Russlands Kohlebergbau soll modernisiert werden

[Von Ulrich Umann/Moskau-gtai] – Die russische Regierung plant eine Komplettsanierung des Kohlebergbaus. Dies geht aus dem Regierungsprogramm zur Entwicklung des Industriezweigs bis 2030 hervor. Für deutsche Hersteller von Bergbautechnik ist das ein gutes Zeichen. Zwar wird in Russland Schachtund Grubengerät hergestellt, dieses soll aber nicht in jedem Fall dem neuesten Stand der verfügbaren Technik entsprechen.

Gemäß dem Regierungsprogramm zur Entwicklung des Kohlebergbaus soll bis 2015 ein Viertel aller russischen Kohlebergwerke technisch auf Vordermann gebracht werden. In einer zweiten Phase soll ein weiteres Viertel bis 2020 hinzu kommen. Bis 2030 würden dann ausnahmslos alle Kohlebergwerke einen kompletten Modernisierungszyklus durchlaufen.

Nach Regierungsplänen werden von 2014 bis 2030 insgesamt 4.179,1 Mrd. Rubel (Rbl; etwa 90 Mrd. Euro; 1 Euro = rund 46 Rbl) in die Modernisierung fließen. Davon sollen aber nur etwa 10%, das heißt 415 Mrd. Rbl (circa 9 Mrd. Euro), aus dem Staatshaushalt kommen. Den großen Rest der Ausgaben stemmen die Bergbauunternehmen aus eigener Kraft. Bis 2030 werden damit neue Förderkapazitäten für 505 Mio. jato Kohle geschaffen, gleichzeitig aber unrentable Kohleförderanlagen mit einer Jahreskapazität von 372 Mio. jato geschlossen.

Mit den Modernisierungsbestrebungen verfolgt die Regierung drei Ziele: Zum ersten soll eine höhere Rentabilität erreicht werden, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des russischen Kohlebergbaus anzuheben. Zum zweiten soll die Umweltverträglichkeit des Industriezweigs steigen und drittens soll der Arbeitsschutz verbessert werden.

Für die deutsche Wirtschaft könnten diese Modernisierungspläne kurzfristig Lieferchancen bei Bergbautechnik eröffnen. Auf längere Sicht erscheint aber die Einrichtung eigener Produktionsniederlassungen für Bergbautechnik in Russland unumgänglich, wenn deutsche Branchenunternehmen die Wahrscheinlichkeit erhöhen möchten, bei Beschaffungsmaßnahmen russischer Bergbaubetriebe Zuschläge zu erhalten.

Hoher Importanteil bei Bergbautechnik

Russische Bergbaubetriebe haben in den Jahren 2010 bis 2012 zunehmend Technik aus dem Ausland bezogen, darunter auch aus Deutschland. Nach Regierungsangaben ist der Anteil von Importtechnik zur Modernisierung des Bergbaus in dieser Zeitperiode von 37,0 auf 49,6% gestiegen. Bei Walzenschrämladern lag der Einfuhranteil 2012 sogar bei 75,1%, bei Förderbändern bei 83,8% und bei speziellen Grubenfahrzeugen bei 87,4%.

Russland – Import von Bergbautechnik (in Mio. US$)

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Quelle: UN Comtrade, 2014

Um die Importabhängigkeit Russlands zu verringern, legte das für Industriepolitik zuständige Ministerium für Industrie und Handel ein Programm mit dem Arbeitstitel „Schwermaschinenbau“ auf. Eine Trendwende soll herbeigeführt werden – durch eine Stärkung von Instituten zur Forschung und Entwicklung sowie von Ingenieurfirmen. Weiterhin soll der Maschinenbau konsolidiert und der Technologietransfer aus dem Ausland gefördert werden.

Derzeit werden in 86 Bergwerken und 129 Schächten durchschnittlich 350 Mio. jato Kohle abgebaut. Im Unterschied zur Öl- und Gasindustrie befindet sich der Kohlebergbau komplett in privater Hand. Wegen der strategischen Bedeutung der Energiewirtschaft betätigt sich die Regierung in dieser Branche allerdings planerisch.

Dass sich eine Komplettsanierung im Kohlebergbau auszahlen könnte, zeigen allein schon die nachgewiesenen Kohlevorräte, die laut Auskunft der Föderalen Rohstoffagentur Rosnedra 193,3 Mrd. t betragen. Bei dem derzeitigen Förderniveau würden diese für die nächsten 550 Jahre reichen.

Russland – Kohleförderung in Mio. t

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Quelle: Föderaler Statistikdienst Rosstat, Moskau, 2014

Steigende Kohlenachfrage erwartet

Auch die Kohlenachfrage könnte sich in Zukunft ändern. So wird die Kohleverstromung von derzeit jährlich 102 Mio. jato bis 2020 auf 123 Mio. jato hochgefahren. Außerdem soll Kohle künftig als Ausgangsstoff zur Herstellung synthetischer Flüssigtreibstoffe verwendet werden. In diesem Zusammenhang gibt es Pläne, im Jahr 2030 bis zu 15 Mio. jato Kohle für diese Zwecke zu nutzen. Da auch mehr Kohle ins Ausland verkauft werden soll, insbesondere nach Asien, werden die Verladekapazitäten in den russischen Kohlehäfen ausgebaut – von derzeit 69 Mio. auf 230 Mio. jato im Jahr 2030. Ausbauarbeiten erfolgen auch auf den fernöstlichen Eisenbahntrassen Transsib und BAM.

Die Planungen basieren auf der Entwicklung der Kohleindustrie in den zurückliegenden zehn Jahren. In dieser Periode hat sich der Erwerbszweig wirtschaftlich stabilisiert, nicht zuletzt, weil die Energiewirtschaft und Industrie wieder Tritt gefasst haben. Dies führte zu steigenden Investitionen im Kohlebergbau, die kurz- bis mittelfristig sogar noch zunehmen werden. Der gesamte Bergbausektor (einschließlich Öl- und Gasförderung) hat 2013 der amtlichen Statistik zufolge um 1,1% gegenüber 2012 zugelegt. Der Bergbau hat damit etwas besser als die verarbeitende Industrie abgeschnitten, deren Produktion im genannten Zeitraum um 0,5% stieg. Im Januar 2014 wurden 28,5 Mio. t Kohle gefördert, ein Plus von 2,3% gegenüber Januar 2013. Die Wachstumsrate bei Koks aus Steinkohle betrug im Januar 2,6% (2,3 Mio.t).

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