Rentner fährt nach Petersburg – mit dem Trecker

Sie kennen das? Man steht vor der Entscheidung, wie man am besten in den Urlaub kommt. Fliegen, per Bahn oder doch mit dem eigenen Auto? Ein Rentner aus Niedersachsen hat diese Entscheidung auf die pragmatische Art gelöst – er fährt mit seinem Traktor.

Am Nordkap war er schon, der „Trecker-Willi“, wie man ihn liebevoll in seiner Heimat Lauenförde nennt. Das war vor zwei Jahren. Nun hat den umtriebigen Rentner erneut das Reisefieber gepackt: Diesmal soll es nach Russland gehen, nach St. Petersburg genauer gesagt. An sich stünde er mit seinem Vorhaben nicht alleine, wäre da nicht sein – sagen wir etwas ungewöhnliches – Fortbewegungsmittel. Winfried Langner, wie er eigentlich heißt, will nämlich mit seinem Trecker fahren.

Sein „Robert“, so hat er das Gefährt getauft, ist ein Deutz-Traktor vom Typ D15 und hat mittlerweile stolze 55 Jahre auf dem Buckel. Seit 1961 ist sein wackerer Begleiter schon im Einsatz, nun leistet er dem pensionierten Baumaschineningenieur seine treuen Dienste. „Ich habe alles auseinander genommen und die Verschleißteile ersetzt“, erklärte der 81-jährige Rentner der Nachrichtenagentur ‚dpa‘ die Vorbereitungen für seinen extravaganten „Roadtrip“. Angst, dass unterwegs etwas kaputt gehen könne, habe er demnach nicht, schließlich könne er ja alles selber reparieren, sagt er.

Im Schnitt 120 Kilometer am Tag hat er sich vorgenommen zu schaffen. Anders als bei seiner Fahrt ans Nordkap will der „Trecker-Willi“ diesmal ohne Begleitung unterwegs sein. „Alleine ist es mir doch lieber“, meint er. Ganz mutterseelenallein ist er ja nicht, einen kleinen Wohnanhänger zieht er hinter sich her. Nur zum Schlafen wie er betont. Zum Kochen und Geschirrspülen ist der Witwer und Vater von sechs Kindern dann doch zu faul. Deshalb will er so oft es geht zum Essen irgendwo entlang der Strecke einkehren. „Das Wichtigste ist, immer genug zum Trinken dabei zu haben“, weiß er aus seiner Erfahrung.

Mit „Robert“ auf große Fahrt

Sein „Robert“ ist soweit startklar, der Willi auch – am kommenden Samstag Punkt neun Uhr soll es losgehen. Visum und Landkarten sind bereits griffbereit verstaut. Zunächst soll sein Weg über Polen bis in die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad führen. Anschließend will er über Litauen, Lettland und Estland die russische Grenze ansteuern. Von da aus hat Langer sein Ziel St. Petersburg im Visier. Wie er sagt, habe ihn sein Sohn Wolfgang bei der Wahl der Route beraten und unterstützt. Die Höchstgeschwindigkeit des Treckers lässt mit 18 Stundenkilometer ohnehin keine allzu großen Spielräume bei der Auswahl der zu befahrenden Straßen zu.

6.000 Kilometer würden da insgesamt schon zusammenkommen, schätzt Winfried Langner. Rund viereinhalb Monate rechne der rüstige Rentner, wird er unterwegs sein. Über den Rückweg hat sich der „Trecker-Willi“ indes noch keine großen Gedanken gemacht. Er wolle ja erst einmal an der Newa ankommen. Eigentlich wollte er ja anschließend noch weiter nach Moskau tuckern. Das hat ihm allerdings seine älteste Tochter Sabine vermiest: „Seinen ursprünglichen Plan, über Moskau und die Ukraine zurückzukommen, habe ich meinem Vater ausgeredet“, sagt sie. „Da hätte ich zu viel Angst, dass ihm etwas passiert.“ Jetzt denke er daran, vielleicht über Skandinavien per Fähre wieder in die Heimat zurückzukehren.

Die Aufmerksamkeit in seiner Heimat im Landkreis Holzminden ist ihm aber jetzt bereits gewiss. Vier Tage sei er unlängst im Sauerland gewesen, sagt er, „da war vielleicht was los, wildfremde Menschen haben mich zu Kaffee und Kuchen eingeladen und ich musste so viele Autogramme geben.“ In Lauenförde selbst wird er, wie es sich für den bekanntesten Einwohner der dreitausend Menschen zählenden Ortschaft gehört, standesgemäß mit großem Bahnhof verabschiedet.

„Zu Ehren von ‚Trecker-Willi‘ wird ein Spielmannszug aufspielen“, soviel verrät der ehrenamtliche Bürgermeister Werner Tyrasa schon einmal. Auch eine Fahne des Ortes wolle man ihm mit auf den Weg geben, die Langner am Zielort hissen soll. „Ich bin nicht aufgeregt, aber ich freue mich schon sehr“. Kein Wunder bei all dem Trubel, der um den reiselustigen Senior gemacht wird. Station will er überall dort machen, wo es schön ist. Dass er auf seiner Reise kein Navigationsgerät braucht, erklärt sich da irgendwie von selbst: „Ich verlasse mich lieber auf meine Landkarten“, so der Routinier der alten Schule.

[mb/russland.NEWS]

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