen Uralregion ein hohes Ansehen. Speziell in Tscheljabinsk suchen metallbearbeitende Betriebe den Kontakt zur deutschen Wirtschaft, um gemeinsam Werksmodernisierungen und Produktionserweiterungen realisieren zu können. Eine Reihe von Einrichtungen der Wirtschaftsförderung sind hierbei als erster Anlaufpunkt und Vermittler behilflich.

„Wir müssen im Gebiet Tscheljabinsk unsere Industrie von Grund auf modernisieren, und können uns dabei eine enge Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen sehr gut vorstellen“. Mit dieser engagierten Einführung begrüßte die Ministerin für wirtschaftliche Entwicklung der Region Tscheljabinsk, Elena Murzina, die Teilnehmer des Technologieforums in der Industrie- und Handelskammer Südural in Tscheljabinsk. Das Forum fand am 26.2.2014 im Rahmen einer Delegationsreise sächsischer Unternehmensvertreter statt, die von der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH organisiert wurde.

Frau Murzina umschrieb ihr wirtschaftspolitisches Programm im Wesentlichen mit zwei Punkten. Dazu gehört erstens die Wettbewerbsfähigkeit des Maschinenbaus und der Metallbearbeitung in der Region zu erhöhen und zweitens die Produktion zu steigern. Dazu lud sie ausländische Investitions- und Handelspartner ein, insbesondere aus Deutschland, sich vor Ort zu engagieren. Vom Gouverneursamt, von ihrem Ministerium, von der neu gegründeten Agentur für investive Entwicklung sowie von der Industrie- und Handelskammer Südural erhalten deutsche Geschäftsleute in dieser Beziehung bestmögliche Unterstützung.

Es gibt in der Tat gute Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen. Davon konnte sich die sächsische Delegation unter anderem beim Besuch des Unternehmens SAO Sawod Anker überzeugen. Anker, ein metallverarbeitender Betrieb zur Herstellung von Wärmetauschern, Öltanks und anderen Großbehältern für die Energiewirtschaft will seine aus den 1970er Jahren stammende Technologie von Grund auf erneuern.

Jewgeni Elsukow, verantwortlich für Qualitätskontrolle im Betrieb, wies auf technologische Lücken in der Produktion hin und unterstrich dabei, dass es keinen Sinn mache, nur Teilstücke der technologischen Linie zu modernisieren. „Im Ganzen muss unsere Produktion erneuert werden“. Dem Unternehmen gereicht dabei von Vorteil, dass es durch Bestellungen von Großkunden über gefüllte Auftragsbücher verfügt und damit konstant Geld verdient.

Die Ansprüche der Kunden wachsen jedoch mit der Zeit, musste Anker lernen. Daraus erwuchs die Notwendigkeit zur technologischen Erweiterung der Produktion. Waren bislang Öltanks mit 12 m hohen Außenwänden ausreichend, werden künftig Höhen von 18 m verlangt. „Diese können wir mit unseren vorhandenen Anlagen nicht anfertigen“, so Elsukow.

Somit stehen im Betrieb gleich zwei Investitionsprojekte an. Erstens wird in einer leer stehenden Werkhalle eine nagelneue Linie, bestehend aus Fräsmaschinen, Bearbeitungszentren, Walzmaschinen und Begradigungsmaschinen für Metallplatten eingerichtet. Zweitens wird eine zusätzliche Werkhalle gebaut, in der dann die Außenwände für Großbehälter mit einer Höhe von bis zu 18 m gefertigt werden können. Die sächsische Delegation versprach, in Kürze ein Angebot zur Planung einer entsprechenden Produktion vorzulegen.

Auch Angebote ganz anderer Art wurden der Delegation unterbreitet. So schlug Olga Surnatcheva vom Projektierungsbüro für die Öl- und Gaswirtschaft UGRA Neftegasproekt vor, mit deutschen Unternehmen zur Herstellung von Öl- und Gasausrüstungen enger zusammenarbeiten zu wollen. Damit könnten deutsche Technologiegüter bei Projektarbeiten für Kunden aus der russischen Gasund Ölindustrie besser berücksichtigt werden.

„Möglich ist in diesem Zusammenhang auch die Einrichtung einer Niederlassung deutscher Unternehmen in Baschkirien, den Sitz unseres Projektierungsbüros. Damit wären sie näher am Endkunden dran und wir könnten unsere Zusammenarbeit sogar noch enger gestalten“, so Frau Surnatcheva.

Weitere Beispiele für Investitionen seitens der Regionalwirtschaft wurden von politisch höchster Stelle genannt. Der Vizegouverneur der Region Tscheljabinsk, Ivan Feklin, machte auf den Goldbergbaubetrieb Juschnouralsoloto Gruppa Kompanii UGC aufmerksam. „Das Unternehmen will seine Goldausbeute von derzeit 7 kg pro Jahr binnen fünf Jahren auf 20 kg pro Jahr ausweiten. Zwar beschäftigt sich UGC mit dem Bau von Bergwerksausrüstungen teilweise selber, aber auch hier gibt es Anknüpfungsmöglichkeiten für den deutschen Maschinenbau.“

Als ein gelungenes Beispiel einer Zusammenarbeit zwischen dem deutschen und russischen Maschinenbau nannte Feklin den Betrieb die Werkzeugmaschinenfabrik in der Stadt Troizk. „Mit Hilfe deutscher Partner sind dort neue Produkte in die Angebotspalette eingeführt worden, die jetzt russlandweit vertrieben werden. Diese Art gemeinsamer Projekte begrüßen wir am meisten“, so Feklin abschließend.

 

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