Russische Regierung bekam von der DUMA umfangreiche Hausaufgaben aufgebrummt

Der Antikrisenplan der russischen Regierung wurde heute vom russischen Parlament diskutiert. Vizepremier Igor Schuwalow stellte dabei die Erfüllung der sozialen Verpflichtungen als höchstes Ziel der Regierung heraus. Gleichzeitig räumt er ein, dass die makroökonomische Prognose für 2015 äußerst kritisch ist. Der ursprüngliche Haushalt für 2015 fußte auf doppelt so hohen Erdölpreisen, wie sie heute erzielt werden können. Deshalb kündigte Schuwalow bereits für Februar einen korrigierten Haushaltsentwurf der Regierung an, wobei Schuwalow noch einmal bestätigte, dass an den Positionen für Verteidigung und Landwirtschaft keinerlei Abstriche gemacht werden. Um der galoppierenden Inflation entgegenzuwirken, müsse in drei Richtungen gearbeitet werden: Importablösung, Unterstützung der kleinen und mittleren Unternehmen sowie Verstärkung des Exports außerhalb der Rohstoffsphäre. Von wesentlichem Einfluss auf die veränderten Entwicklungsbedingungen in Russland seien die Ereignisse um die Ukraine gewesen. Dabei ließ er jedoch außer Acht, dass bereits vor Beginn der Sanktionen die russische Wirtschaft deutliche Symptome einer Rezession zeigte, vor allem bedingt durch die sinkenden Preise für Erdöl und die fehlende Kompensation durch Exporte aus der verarbeitenden Wirtschaft. Allerdings hat sich die Situation durch die Sanktionen des Westens deutlich verschärft – nach jüngsten Berechnungen belaufen sich die Verluste für die russische Wirtschaft aus den niedrigen Erdölpreisen und die gegenseitigen Handelsbeschränkungen auf über 200 Mrd. US-Dollar, wie Finanzminister Siluanow kürzlich erklärt hatte. Hinzu kommt ein rasant angestiegener Kapitalabfluss aus dem Land, der 2014 rund 150 Mrd. Dollar betrug, davon allein im vierten Quartal 72,9 Mrd. USD, das sind über vier Mal so viel, wie im selben Zeitraum des Vorjahres.

Bei der heutigen Diskussion in der Duma war man sich im Wesentlichen einig, dass Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft dringend notwendig sind, aber über die Wege dorthin gingen die Meinungen weit auseinander. Während die kommunistische Fraktion der Regierung vorwarf, dass ihr Bekenntnis zum kleinen und mittleren Unternehmertum im Gegensatz steht zu den zahlreichen administrativen und finanziellen Hindernissen, wie einer Gesamtsteuer von 54 %, schlug der Führer der Liberaldemokraten, Wladimir Shirinowski, der in der Bevölkerung den Ruf eines „Hofnarren“ des Kreml hat, einen aus seiner Sicht ganz einfachen Weg aus der Krise vor: „Bewerten wir den Dollar mit 0,65 Kopeken und alles wird gut!“ Der Vizesprecher der DUMA Alexander Shukow forderte von der Regierung, bei den zu ergreifenden Anitkrisen-Maßnahmen von der bisherigen Praxis abzugehen, das Parlament erst im letzten Moment zu informieren und so untr Druck zusetzen, andererseits DUMA-Beschlüsse nicht genügend Aufmerksamkeit zu widmen. Daqrüber hinaus mahnte er ein umfassendes Beschäftigungsprogramm, da durch die Krise mit einer Verschärfung der Lage auf dem Arbeitsmarkt zu rechnen sei. Zwar beträgt die offizielle Arbeitslosenquote in Russland derzeit nur knapp sechs Prozent, allerdings verzichten viele arbeitslose Russen auf eine Registrierung im Arbeitsamt, weil die finanzielle Unterstützung für 2015 zwischen gerade einmal 850 und 4900 Rubel ( ca 12 – 70 Euro) im Monat liegt, wofür zahlreiche Nachweise vorgelegt werden müssen und die Vermittlung an einen nicht gewünschten Arbeitsplatz droht.

Harsche Kritik an der Politik der Regierung kam von der Fraktion „Gerechtes Russland“. Deren Sprecher Nikolai Jermljanow bezeichnete das vorgelegte Programm als eine Sammlung von Wunschdenken und platten Absichtserklärungen, die zudem offenbar im Kabinett selbst nicht abgestimmt sei. Es stehe darin nichts von der notwendigen Abkehr vom bisherigen fehlerhaften ökonomischen System. Vielmehr werde eine Stabilisierung auf äußerst niedrigem Niveau von Technologie, Haushaltseinnahmen und Einkommen der Bevölkerung angestrebt. Die Abwertung des Rubel sehe er auch als Chance für die Entwicklung der eigenen Wirtschaft. Aber dafür benötigte die Wirtschaft Geld. Bei dem derzeitigen Leitzins der Zentralbank von 17 % seien Kredite für Unternehmen jedoch nahezu unerschwinglich geworden, was alle Pläne zur Überwindung der Rezession zum Scheitern verurteilt. Das sehen inzwischen wohl auch die Verantwortlichen in der Regierung und der Zentralbank so, denn unmittelbar nach der Sitzung des Parlaments wurde bekannt, dass die Zentralbank den Leitzins um zwei Prozent auf 15 % senkt.

Parlamentspräsident Sergej Naryschkin betonte selbstbewusst die Rolle der DUMA bei der Festlegung der weiteren Maßnahmen zur Bewältigung der Krise.

Die Regierung muss nun innerhalb einer Woche der DUMA das überarbeitete Programm zur Krisenbewältigung vorlegen, die auf ihrer nächsten Plenartagung Anfang Februar darüber entscheidet.

HH/russland.RU

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