Rio 2016: Klischina darf – sie darf nicht – sie darf doch!

[Von Susanne Brammerloh] – Soll man lachen oder soll man heulen? Und wenn ja – in welcher Reihenfolge – erst lachen, dann heulen oder umgekehrt? Im Fall der russischen Leichtathletin Darja Klischina ist diese Frage gar nicht so leicht zu beantworten. Erst durfte sie nach Rio, dann wurde ihr die Teilnahme am Weitsprung-Wettbewerb verwehrt, und nun hat sie doch die Erlaubnis…, aber nur, wenn sie eine weitere Prüfung durch die „IOC-Troika“ übersteht. Derweil steht bereits am Dienstag die Qualifikation im Damen-Weitsprung an. Denkbar knapp, denkbar nervig und psychologisch Gift für die Konzentration auf die angestrebte sportliche Hochleistung.

Darja Klischina lebt und trainiert in den USA, und das bescherte ihr eine Ausnahme, als die gesamte russische Leichtathletik-Mannschaft wegen angeblichen Massendopings von Rio ausgeschlossen wurde. Klischina konnte nachweisen, dass sie kein Teil des vermeintlichen „Staatsdopingsystems“ ist, und erhielt das Ticket nach Rio.

Vom System verraten

Doch am 13. August erklärte der Internationale Leichtathletik-Verband IAAF plötzlich, sie habe „neue Daten“ von der McLaren-Kommission der WADA bekommen. Der umstrittene ARD-Dopingmann Hajo Seppelt schrieb daraufhin auf Twitter, in Klischinas Doping-Proben hätte sich die DNA von zwei verschiedenen Personen befunden. Außerdem seien an verschiedenen Behältern mit Klischinas Proben Kratzspuren gefunden worden.

Die Athletin ließ die IOC-Entscheidung nicht auf sich sitzen und ging beim Internationalen Sportgerichtshof CAS in Berufung. Vor der russischen Presse erklärte sie: „Ich bin eine saubere Sportlerin und habe das viele Male bewiesen. Es gab keine Zweifel. Weil ich schon drei Jahre in den USA lebe, wurde ich nie von dem Anti-Doping-System kontrolliert, dessen Ehrlichkeit in Zweifel steht. (…) Ich fühle mich jetzt von dem System verraten, dessen Ziel nicht die Unterstützung der Reinheit des Sports und der einfachen Athleten ist, sondern die Suche nach Siegen jenseits der Sportarenen.“

CAS gab Klischina nach einer vierstündigen Sitzung am Sonntagabend Recht. Sie muss nun aber noch von der vom IOC eingesetzten, aus drei Funktionären bestehenden „letzten Instanz“ überprüft werden, bevor sie am Dienstag im Olympiastadion in Rio an den Start gehen kann. Inwieweit sie sportlich auf der Höhe ist nach dieser Nerventortur, bleibt abzuwarten.

Die Gerechtigkeit hat gesiegt“

In Russland wurde die CAS-Entscheidung natürlich mit Freude aufgenommen. Dmitri Swischtschew, Leiter des Duma-Ausschusses für Körperkultur, Sport und Jugend, erklärte gegenüber TASS: „Ich denke, die Gerechtigkeit hat triumphiert. (…) Man kann das als Sieg einschätzen. (…) Die Beschlüsse, die ursprünglich hinsichtlich ihrer Zulassung zu den Spielen getroffen wurden, haben sich als richtig erwiesen. (…) Wenn Russland tatsächlich beim Leichtathletik-Wettbewerb vertreten sein sollte, wäre das wichtig nicht nur in sportlicher, sondern auch in politischer Hinsicht.“

Sergej Schubenkow, Weltmeister über 110 Meter Hürden von 2015, spricht von einem „seltsamen Manöver des IAAF gegenüber Klischina“. „Die Entscheidung des CAS war für mich natürlich eine angenehme Überraschung“, wird er von TASS zitiert. „Ich dachte, es würde schlecht ausgehen, hoffte aber auf dem Grunde meiner Seele, dass Klischina zugelassen wird. (…) Das Manöver des IAAF in Bezug auf Klischina ist irgendwie seltsam gewesen.“

[Susanne Brammerloh/russland.NEWS]

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