Confed-Cup 2017: Rossija – Rossija – Rossija …

Moskau, 20. Juli 2017. In Moskau nichts Besonderes. Schlechtes Wetter – zurzeit auch nichts Besonderes.

Die Moskauer eilen mit den berühmten, weit ausgreifenden schnellen Schritten zur nächsten Metro. Alles normalna. Das ist verwunderlich. Die Moskauer sind eigentlich ein festivalgieriges Volk und ihre Regierung unterstützt das nach Kräften. Kein Hinweis im Zentrum auf den Confed-Cup im Lande. Morgen findet sogar das Spiel Russland – Portugal im Moskauer Stadion Spartak statt – kein Hinweis.

Vielleicht ist im großen Vergnügungspark Sokolniki mehr zu sehen, denke ich. Vor dem Park ein mannsgroßer »Zabivaka«. Das ist alles. Die Menschen eilen mit besagtem Schritt an dem armen Kerl vorbei, nur wenige machen schnell ein Selfie.

Mal sehen, vielleicht kann man aus den gehetzten Moskauern doch noch etwas herauskitzeln.

„Entschuldigen Sie, ich bin Journalist für eine deutsch-russische Internetzeitung, könnten Sie bitte mit dem »Zabivaka« für unsere Zeitung posieren?“

Fehlanzeige. Keine spontane Begeisterung. Vorsichtiges Nachfragen: „Von wo kommen Sie?“ Die scheinen sich an dem Wörtchen „Deutsch“ gestört zu haben (ist mir in letzter Zeit öfter passiert). „Ich lebe in München, Moskau und Chabarowsk.“

„Ah! München! Bier! Bayern München!“ Alles gut! Selbst die hübschen Mädchen sind jetzt begeistert und ich muss als Gegengabe meinen Charakterschädel ablichten lassen.

Jetzt ist das Eis gebrochen und alle wollen für den russischen Bayer Modell stehen (und ein Selfie mit meinem Charakterschädel machen).

Am nächsten Tag spielt Russland gegen Portugal im Moskauer Spartak-Stadion. Zweifelnd, ob ich überhaupt in Stadionnähe kommen werde ob der vielen Menschen und vor allem der Polizei, mache ich mich auf den Weg.

Metro, wie immer um diese Zeit, brechend voll. Im 20 bis 30 SEKUNDEN-Abstand donnert ein Zug nach dem anderen in die Station. Keine „Fußballgesänge“ weit und breit zu hören. Einziger Unterschied, die Züge müssen des Öfteren warten bis sie in die Station einfahren können, weil der Vorgänger noch in der Station steht.

Metrostation Spartak – deutliche Polizei- und OMON-Präsenz. Alles normalna. Ich hatte erwartet, auf Schritt und Tritt gefilzt zu werden. Fehlanzeige.
Vor dem Stadion wenig (sichtbare) Polizei. Auch hier keine Gesänge oder gar Gegröle. Kein Alkohol. Würden die gelassen zum Stadion gehenden Menschen nicht Fahnen schwingen, könnte man auch vermuten, es ginge zu einer Theateraufführung.

Und es war tatsächlich ein böses Omen. Kurz vor Spielbeginn ging ein Platzregen über uns alle nieder, der uns in Sekundenschnelle bis auf die Haut durchnässte.

Und Russland verlor das Spiel gegen Portugal mit 1:0. Da saß ich aber schon längst wieder zuhause im Trockenen.

[Hanns-Martin Wietek/russland.NEWS]
Fotos: © Wietek

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