Russland baut vier Wärmekraftwerke im Fernen Osten

[Von Ullrich Umann Moskau-gtai] – Im Fernen Osten Russlands wird zurzeit der Bau von vier Wärmekraftwerken vorbereitet. Als Standorte wurden Jakutsk, Blagoweschensk, Sowjetskaja Gawan und die Region Tomarinskaja ausgewählt. Projektträger ist die OAO RusHydro. Da sich die Vorhaben seit zwei Jahren verzögern, arbeitet RusHydro jetzt mit Nachdruck an der Realisierung. Die Regierung beteiligt sich mit 50 Mrd. Rubel (1,0 Mrd. Euro; 1 Euro = 49,7115 Rubel, Stand: 6.5.2014).

Der Stromproduzent und Energieversorger für den Fernen Osten, OAO RusHydro, führt auf Beschluss der russischen Regierung aus dem Jahr 2012 den Bau von vier Wärmekraftwerken durch. Der Staat stellte kurz nach der Beschlussfassung 50 Mrd. Rubel zur Erhöhung des Grundkapitals von RusHydro zur Verfügung.

Zum aktuellen Zeitpunkt sind von der genannten Summe aber erst 6,5 Mrd. Rubel geflossen, da die Planungen nur halbherzig durchgeführt wurden. Bereits 2013 bemängelte der russische Rechnungshof, dass RusHydro mit der Projektplanung weit im Verzug sei. Solange diese nicht abgeschlossen ist, liegt das Geld auf einem Konto der Sberbank.

RusHydro begründete die Verzögerung nicht etwa mit technischen Schwierigkeiten. Die Planung und Baudurchführung beherrsche man, so der Kommentar des Vorstandsvorsitzenden von RusHydro, Jewgeni Dod. Als Grund gab er vielmehr an, dass sein Unternehmen über nur ungenügende InstruSAOmente verfügte, um eine eventuelle Zweckentfremdung der staatlichen Zuschüsse wirksam unterbinden zu können. Daher mussten erst einmal entsprechende Kontrollstrukturen aufgebaut werden.

Im Jahr 2014 scheint RusHydro die Prozesse und Abläufe endlich ausreichend in den Griff bekommen zu haben. Insgesamt investiert das Unternehmen bis 2019 sogar 361 Mrd. Rubel, davon für technische Umrüstarbeiten und Modernisierungen 231 Mrd. Rubel. Im Ergebnis entstehen Kapazitäten von 2,64 GW. Ein Großteil des Geldes fließt jedoch nicht in die erwähnten vier Wärmekraftwerke, sondern in Wasserkraftwerke – RusHydro ist landesweit der größte Betreiber von Wasserkraftwerken. Diese Technik gehört somit zur Kernkompetenz des Unternehmens.

Das erste zu bauende Wärmekraftwerk, Jakutskaja GRES-2, wird nach Fertigstellung mit Kapazitäten zur Elektrizitätserzeugung von 193 MW und zur Wärmeerzeugung von 469 GCal/h ausgestattet sein. Der ausgewählte Standort ist die Stadt Jakutsk (Republik Sacha). Zwar stand die technische Bezeichnung GRES bisher ausschließlich für Erzeugereinheiten für Strom und nicht für Wärme. Doch handelt es sich in Jakutsk, abweichend von dieser Regel, um eine Anlage zur Kraft-Wärme-Kopplung.

Die anderen drei Standorte für neue Wärmekraftwerke sind Blagoweschensk (Gebiet Amur), Sowjetskaja Gawan (Gebiet Chabarowsk) und die Region Tomarinskaja (Gebiet Süd-Sachalin). In Blagoweschensk wird es zum Beispiel höchste Zeit, das dortige Kraftwerk Raitschichinsk abzulösen, schließlich wurde dort jüngst das 60-jährige Bestehen der Anlage gefeiert.

Am Standort Sowjetskaja Gawan soll das neue Kraftwerk mit einer Leistung von 120 MW Strom und 200 GCal/h Wärmeenergie ausgestattet werden. Hier hat RusHydro die Aktiengesellschaft „ZAO TEZ w g. Sowjetskaja Gawan“ als spätere Betreibergesellschaft des Kraftwerks gegründet. Die Ausschreibung für die Generalplanung hat die ZAO Sibirski Energetitscheski Nautschno Technitscheski Zentr gewonnen. Als unabhängiger Auditor fungiert die ZAO Sweko Sojuz Engineering.

Das Kraftwerksprojekt GRES-2 Sachalin in der Region Tomarinskaja befindet sich seit zwei Jahren in der Planung, ohne vorzeigbares Ergebnis. Dementsprechend verzögern sich alle weiteren Ausschreibungen. Ursprünglich war mit der Inbetriebnahme des Kraftwerks 2016 gerechnet worden, ein Termin, hinter dem inzwischen ein dickes Fragezeichen steht. Die geschätzten Baukosten liegen bei 16,36 Mrd. Rubel (329 Mio. Euro).

Der Auftraggeber für das Jakutskaja GRES-2, das am weitesten vorangeschrittene Kraftwerksprojekt, ist die OAO RAO Energetitscheskie Systemy Wostoka. Diese handelt im Auftrag von RusHydro. RusHydro wiederum gründete die Aktiengesellschaft ZAO Jakutskaja GRES-2, die das zu bauende Kraftwerk unmittelbar nach Fertigstellung übernehmen und betreiben wird.

Die Generalplanung übernahm in Jakutsk die OAO Institut Teploelektroprojekt, die sich in einer Ausschreibung gegen die OAO GlobalElektroServis sowie die OAO WO Technopromexport durchsetzen konnte. Generalauftragnehmer für die Bautätigkeit wird die OAO TEK Mosenergo sein. Am Tisch des Planungsstabs sitzen zudem Vertreter der Republik Sacha (Jakutien), der Stadtverwaltung Jakutsk, die ZAO Sweko Sojuz Engineering (als unabhängiger Gutachter), die OAO Sberbank zur Finanzkontrolle sowie die städtischen Wasserwerke OAO Wodokanal.

Nach Angaben von RusHydro hat die Projektdokumentation für Jakutsk sämtliche Überprüfungsund Genehmigungsverfahren durchlaufen. Das Föderale Energieministerium, das Wirtschaftsministerium und die Sberbank haben nun endlich grünes Licht erteilt, damit die für den Bau vorgesehenen staatlichen Gelder fließen können.

Wie der Generalplaner, TEK Mosenergo, unterstrich, besteht in Jakutsk die Besonderheit, dass es sich um eine Zone mit Dauerfrostboden handelt. Dies stellt spezifische Anforderungen an die Beschaffenheit der Fundamente. Wie schwer ein solches Problem zu lösen ist, zeigt allein schon die Tatsache, dass in Russland nach 1980 kein größeres Industrieobjekt mehr im Gebiet des Dauerfrostbodens errichtet wurde.

Parallel zur Bauplanung läuft die Ausarbeitung der Netzpläne, zunächst zur Versorgung der Baustelle mit Strom und Wasser, anschließend zur Übertragung des Stroms und der Wärmeenergie zu den Abnehmern. Die Stadtverwaltung Jakutsk und der lokale Energieversorger OAO Jakutskenergo arbeiten an eigenen Plänen zur Sanierung des kommunalen Wärmeversorgungsnetzes, einschließlich der Verteilerknoten.

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