Russland und Ukraine fordern schärfere Standards für Kraftwerke

Mit Mahnungen zu schärferen Vorschriften für Atomkraftwerke ist am Dienstag der Katastrophe von Tschernobyl vor 25 Jahren gedacht worden. Russlands Präsident Dmitri Medwedew und der ukrainische Staatschef Viktor Janukowitsch riefen bei ihrem Besuch am Unglücksreaktor zu höheren Sicherheitsstandards auf.

Japan hob zum Jahrestag von Tschernobyl hervor, das Unglück sei nicht mit dem Unfall im Akw Fukushima vergleichbar.

Die Welt müsse über eine neue internationale Konvention zur Nuklearsicherheit nachdenken, damit sich Unglücke wie in Tschernobyl und in Fukushima nicht wiederholten, sagte Medwedew am symbolträchtigen Ort des GAUs von Tschernobyl. Er habe der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) Vorschläge unterbreitet, die im Falle eines Atomunglücks „katastrophale globale Folgen“ verhindern sollten. In einer Mitteilung des Kreml hieß es, Medwedew werde auf dem G-8-Gipfel im Mai „konkrete Initiativen“ zu schärferen Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke vorstellen.

„25 Jahre sind vergangen und wir haben begriffen, dass Atomunfälle kolossale Auswirkungen für die Bevölkerung haben“, sagte der ukrainische Staatschef Janukowitsch. „Der Welt ist klar, dass solche Katastrophen nicht von einem Land allein bekämpft werden können.“ Regierungschef Mykola Asarow forderte derweil weitere internationale Finanzhilfen zur Bewältigung der Folgen von Tschernobyl.

Der Besuch Medwedews war der erste eines russischen Präsidenten am ukrainischen Unglücksreaktor, von dem aus 1986 radioaktive Strahlung über weite Teile Europas hinwegzog. Die Sowjetunion hatte damals versucht die Katastrophe geheimzuhalten. Der frühere Sowjetführer Michael Gorbatschow reiste 1989 nach Tschernobyl, wo noch bis 2000 Strom produziert wurde.

Der international isolierte weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko blieb dem Treffen in Tschernobyl fern, obwohl sein Land neben der Ukraine und Russland am schwersten von der Katastrophe verseucht wurde. Er reiste stattdessen durch betroffene Regionen in seiner Heimat.

In der Ukraine hatte das Gedenken an Tschernobyl bereits in der Nacht begonnen. Genau zum Zeitpunkt der Katastrophe um 01.23 Uhr läutete in Kiew eine Glocke für jedes der bisher vergangenen 25 Jahre einmal. Der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill las dort an einem Denkmal für Liquidatoren eine Totenmesse. In der Kleinstadt Slawutytsch, in die zahlreiche Kraftwerksarbeiter umgesiedelt worden waren, zündeten Bewohner Kerzen an.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) warnte zu dem Jahrestag vor den Gefahren der Atomenergie. Der Faktor Mensch sei „Bestandteil des Restrisikos“, erklärte er in Berlin. Dies müsse ebenso in die gegenwärtige Neubewertung der Atomenergie einbezogen werden wie etwa Erdbeben, Hochwasser, Stromausfall oder Flugzeugabstürze.

Der Jahrestag fand inmitten der Sorge um das Atomkraftwerk Fukushima statt. „Es ist eindeutig, dass beide Fälle unterschiedlicher Natur sind“, sagte Japans Regierungssprecher Yukio Edano. Die in Fukushima freigesetzte Radioaktivität stelle nur ein Zehntel der Menge von Tschernobyl dar. Zudem sei in Japan eine Explosion von Reaktoren verhindert worden. Dort hatte es nach dem Ausfall der Kühlsysteme aber mehrere Wasserstoffexplosionen in den Reaktoren gegeben.

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