Russlands Regierung fördert Elektronikindustrie

Von Ullrich Umann Moskau (gtai) – Russlands Elektronikbranche wird ausgebaut. Die hohe Importabhängigkeit soll sinken und eine leistungsfähige Zulieferindustrie entstehen. Die öffentliche Hand bevorzugt zunehmend Computer, Server, Mobiltelefone, Satellitentechnik, Telekomausrüstungen und Elektromedizintechnik aus inländischer Montage. Deutsche Firmen sollten daher eine Ansiedlung vor Ort prüfen, um ihre Lieferchancen bei öffentlichen Beschaffungen zu wahren.

Russland ist in hohem Maße abhängig vom Import von Komponenten und Endprodukten der Elektronikindustrie. Die russische Elektroindustrie und der Maschinenbau müssen elektronische Bauteile, Mikrochips, Komponenten für Automatisierungstechnik, IT- und Telekommunikationsausrüstungen sowie Steuerelemente für Maschinen und Apparate zum Einbau in eigene Enderzeugnisse überwiegend im Ausland einkaufen. Die Abhängigkeit von Importen beträgt dabei zwischen 80 und 100%. In Deutschland werden vor allem Maschinensteuerungen und Automatisierungstechnik geordert.

Mehr Wertschöpfung in Russland angestrebt

Im Frühjahr 2015 hat das Ministerium für Industrie und Handel beschlossen, die heimische Elektronikindustrie zu entwickeln. Ziel ist, die heimischen Wertschöpfungsketten in der Elektroindustrie und im Maschinenbau zu komplettieren. Bei Beschaffungen der öffentlichen Hand von elektronischen Endprodukten, wie Rechentechnik, sollen künftig inländische Hersteller zum Zug kommen – wenn es welche gibt. Experten halten auf dieser Grundlage Wachstum in der russischen Elektronikindustrie mittel- bis langfristig für möglich.

Russland ist zwar in der Lage, moderne Lösungen für elektronische Erzeugnisse zu entwickeln – Technische Universitäten, Forschungsinstitute und Entwicklungszentren sind vorhanden. Doch mangelt es nicht selten an der Überführung von Forschungsergebnissen in die Serienfertigung.

Fehlende Zulieferindustrie als Wachstumsbarriere

Es fehlt insbesondere eine leistungsfähige Zulieferindustrie. Um dies zu ändern, erhält die zur Holding Rostec gehörende Vereinigung Roselektronika staatliche Subventionen. Roselektronika vereinigt 110 Einrichtungen für Forschung und Entwicklung sowie Montagebetriebe unter einem Dach. Zwar gehört die Herstellung von elektronischen Rüstungsgütern zu den Schwerpunkten der Vereinigung. Doch es werden auch Erzeugnisse für zivile Anwendungen produziert. Beispielsweise stellt das Uraler Optomechanische Werk (UOMZ) Inkubatoren und Phototherapiestrahler für Neugeborene her.

Zu den weltweit bekanntesten Eigenentwicklungen aus russischer Provenienz gehört das Yota-Phone, ein Android-Handy mit akkuschonendem Schwarz-Weiß-Bildschirm auf der Rückseite. Dieses Produkt konnte im eigenen Land nicht zu darstellbaren Kosten in Serienfertigung gehen. Statt dessen wird es in der VR China gebaut. An eine Verlagerung der Fertigung nach Russland ist frühestens in fünf Jahren zu denken. Ein ähnliches Schicksal ereilte die in Russland entwickelten Rechenchips der Baureihen Elbrus und Baikal-T1. Sie werden im russischen Auftrag in Taiwan gefertigt.

GLONASS-Bodenstationen bald aus eigener Produktion

Mit Nachdruck wird aktuell an der Entwicklung von Technologie und am Aufbau einer Serienfertigung von Bodenstationen für das satellitengestützte Navigationssystem GLONASS gearbeitet. Noch vor kurzem wurde ernsthaft überlegt, die dafür notwendige Technik und Elektronik komplett aus der VR China zu beschaffen. Laut Wirtschaftsmagazin „DeloNovosti“ sei dies aber vom Tisch. Ab 2018 sollen nahezu alle Komponenten von russischen Herstellern kommen.

RFID- und NFC-Chips mit Exportpotenzial

Zu den wichtigsten russischen Herstellern von Mikrospeichern, Rechenchips und Schaltkreisen gehören AFK Sistema und NIIME/Mikron. Der Marktanteil von Mikron beträgt 14%. Mikron lieferte 2014 unter anderem 2,8 Mio. Mikrochips zur Bestückung von biometrischen Reisepässen. An Unternehmen des städtischen Personentransports wurden 300 Mio. elektronische Fahrkarten verkauft. Ins Ausland gingen 713 Mio. RFID und NFC-Chips.

PC-Produktion ab 2016

Die Produktion von Personalcomputern (Tablett und Desktop) und Servern wollen die beiden Hersteller Kraftway und Aquarius im Jahr 2016 steigern. Dabei planen sie, weitgehend auf ausländische Bauteile zu verzichten. Als Rechenchip wird zwar die in Taiwan gefertigte Baureihe Elbrus bevorzugt. Doch wurde die Architektur dazu in Russland entworfen.

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