Putins jährliche große Pressekonferenz

Im Außenhandelszentrum an der Krasnopresnenskaya Uferstraße hat Präsident Putins jährliche große Pressekonferenz mit mehr als 1.300 in- und ausländischen Pressevertretern stattgefunden.

Behandelt wurde eine breite Palette von Themen. Putin beantwortete Fragen zu Russlands Wirtschaft und Innenpolitik, insbesondere zur Entwicklung des Fernen Ostens und Sibiriens. Er sprach über die traditionellen moralischen Werte und Menschenrechte, über die von der Staatsduma anlässlich des 20. Jahrestages der Verfassung der Russischen Föderation verkündete Amnestie und über spezifische Probleme verschiedener Regionen der Russischen Föderation.

Putin hat auch Fragen zur Außenpolitik beantwortet, insbesondere zu den neuen Vereinbarungen mit der Ukraine, zu den russisch-amerikanischen Beziehungen und zur Entwicklung der Beziehungen zu China, dem Iran und Georgien.

Putin hat festgestellt, dass es noch keine Entscheidung gibt, Russlands Iskander-Raketensysteme einzusetzen und hervorgehoben, dass der Fortschritt bei der Lösung der langjährigen und drückenden Probleme in Syrien und im Iran ohne die Zusammenarbeit mit den USA, Europa und China unmöglich gewesen wäre. Zu Georgien sagte er, dass es möglich ist, zu einem visafreien Verkehr zurückzukehren.

Nach der Pressekonferenz erklärte er auf Fragen von Journalisten, dass der Ex-Yukos CEO Michail Chodorkowski ein Gnadengesuch mit der Bitte um Entschuldigung vorgelegt hat, und er demnächst dem Gnadengesuch stattgeben wird.

Hier einige Punkte der Pressekonferenz als Kurznachrichten, von RIA Novosti veröffentlicht.

Moskau ist nicht gegen eine EU-Assoziierung der Ukraine – nur müssen im Fall eines Abkommens die ökonomischen Interessen Russlands geschützt werden.
„Sind wir etwa gegen eine Assoziierung? Wir sind überhaupt nicht dagegen. Wir sagen nur, dass wir unsere Wirtschaft schützen müssen. Wir können die Türen, die heute im Rahmen der Freihandelszone mit der Ukraine weit offen stehen, nicht in diesem Zustand lassen, wenn die Ukraine ihre Türen in Richtung EU sperrangelweit aufmacht“.
Die Gaspreis-Senkung, die Russland der Ukraine gewährt hat, sei dabei nicht im Interesse der ukrainischen Führung, sondern des Volks geschehen. „Unter diesen Umständen haben wir eine Entscheidung getroffen, die mit unseren besonderen Beziehungen zur Ukraine zu tun hat – nicht wegen der Interessen irgendeiner aktuellen Führung, sondern im Interesse des ukrainischen Volkes.“

Die Stationierung von Raketensystemen des Typs Iskander im Gebiet Kaliningrad ist noch nicht beschlossen, sagte Präsident Wladimir Putin.
Zuvor hatten deutsche Medien von einer Stationierung von Iskander-Raketen in der russischen Exklave an der Ostsee geschrieben.
„Ich möchte vor allem darauf aufmerksam machen, dass wir einen solchen Beschluss vorerst nicht getroffen haben. Sie sollen sich wieder beruhigen“. Die Iskander-Raketensysteme „sind nicht das einzige Mittel zu unserem Schutz und nicht die einzige Reaktion auf die Bedrohungen, die wir um uns herum sehen“.

Das russische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wächst in diesem Jahr nach Angaben von Präsident Wladimir Putin um 1,4 bis 1,5 Prozent, während die Inflationsrate 6,1 Prozent nicht überschreiten soll.
Die Inflation werde etwas geringer als im vergangenen Jahr ausfallen. „Im vergangenen Jahr waren es 6,6 Prozent – im Grunde nicht schlecht.“
Das Wirtschaftsministerium erwartet in diesem Jahr ein BIP-Wachstum von 1,4 Prozent bei einer Inflation von mindestens 6,4 Prozent.

Putin hat den geplanten Kauf ukrainischer Schuldpapiere für 15 Milliarden US-Dollar gerechtfertigt.
Dieses Geld werde sich rentieren, sagte Putin. Die Bonds mit einem Kuponzins von 5 Prozent seien „an der Irischen Börse und – wenn ich mich nicht irre – nach englischem Recht platziert“, sagte Putin. „Sie sind geschützt und ich sehe da keine Verschwendung.“
Russland wird ukrainische Eurobonds im Gesamtwert von rund 15 Milliarden US-Dollar kaufen. Laut dem russischen Finanzminister Anton Siluanow ist diese Form der Investition sicherer als ein Staatskredit. Die ersten drei Milliarden Dollar sollen noch in dieser Woche in die ukrainischen Papiere investiert werden. Laut dem ukrainischen Premier Nikolai Asarow wird die Ukraine dadurch vor dem Staatsbankrott gerettet.

Laut Putin wird die Agrarwirtschaft des Landes in diesem Jahr ein Wachstum von 6,8 Prozent aufweisen.
„Es sei angemerkt, dass die in der Landwirtschaft Beschäftigten der Wirtschaft insgesamt merklichen Vorschub geleistet haben. (…) Denn im Vorjahr hatte es ein Minus gegeben, und in diesem Jahr ist ein Plus von 6,8 Prozent zu verzeichnen.
Die Industrieproduktion werde in diesem Jahr in Russland mit Schwierigkeiten konfrontiert sein.
Wie der stellvertretende Landwirtschaftsminister Dmitri Jurjew am 6. Dezember mitgeteilt hat, hatte das Landwirtschaftsministerium für das Jahr 2013 einen Zuwachs der Agrarproduktion um fünf Prozent prognostiziert. Die landwirtschaftliche Produktion war im Jahr 2012 um 4,7 Prozent zurückgegangen.
Nach Angaben von Putin sollen die Reallöhne in diesem Jahr um 5,5 Prozent und die realen verfügbaren Geldeinkommen um 3,6 Prozent steigen. Im Bereich Wohnungsbau wird mit einem Wachstum um 12,1 Prozent gegenüber 5,6 Prozent im Vorjahr gerechnet.

Putin wird nach eigenen Worten keine politischen Entscheidungen treffen, sollten in Moskau nicht genehmigte Aktionen stattfinden, die mit den „Euromaidan“-Protesten in Kiew vergleichbar wären. Die Behörden würden aber verpflichtet sein, für Ordnung zu sorgen.
„Ich werde keine politischen Entscheidungen treffen. Ich werde nach dem russischen Recht vorgehen.“
Alle Bürger Russlands haben das Recht, ihre Haltung zu den im Lande getroffenen Entscheidungen zum Ausdruck zu bringen – darunter auch durch massenhafte Straßenaktionen. Jede Aktion dieser Art müsse aber im Rahmen des Gesetzes bleiben. Wenn jemand diesen Rahmen überschreiten sollte, müsse der Staat für Ordnung sorgen. Sonst würde eine solche Entwicklung „in ein Chaos führen“, was die Wirtschaft, die soziale Sphäre und den politischen Zustand des Staates äußerst negativ beeinflussen würde.

Putin hat sich gegen eine Änderung des in der russischen Verfassung festgehaltenen Regierungssystems ausgesprochen.
„Wir haben die Verfassung der Russischen Föderation. Im Rahmen dieser Verfassung werden die Machtorgane formiert. In dieser Hinsicht werden wir nichts ändern“. Das bestehende System der Bildung der Machtorgane zu ändern wäre unzweckmäßig und gefährlich für die Stabilität des Staates, antwortete Putin einer Journalistin, die vorgeschlagen hatte, dass er Präsident auf Lebenszeit werden solle.

Russland wird den arktischen Festlandssockel weiter erschließen und niemand kann es dabei hindern, so Putin.
„Für uns ist das eine ernsthafte Sache. Und wir werden hier nichts mildern, sondern im Gegenteil nur verstärken“. Zugleich betonte er, Russland sei für Diskussionen offen. „Wenn wir ernsthafte und gewichtige Argumente hören, sind wir bereit, unsere Arbeit in bedeutendem Maße zu korrigieren und das trotz finanzieller Schwierigkeiten.“
Putin schloss nicht aus, dass die Greenpeace-Aktivisten, die im September eine Ölbohrinsel des russischen Konzerns Gazprom im Nordpolarmeer attackierten, einen Auftrag erfüllten. „Entweder um das Unternehmen unter Druck zu setzen und Hilfen abzuringen oder – in jemandes Auftrag – die Russische Föderation daran zu hindern, den Schelf zu erschließen“, so Putin zu möglichen Beweggründen der Aktivisten.

Nach den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden über die NSA-Abhöraffäre beneidet Russlands Präsident Wladimir Putin nach eigenen Worten den US-Präsidenten Barack Obama.
„Ich beneide ihn. Denn er kann dies tun, ohne dass ihm dafür irgendetwas passiert“.
Spionage habe es immer schon gegeben, so Putin. Sie sei „neben einigen anderen“ eines der ältesten Gewerbe der Welt, fügte er an.

Das russische Haushaltsdefizit soll in diesem Jahr etwa 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen, so Putin. Das Defizit habe im Vorjahr faktisch bei Null gelegen. Diese Stabilität erlaube es Russland, das notwendige Niveau der Finanzreserven aufrechtzuerhalten und zusätzliche Einnahmen, die durch den hohen Ölpreis erwirtschaftet werden, an die Reservefonds abzuführen.
Die geschaffenen Reserven würden es ermöglichen, eine stabile Sozialpolitik zu betreiben und den übernommenen Verpflichtungen auch im Falle einer Verschlechterung der Weltwirtschaftskonjunktur  nachzukommen.
„Die Situation in Europa ist anders: Sie (die Europäer), vor allem die Problemländer, sind gezwungen, ihre Sozialausgaben drastisch zu kürzen. Wir hingegen können uns dank des ‚Sicherheitskissens‘, das wir angesammelt haben, erlauben, im Sozialbereich akkurat zu handeln und zugleich einen Teil des Geldes für Entwicklungszwecke zu nutzen“, so Putin.

Edward Snowden, der sich mit seinen Geheimdienstenthüllungen zum US-Staatsfeind gemacht hat, hat nach der Einschätzung Putins eine „schwierige, aber edle“ Tat begangen.
„Als ich davon erfuhr, wurde ich neugierig, wie er sich dazu entschlossen hat. Denn er ist ziemlich jung. Was hat er denn? Nichts hatte er. Wie will er nun leben? Wo will er leben? Er ist knapp über 30. Dennoch hat er diese Wahl für sich getroffen“.
Auf die Frage, ob er persönlich Snowden getroffen habe, sagte Putin: „Er ist ein interessanter Mensch (…) Aber er hat seine Angelegenheiten und ich habe meine.“ Laut Putin haben russische Geheimdienste nie versucht, sich von Snowden über die Tätigkeit amerikanischer Spionagedienste gegenüber Russland informieren zu lassen. „Ich sage es Ihnen in der Fachsprache: In operativer Hinsicht arbeiten wir nicht mit ihm und haben nie mit ihm gearbeitet.
Russland habe Snowden Asyl unter der Auflage gewährt, dass er von Russland aus „keine antiamerikanische Propaganda“ betreibt, betonte Putin. Bei den immer weiter gehenden Enthüllungen handle es sich um Material, das Snowden „irgendwo in der Welt hinterlassen hat“. „Und wir wissen nicht, was und wo er hinterlassen hat.“

Die russische Staatsführung kritisiert laut Präsident Wladimir Putin nicht die Werte des Westens, sondern will lediglich das Volk vor „gewissen sozialen Gruppen“ schützen, die versuchen würden, anderen Ländern ihre Meinung aufzuzwängen.
Eine CNN-Journalistin hatte Putin gefragt, warum derzeit so viel Aufmerksamkeit auf Religion und moralische Werte gelegt werde und warum Russland westliche Werte kritisiere.
„Für mich ist nicht die Kritik an westlichen Werten wichtig, sondern es ist wichtig, die Bevölkerung vor einigen Quasi-Werten zu beschützen, die für unsere Bürgern äußerst schwer zu akzeptieren sind. Es geht nicht darum, irgendjemanden zu kritisieren, sondern die Frage ist, wie man uns vor dem recht aggressiven Verhalten einiger sozialer Gruppen abschirmen kann, die meiner Meinung nach nicht nur leben, wie es ihnen passt, sondern auch ihren Standpunkt recht aggressiv anderen Leuten in anderen Ländern aufdrängen. Nur so begründe ich meine Position in einigen Punkten, auf die Sie angespielt haben“. Nur Rückkehr zu „traditionellen Werten“ mache Fortschritt möglich.
„Dies ist ein konservativer Zugang, aber es ist ein Konservativismus, der eine Bewegung vorwärts und nach oben zulässt“.

Die Amnestie für Pussy Riot ist nur auf die Humanisierung der Gesetze anlässlich des 20. Jahrestages der Verfassung Russlands zurückzuführen und bedeutet keineswegs eine Revision der Einstellung gegenüber der Punk-Gruppe, so Putin.
Bedauernswert seien nicht so sehr die Haftstrafen für die Punk-Musikerinnen, so schlimm es auch sein möge, sondern vielmehr ihre Epatage, die ihre Würde als Frauen herabgesetzt habe, so Putin. „Sie haben alle Grenzen überschritten, um in der Öffentlichkeit aufzutreten und sich hervorzutun.

Putin lehnt Initiativen zur Wiederherstellung von Denkmälern für sowjetische Spitzenpolitiker ab, weil das nach seiner Meinung zu einer Spaltung der Gesellschaft führen könnte.
„Wir müssen mit jedem Abschnitt unserer Geschichte behutsam umgehen. Aber man sollte lieber davon absehen, mit irgendwelchen voreiligen Handlungen die Gemüter zu erhitzen und ‚das Gehirn zu sprengen‘, was die Gesellschaft spalten würde“,

Der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny, der bei der jüngsten Oberbürgermeisterwahl in Moskau Zweitplatzierter war, wäre laut Putin vom Wahlrennen ausgeschlossen worden, wenn er politisch gefährlich gewesen wäre.
„Wenn er eine Bedrohung dargestellt hätte, hätte man ihn nicht zu den Wahlen zugelassen und das nicht auf administrative Weise, sondern auf eine gesetzliche politische Weise“.

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