Russland und China intensivieren Finanzkooperation

Von Ullrich Umann – Moskau (GTAI) – Die VR China scheint 2016/2017 ihren Kapitalmarkt für russische Unternehmen vorsichtig zu öffnen, die an einer Fremdfinanzierung in Yuan interessiert sind. Bislang war das nicht möglich. Auch vergeben chinesische Banken das erste Mal einen Konsortialkredit ohne spezielle Liefer- oder Projektbindung nach Russland. Für den bilateralen Handel ist das von Vorteil, für die russischen Pläne zur Umorientierung des Außenhandels in Richtung Asien erst recht.

Russland hat bei der Finanzierung seines Handels mit der VR China Fortschritte erzielen können: Die Außenhandelsbank Vneschekonombank (VEB) erhält nach eigenen Angaben einen Konsortialkredit im Volumen von 10 Mrd. Yuan (Gegenwert ca. 1,5 Mrd. US$) zur freien Verfügung. Dies stellt ein Novum dar, nachdem chinesische Finanzierungsinstitute bislang nur bereit waren, konkrete Lieferungen aus dem Reich der Mitte oder Projekte chinesischer Unternehmen in Russland zu finanzieren.

Eine entsprechende Kreditvereinbarung konnte die VEB mit dem Konsortialführer, der Harbin Bank, auf dem „2. Östlichen Wirtschaftsforum“ Anfang September 2016 in Wladiwostok unterzeichnen. Neben der Harbin Bank gehören dem Konsortium an: Baoshang Bank, Bank of Zhengzhou, Harbin Bank Financial Leasing, Bank of Fuxin, Bank of Ganzhou, Bank of Jiujiang, Bank of Weifang, New China Trust und die Bank of Chaoyang.

Chinas Regionalbanken aktivieren Russlandgeschäft

Ein weiteres Novum stellt die Beteiligung chinesischer Regionalbanken an dem Konsortium dar. Wie ein Sprecher der VEB betonte, besteht nun berechtigte Hoffnung auf eine verbesserte Diversifizierung des VEB-Kreditportfolios und eine Belebung der Zusammenarbeit mit der chinesischen Kreditwirtschaft unterhalb der Zentralebene. Die Gelder werden zur Finanzierung von Export- und Investitionsprojekten der VEB verwendet. Im Ergebnis würden sich die Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern diversifizieren. Auch würde der russisch-chinesische Handel unabhängiger von der Verrechnung in US-Dollar.

Dass sich die chinesische Finanzwirtschaft – zumindest ein wenig – öffnet, deutete sich bereits im August 2016, kurz vor dem „2. Östlichen Wirtschaftsforum“ an. So wurde bekannt, dass sich etwa 20 russische Finanzinstitute, Industrieunternehmen und regierungsnahe Institutionen darum bemühen, bei der chinesischen Ratingagentur Zhongchengxin ein Rating zu erhalten. Zhongchengxin wurde 1992 gemeinsam von der Zentralbank und dem Handelsministerium der VR China gegründet. Anteilseigner ist unter anderem auch die Ratingagentur Moody´s.

Russland an Fremdfinanzierungen stark interessiert

Damit würde für die russischen Emittenten die Voraussetzung geschaffen, um Obligationen auf dem chinesischen Wertpapiermarkt zu platzieren. Zu den Interessenten auf russischer Seite gehören der Aluminiumhersteller Rusal sowie die Finanzinstitute Sberbank CIB, VTB Kapital, Gazprombank und Rosselchozbank. Die ersten Treffen im Rahmen von „non deal Road Shows“ haben die potentiellen Emittenten in China bereits durchgeführt.

In der Vergangenheit hatte Gazprom schon einmal die Emission von Obligationen in Yuan erwogen. Doch ließ die Volksrepublik vor 2015 generell keine ausländischen Emittenten zu. Nun könnte der Gaskonzern im Zuge seines wachsenden China-Geschäfts zu den damaligen Plänen zurückkehren.

Generell ist die Annahme der russischen Ratinganträge durch Zhongchengxin als „Testballon“ anzusehen. Auch die relativ moderaten Emissionsvolumina zwischen je 1 Mrd. und 3 Mrd. Yuan (150 Mio. und 452 Mio. US$) weisen auf einen Probelauf hin. Hauptziel der russischen Emittenten ist die Aufnahme von Fremdfinanzierungen im Ausland. Reagiert der chinesische Markt positiv, dürften die Volumina zügig steigen. In einem zweiten Schritt wollen russische Finanzinstitute auf dem chinesischen Kapitalmarkt auch investieren, um die dort zu erzielenden Renditen einzustreichen.

Chinesische Ratingagenturen suchen das Russlandgeschäft

Für Zhongchengxin ist das Anliegen der russischen Emittenten ebenfalls von Interesse, stellt dieser Schritt doch einen Einstieg in den russischen Markt für Ratingdienstleistungen dar. Weitere chinesische Ratingagenturen dürften folgen, zumal sich die russische Finanzwirtschaft stärker als in der Vergangenheit auf den asiatischen Kapitalmärkten nach Geschäftsmöglichkeiten umsieht.

Um einen Einstieg russischer Emittenten und Investoren auf dem chinesischen Kapitalmarkt zu ermöglichen, arbeiten beide Regierungen an der Formulierung von

technischen und gesetzlichen Voraussetzungen dafür. In diesem Zusammenhang unterzeichneten das Nationale Verrechnungszentrum aus Russland und die Zentrale Wertpapierverwaltung (Depositorium) aus der VR China im Sommer 2016 ein Memorandum of Understanding. Demnach eröffnen beide Einrichtungen Verrechnungsdepots, um Investoren in beiden Richtungen den Zugang zu den Kapitalmärkten zu erleichtern. Gesetzliche Bestimmungen dürften zügig folgen.

Bilaterale Fonds nehmen Arbeit auf

Fortschritte zeichnen sich auch bei der Finanzierung von Projekten auf russischem Territorium durch spezialisierte bilaterale Fonds ab. Hierzu zählt der russisch-chinesischen Fonds für die Entwicklung der Agrarindustrie (FAR), dessen Gründung auf den Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok Anfang September 2016 erfolgte.

An diesem bilateralen Fonds können sich Banken aus beiden Ländern beteiligen. Auf russischer Seite ist der seit 2015 bestehende Fonds zur Entwicklung des Fernen Ostens und der Baikalregion federführend. Bei diesem Fonds handelt es sich um ein Tochterunternehmen der VEB mit einem Eigenkapital von 15,5 Mrd. Rubel.

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