Russische Verbraucher kaufen weniger Heimelektronik und Elektrohausgeräte

Von Ullrich Umann Moskau (gtai) – Der russische Markt für Heimelektronik und Elektrohausgeräte schrumpft 2015. Bis zum Jahresende wird das Marktvolumen in Rubel um 22,0% und in Stück um 24,3% fallen im Vergleich zu 2014. Ein Viertel bis ein Fünftel weniger – schätzt die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Sie geht davon aus, dass die Nachfrageschwäche in den kommenden zwei Jahren anhält. 2018 dürfte Wachstum einsetzen. Das Absatzniveau des Jahres 2014 wird laut GfK frühestens 2019 wieder erreicht.

Hersteller und Händler von elektrischen Hausgeräten und Heimelektronik mussten im 1. Halbjahr 2015 teilweise sehr starke Umsatzeinbrüche hinnehmen. Nach Angaben der Marktforschungsgesellschaft GfK sank die Absatzmenge um 35% gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum. Besonders hoch waren die Rückgänge in den unteren und mittleren Preissegmenten.

Rückgänge im Premiumbereich weniger stark

Der Verkauf teurer Geräte ließ auch nach. Doch fiel der Rückgang hier weniger gravierend aus. Experten führen diesen Sachverhalt auf massive Marketingkampagnen der Premiumhersteller zurück. Offensichtlich verfing bei interessierten Kunden das Argument, dass es sich beim Erwerb eines teuren und langlebigen Markengeräts um eine gut angelegte Zukunftsinvestition handele. Für No-Name-Geräte und Billigtechnik zog dieses Verkaufsargument dagegen nicht.

Ein Beispiel sind Fernsehgeräte. Deren Absatz in Stück fiel um 40% im 1. Halbjahr 2015. Die Verkaufsstückzahl von Fernsehgeräten mit aufwändiger Ausstattung und übergroßen Monitoren sank dagegen weniger stark – um 17%. Hinzu kam, dass Hersteller und Händler teilweise signifikante Preisnachlässe auf teure Geräte gewährten, um den Absatz anzukurbeln.

Bei Billigtechnik waren Rabatte wegen der geringeren Margen nicht gleichermaßen möglich. Eine ähnliche Entwicklung war bei anderer Heimelektronik und elektrischer Haushaltstechnik, wie Geschirrspülmaschinen, Waschmaschinen oder Kühlschränken, zu beobachten.

Sinkende Realeinkommen hemmen Absatz

Hauptgrund für die schwache Entwicklung des Absatzes sind die sinkenden Realeinkommen der russischen Bevölkerung. Diese lagen im Mai 2015 um 6,4% unter dem Vergleichswert vom Mai 2014, meldete der Föderale Statistikdienst Rosstat. Das Durchschnittseinkommen pro Kopf der Bevölkerung betrug laut gleicher Quelle im Mai 2015 rund 27.700 Rubel (477,47 Euro, 1 Euro = 58,0145 Rubel, Stand: 31.5.2015). Dies bedeutet nominal eine Steigerung um 5,5% auf Vorjahresbasis. Allerdings lag die Inflation der Verbraucherpreise im 1. Halbjahr 2015 bei 8,5% gegenüber Dezember 2014.

Markenhersteller im Vorteil

Auch wenn die verkauften Stückzahlen im Premiumbereich im Vergleich zu billigen Modellen weniger hoch ausfallen, gestatten Hochpreisgeräte jedem Hersteller, wirtschaftliche Risiken in Krisenzeiten zu minimieren, so ein Branchenexperte. In diesem Zusammenhang sollte jeder Produzent daran arbeiten, dass seine Marke im Bewusstsein der russischen Verbraucher mit Qualität, Langlebigkeit und erstklassigen Gebrauchseigenschaften in Verbindung gebracht wird.

Auf das Hochpreissegment setzt beispielsweise Robert Bosch Hausgeräte. Aus diesem Grund brachen die Verkäufe bei Bosch nach eigenen Aussagen im 1. Halbjahr 2015 weniger stark ein als der Gesamtmarkt. Das Unternehmen lässt seit 2014 im Leningrader Gebiet zwei Produktlinien von Premiumkühlgeräten vom Band laufen. Insgesamt liegen die Produktionskapazitäten in den beiden Bosch-Werken bei 500.000 Kühlschränken und 450.000 Waschmaschinen pro Jahr.

Hersteller setzen zur Kapazitätsauslastung auf den Export

Um Montagekapazitäten in Russland trotz schwacher Inlandsnachfrage einigermaßen auslasten zu können, versuchen sich einige Hersteller im Export. So liefert Robert Bosch Hausgeräte nach eigenen Angaben bereits aus Russland in die Europäische Union, nach Asien und in die Türkei. Auch der italienische Hersteller Candy exportiert in Russland montierte Haushaltsgeräte. Bis zu einem Drittel der in Russland montierten Waschmaschinen der Marken Candy und Hoover sollen zum Herbst 2015 in die Europäische Union, nach Neuseeland, Australien und Japan ausgeführt werden. Vom weltweiten Jahresumsatz in Höhe von 1 Mrd. Euro erwirtschaftet Candy in Russland 6%. Dieser Anteil soll durch anhaltenden Kapazitätsausbau und verstärkten Export perspektivisch steigen.

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