Russischer Markt für Medizintechnik wächst erst ab 2018 wieder

Von Ullrich Umann Moskau (gtai) – Der Markt für Medizintechnik schrumpft 2015 um bis zu 10% im Wert. Die Importe, darunter aus Deutschland, sinken noch schneller. Aufgrund der angespannten Haushaltslage sind Kürzungen im Gesundheitswesen unausweichlich. Vor 2018 ist nicht mit einer spürbaren Konjunkturbesserung zu rechnen. Vorsichtiger Optimismus geht vom kleinen, aber stetig wachsenden Privatsektor für medizinische Dienstleistungen aus.

Das russische Gesundheitswesen benötigt 1 Billion Rubel (14,24 Mrd. Euro, Wechselkurs 1 Euro = 70,2124 Rubel, Stand: 28.10.2015) allein für Reparaturarbeiten an Gebäuden und zur Beschaffung von Medizintechnik. Mit dieser Zahl wartete der stellvertretende Gesundheitsminister Sergej Krajewoj Anfang Oktober 2015 auf.

Russischer Markt schrumpft 2015 und 2016

Trotz des hohen Austausch- und Modernisierungsbedarfs sinkt das Marktvolumen für Medizintechnik in Russland. So führten Haushaltsprobleme bereits 2014 und 2015 zur Kürzungen der Gesundheitsausgaben auf allen Verwaltungsebenen. Die Minderbeschaffungen gingen vorrangig zu Lasten der Importe.

Das auf Medizintechnik spezialisierte Marktforschungsunternehmen NTZ Meditex geht für 2015 von einem Schrumpfen des Marktes für Medizintechnik um 7 bis 10% aus. Im Jahr 2014 betrug das Marktvolumen 199,6 Mrd. Rubel (3,02 Mrd. Euro) laut gleicher Quelle. Mit einer spürbaren Erholung der öffentlichen Gesundheitsausgaben rechnen die Experten nicht vor 2018. Aufgefangen werden die staatlichen Ausgabenkürzungen – wenigstens teilweise – durch die Zulassung und inzwischen sogar Förderung privater Initiative in der Gesundheitsfürsorge.

Ab 2017/18 könnte ein erheblicher Austauschbedarf zu neuem Wachstum führen

Im Zeitraum 2017/2018 endet die höchstzulässige Betriebsdauer vieler Hochtechnologiegeräte, die in den Jahren verstärkter Investitionen in die Medizintechnik von 2011 bis 2013 angeschafft wurden. Daher entsteht im besagten Zeitraum ein erheblicher Reparatur- und Austauschbedarf. Dieser Sachverhalt bietet Herstellern von Medizintechnik Anlass zur Hoffnung.

Private Gesundheitsprojekte als Hoffnungsträger

Das Gesundheitsministerium erhofft sich zudem 250 Mrd. Rubel (3,6 Mrd. Euro) Investitionen von privaten Unternehmen, die Aufgaben der öffentlichen Gesundheitsversorgung im Rahmen von Konzessionen übernehmen können. Dabei kommt es nach den Worten des stellvertretenden Gesundheitsministers nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität der Gesundheitsdienstleistungen an. Durch private Initiative soll keine unnötige Konkurrenz zwischen bestehenden Einrichtungen geschaffen, sondern das Niveau der Gesundheitsfürsorge in den russischen Regionen erhöht werden. Die regulative Grundlage bildet das 2005 verabschiedete und 2015 reformierte Gesetz über Konzessionen.

Aktuell sind 25 Konzessionsverträge auf regionaler Basis und 15 Vereinbarungen im Rahmen von öffentlich-privaten Vorhaben geschlossen. In allen Fällen rechnen private Einrichtungen ihre Dienstleistungen mit der gesetzlichen Krankenpflichtversicherung OMS gemäß Tariftabelle ab. Alle Dienstleistungen, die von der Bevölkerung darüber hinaus abgerufen werden, sind privat zu begleichen – zu entsprechend höheren Preisen. Zu finden sind private Einrichtungen in den Bereichen Onkologie, Rehabilitation, Dialyse und Geburtenvorsorge.

Die langsam steigende Zahl privater Vorhaben gibt Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Hier gelten die öffentlichen Beschaffungsregeln nicht oder zumindest nur dann, wenn von staatlichen Zuschüssen Gebrauch gemacht wird. Denn bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand für das Gesundheitswesen können ausländische Anbieter von Medizinprodukten und -technik aktuell nur noch zum Zuge kommen, wenn sich nicht mindestens zwei Anbieter aus der Eurasischen Wirtschaftsunion beteiligen. Deshalb haben deutsche Hersteller von Medizintechnik nur dann Absatzchancen, wenn ihre Produkte Alleinstellungsmerkmale aufweisen. Dazu gehören Ausbildungshilfen für Bedienungspersonal, turnusmäßige Wartungsleistungen während der Betriebslaufzeit oder – was aktuell besonders wichtig erscheint – Finanzierungslösungen.

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