SPD billigte Positionspapier zu Russland

SPD billigte Positionspapier zu Russland

Die Bundestagsfraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) hat ein Dokument mit Vorschlägen zur Zusammenarbeit mit Russland angenommen. Das Positionspapier wurde am Abend des 9. Oktober ohne Textänderungen genehmigt.

Das achtseitige Dokument besteht aus einer Einleitung, zehn Kapiteln und einer Schlussfolgerung. Zehn kleine Abschnitte beschreiben mögliche Aspekte der Zusammenarbeit mit Russland: Abrüstungsinitiativen wiederbeleben, Die EU als Fundament, Erste Schritte zur Überwindung der Konfrontation, OSZE stärken, Russlandpolitik nur gemeinsam mit unseren Partnern, Vertrauensbildung, Aktuelle Ansätze möglicher Zusammenarbeit, Modernisierung als Chance, Formate regionalisierter Zusammenarbeit und  Stärkung der Beziehungen zwischen den Zivilgesellschaften der beiden Länder.

Das programmatische Papier der SPD trägt den Titel „Dialog – Vertrauen – Sicherheit. Voraussetzungen und Impulse für eine zeitgemäße sozialdemokratische Entspannungspolitik“. Darin heißt es zu den von EU und USA gegen Russland verhängten Sanktionen: „Der Weg zu einer friedlichen Lösung und zu einer Beendigung der beiderseitigen Sanktionen hängt maßgeblich ab von der allseitigen Umsetzung der Minsker Vereinbarungen.“

Zu Moskaus Vorwurf, die NATO-Osterweiterung habe die Interessen Russlands missachtet, steht geschrieben: „Die USA und die EU verweisen derweil auf die Bündnisfreiheit eines jeden Mitgliedsstaates. Diese Positionen können nur im Dialog in Einklang gebracht werden. Hierbei müssen selbstverständlich sowohl die Bedrohungswahrnehmungen Russlands als auch der Länder Mittel- und Osteuropas berücksichtigt und zu einem Ausgleich gebracht werden. … Angesichts des russischen Verhaltens in den vergangenen Jahren ist es nachvollziehbar, dass sich die Nachbarn Russlands auch militärisch bedroht fühlen. Insofern ist die erhöhte Präsenz der NATO in den baltischen Staaten konsequent und Ausdruck der Bündnissolidarität.“ Einen „Dominanzanspruch Russlands gegenüber seinen Nachbarn“ wolle man nicht anerkennen.

Die SPD steht für den Zusammenhalt und die Stabilität Europas: „Die multilaterale Einbettung der Außen- und Sicherheitspolitik ist für Deutschland im Gegensatz zu den USA und Russland nicht verhandelbar. Multipolarität statt Multilateralismus ist für uns keine Option. Wenn Mächte außerhalb oder innerhalb Europas den Zusammenhalt der EU und ihre Stabilität gefährden, müssen wir dieser Entwicklung entschlossen entgegentreten.“

Ebenso erkennen die Sozialdemokraten das besondere Verhältnis der Deutschen zum großen Nachbarn im Osten: „Russland ist für Deutschland nach wir vor das bestimmende Land unmittelbar östlich der Grenzen von EU und NATO – sei es als potenzieller Partner oder als Herausforderung. Gleichzeitig muss die deutsche Politik aber auch entschlossen für die Belange der östlichen Nachbarn in EU und NATO eintreten.“

Die SPD bemüht sich um Zusammenarbeit, was aber „nicht bedeutet, bestehende Differenzen bei den Interessen und Werten auszublenden. Zu versuchen, Russland zu verstehen, heißt nicht, in jeder Frage übereinzustimmen. … Wo es möglich und sinnvoll ist, sind wir bereit, über eine engere Zusammenarbeit Beiträge zu einem Modernisierungsprozess in Russland zu leisten. Wir können Russland aber nicht gegen seinen Willen von außen verändern, und sollten dies auch nicht versuchen. Nicht zu unterschätzen ist aber die stabilisierende Wirkung wirtschaftlicher Kontakte auf die politischen Beziehungen.“

Großen Wert legt die SPD auf den zivilgesellschaftlichen Kontakt: „Bei der (Wieder-) Herstellung gegenseitigen Vertrauens sind auch intensive Verbindungen zwischen den Gesellschaften Russlands und den übrigen Staaten Europas unverzichtbar. Wir müssen den zivilgesellschaftlichen Austausch als eine der wenigen erhaltenen Brücken im Verhältnis zu Russland weiter stärken, insbesondere im Jugendbereich. Das Interesse der Menschen aneinander ist weiterhin groß.“

Ganz im Sinne Willy Brandts fordert sie deutsche Regierungspartei: „Wir sollten und dürfen den derzeitigen Antagonismus zwischen Russland und dem Westen weder als natürlichen noch als Dauerzustand akzeptieren. Aber Deklarationen, Gesamtkonzepte oder Befreiungsschläge allein helfen nicht weiter. Deshalb hilft nur eine Politik der kleinen Schritte, eine Politik der gegenseitigen Vertrauensbildung und der schrittweisen Transformation der zurecht als unbefriedigend und gefährlich empfundenen Verhältnisse.“

Wladislaw Below, Leiter des Zentrums für Germanistik am Institut für Europa (RAS), kommentierte das SPD-Papier in einem Interview mit Kommersant. „Das gesamte Dokument ist ein Versuch, über die Ostpolitik nachzudenken, auf die Deutschland lange gewartet hat. Aus dem Strategiepapier ergibt sich nicht, dass die Regierung einen klaren Plan in diese Richtung hat. So sagte Außenminister Heiko Maas, dass es sich nicht um die Fortführung der früheren Politik von Willy Brandt handele, da dieses ihre Ziele erreicht habe. Die Sozialdemokraten als Mitglieder der gegenwärtigen Regierung haben ein wichtiges Positionspapier erstellt.“

[hub/russland.NEWS]

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